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Version 1.08b - 2013

Standard "Schmerzbekämpfung mit nicht-opioiden Analgetika" (ambulante Pflege)

 
Die Erhaltung der Selbstständigkeit zählt normalerweise zu den wichtigsten Pflegezielen. Bei der Medikamentenversorgung jedoch ist zu viel Autonomie mitunter nicht ganz ungefährlich; etwa wenn Klienten mit Zahn- oder Kopfschmerzen eigenmächtig im Medikamentenschränkchen kramen. Ein Mix aus Paracetamol oder ASS mit den täglich einzunehmenden rezeptpflichtigen Medikamenten ergibt unvorhersehbare Wechselwirkungen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Schmerzbekämpfung mit nicht-opioiden Analgetika" (ambulante Pflege)
Definition:
  • Unter der Definition "nicht-opioide Analgetika" werden Schmerzmittel zusammengefasst, deren Wirkung nicht auf der Blockade der Opioid-Rezeptoren basiert. Sie werden sehr häufig bei leichten bis mäßigen Schmerzen genutzt, sind z.T. frei verkäuflich und sind unseren Klienten seit Jahren vertraut; insbesondere die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure oder Paracetamol.
  • Nicht-opioide Analgetika werden oftmals als "kleine" oder "schwach wirkende" Analgetika bezeichnet. Diese Einordnung ist irreführend. Tatsächlich sind diese Medikamente hoch effektiv, wenn der passende Wirkstoff für den jeweiligen Schmerztyp gefunden wird.
  • Die Gefahren, die mit der Anwendung dieser Medikamente verbunden sind, werden von Senioren oft unterschätzt. Bei einem jüngeren und ansonsten gesunden Menschen ist die Einnahme von nicht-opioiden Analgetika auch über einen Zeitraum von mehreren Tagen unproblematisch. Zwei Faktoren lassen im fortgeschrittenen Lebensalter jedoch das Risiko steigen: Ältere Menschen nehmen ggf. täglich weitere Medikamente ein, die in Kombination mit Analgetika Wechselwirkungen zeigen. Zudem chronifiziert sich oftmals der Schmerz. Aus einer Bedarfsmedikation wird dann ggf. eine dauerhafte Einnahme.
  • Aus diesem Grund ist eine eigenmächtige Einnahme riskant. Sowohl Pflegekräfte als auch der behandelnde Arzt sollten über jede Analgetika-Einnahme informiert sein, die über einen vereinzelten Konsum hinausgeht.
  • Obwohl die chemischen Strukturen der Medikamente unterschiedlich sind, ist das Wirkungsspektrum ähnlich. Auch bei den auftretenden Nebenwirkungen gibt es Parallelen. Vier Gruppen sind in der Altenpflege relevant:
    • Acetylsalicylsäure ("ASS") ist ein Prostaglandinsynthesehemmer, der insbesondere zur Linderung leichter bis mäßiger Schmerzen geeignet ist; also etwa für Kopf-, Zahn- und Gliederschmerzen. Die fiebersenkende Wirkung ist vergleichsweise mäßig. Acetylsalicylsäure senkt die Blutgerinnung und wird daher auch zur Prophylaxe arterieller Gefäßverschlüsse genutzt.
    • Paracetamol lindert leichte bis mittlere Schmerzen und wirkt fiebersenkend. Die entzündungshemmende Wirkung ist gering. Aufgrund der Nutzbarkeit für Suizide und möglicher Leber- und Nierenschäden wird die Anwendung dieses Wirkstoffes kontrovers diskutiert.
    • Metamizol wirkt sowohl gegen leichte bis mittlere Schmerzen als auch gegen Fieber. Es löst überdies Krämpfe.
    • Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) eignen sich zur Linderung mäßiger Schmerzen und rheumatischer Entzündungen.
(Hinweis: Dieser Standard beschreibt die generellen pflegerischen Maßnahmen zur Versorgung von Schmerzpatienten, die nicht-opioide Analgetika erhalten. Das Dokument fasst die Anwendung verschiedener Wirkstoffgruppen zusammen, die jeweils sehr unterschiedlich ausgeprägte Nebenwirkungen aufweisen. Um den Standard kompakt zu halten, haben wir die Auflistung der Nebenwirkungen zusammengefasst und auf zentrale Inhalte reduziert.)
Grundsätze:
  • Nicht-opioide Analgetika enthalten zwar keine Betäubungsmittel, sie sind aber dennoch effektive Medikamente mit strikt zu beachtenden Indikationen und Kontraindikationen. Eine Applikation darf nur dann erfolgen, wenn der Klient relevante Schmerzen hat.
  • Jeder Mensch hat Anspruch auf ein schmerzfreies oder zumindest möglichst schmerzarmes Leben und Sterben.
  • Wir sind uns stets der emotionalen Belastung des Klienten bewusst. Analgetika schalten den Schmerz nicht gänzlich aus.
  • Jede Pflegekraft muss sich vor Augen führen, dass die Betreuung von Klienten mit Schmerzen immer auch die Grenzen der eigenen pflegerischen Möglichkeiten aufzeigt. Gefühle der Machtlosigkeit sind daher eine zutiefst menschliche Reaktion.
  • Wir arbeiten eng mit den Hausärzten unserer Klienten zusammen. Deren Vorgaben zur Verabreichung und Dosierung werden ohne Abstriche ausgeführt. Jede eigenmächtige Anpassung der Medikamentierung unterbleibt.
  • Schmerzen sind eine subjektive Erfahrung. Wir schenken dem Schmerzempfinden unserer Klienten Glauben.
  • Wir wissen, dass sich die Schmerzschwelle im Alter keineswegs erhöht. Die häufig vertretene Ansicht, dass alte Menschen weniger schmerzempfindlich sind, ist falsch.
Ziele:
  • Der behandelnde Arzt erhält alle Informationen, die für eine effektive Therapie erforderlich sind.
  • Die Schmerzbelastung des Klienten wird so weit wie möglich reduziert.
  • Komplikationen werden rechtzeitig erkannt und angemessen behandelt.
  • Der Klient gewinnt seine Lebensfreude zurück.
  • Der Klient vertraut auf den Erfolg der Therapie.
Vorbereitung: Schulung von pflegenden Angehörigen Wir prüfen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, damit die Angehörigen zum Umgang mit Analgetika angeleitet werden können.
  • Es gibt einen schriftlichen Behandlungsplan mit eindeutiger Nennung des Medikaments, der Dosis und der Uhrzeit für die Regelmedikation. Für die Bedarfsmedikation sind Indikation, Einzeldosis, Mindestabstand zwischen zwei Applikationen und maximaler Tagesdosis definiert.
  • Die Angehörigen sind ausreichend zuverlässig, kompetent und lernfähig. 
  • Gemeinsam mit dem Arzt werden die Angehörigen dann in folgende Themenbereiche eingewiesen:
    • Erläuterung der Medikamentenapplikation 
    • Hinweise zur Medikamentenlagerung
    • Empfehlung zur Dokumentation der Medikamentenapplikation
    • Empfehlung zur Beurteilung der Wirksamkeit 
Indikation

Wir setzen nicht-opioide Analgetika bei diesen Krankheitsbildern ein:
  • Kopf- und Zahnschmerzen
  • Schmerzen als Folge von Krebserkrankungen
  • Knochentumore
  • post-operative Schmerzen
  • degenerative und funktionelle Rückenschmerzen
Informationssammlung

  • Die Auswahl des richtigen Schmerzmittels erfolgt gemeinsam mit dem behandelnden Arzt. Dieser muss über alle relevanten Informationen verfügen, um Neben- und Wechselwirkungen korrekt abschätzen zu können. Wir sammeln daher alle relevanten Informationen und sorgen dafür, dass der Arzt diese erhält.
  • Wir beachten, dass der Klient ggf. parallel zur hausärztlichen Versorgung auch in fachärztlicher Behandlung ist. Es ist nicht immer sichergestellt, dass alle beteiligten Mediziner die komplette Medikamentierung überblicken. Es kann daher zu Wechselwirkungen kommen.
  • Es kann auch passieren, dass der Klient erst vor kurzer Zeit den Hausarzt wechselte. Dieses etwa, weil wegen der Pflegebedürftigkeit ein Wohnortwechsel nötig wurde. Häufig beschafft er sich dann die vertrauten Schmerzmittel aus der Apotheke, ohne dass uns oder dem neuen Arzt dieses bekannt wäre. Auch hier drohen Wechselwirkungen.
  • Folgende Kriterien sind relevant:
    • Wie hat der Klient bislang seine Schmerzen bekämpft, wenn diese so heftig waren, dass nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht mehr ausreichten?
    • Welche Erfahrungen hat der Klient bislang mit verschiedenen Schmerzmitteln gemacht? Gab es Medikamente, die er nicht gut vertrug; auf die er ggf. sogar allergisch reagierte?
(Hinweis: Die Wirkung von Schmerzmitteln hat immer zwei Säulen: Einerseits der pharmakologische Effekt, also die bio-chemische Wirkung. Andererseits die psychologische Wirkung. Diese basiert darauf, dass der Klient auf die Effektivität eines ihm bekannten Medikaments vertraut und daher bereits die Einnahme als solche die Schmerzbelastung senkt. Insbesondere beim Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung wächst das Bedürfnis, an biografisch verankerten Schmerzbewältigungsstrategien festzuhalten.)
    • Blutgerinnung: Liegt eine Störung der Blutgerinnung vor? Nimmt der Klient Medikamente ein, die die Blutgerinnung beeinflussen? Nimmt der Klient eigenmächtig frei verkäufliche Medikamente ein?
    • Leidet der Klient häufig unter Bauchschmerzen? Ist bekannt, ob der Klient unter Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren leidet oder in der Vergangenheit litt? Gibt es bei demenziell erkrankten Senioren nonverbale Äußerungen, die auf entsprechende Gesundheitseinschränkungen schließen lassen? Beispiel: Gestik und Mimik, die auf Schmerzen nach dem Mittagessen deuten.
    • Gibt es Hinweise auf Nieren- oder Leberfunktionsstörungen? Ggf. sogar eine Leberzirrhose?
    • Leidet der Klient unter Allergien? Wenn ja: unter welchen?
    • Leidet der Klient unter rheumatischen Erkrankungen?
    • Leidet der Klient unter Asthma? Nahm er in der Vergangenheit trotzdem ASS? Wie hat er diesen Wirkstoff vertragen?
    • Ist der Klient depressiv? Wird er mit Lithium-Präparaten therapiert? Erhält der Klient andere Psychopharmaka, Schlaf- oder Beruhigungsmittel?
    • In welchem Zustand ist das Herzkreislaufsystem? Liegt eine Herzinsuffizienz oder eine Hypertonie vor? Leidet der Klient unter Ödemen? Nimmt er Digitalis oder Kalziumantagonisten ein?
    • Liegt eine Epilepsie vor? Nimmt der Klient Phenytoin oder Valproinsäure ein?
    • Leidet der Klient unter Diabetes mellitus? Nimmt er Sulfonylharnstoffe ein?
    • Ist der Klient alkoholabhängig? Welche Mengen Alkohol konsumiert er? War der Klient in der Vergangenheit alkoholabhängig? Besteht das Risiko eines Rückfalls, wenn er Medikamente nimmt, die in Alkohol gelöst sind?
    • Leidet oder litt der Klient unter Autoimmunerkrankungen?
    • Liegt eine Krebserkrankung vor? Wurde unlängst eine Chemotherapie durchgeführt?
    • Leidet der Klient unter HIV/ AIDS?
    • Nicht relevant in der Altenpflege, aber durchaus in der Behindertenpflege: Ist die Klientin möglicherweise schwanger?
Durchführung:
  • Die Pflegekraft liest den Beipackzettel des Medikaments immer sorgfältig durch. Die Medikamentengabe erfolgt anhand der "6-R-Regel". Also:
    • richtiger Klient
    • richtiges Medikament
    • richtige Darreichungsform
    • richtige Haltbarkeit
    • richtige Dosierung
    • richtige Uhrzeit
  • ASS und andere Medikamente erhöhen die Blutungsneigung. Daher sollte das Medikament abgesetzt werden, wenn ein planbarer chirurgischer Eingriff ansteht.
  • Der Blutgerinnungswert wird engmaschig überwacht.
  • Wir achten darauf, dass die Medikamente zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden. ASS etwa ist deutlich verträglicher, wenn der Klient zuvor ausreichend gegessen hat.
  • Wir stellen sicher, dass der Klient ein geeignetes Getränk für die Einnahme nutzt; also abhängig vom Wirkstoff etwa Milch oder Wasser.
  • Der Einfluss der Medikamente auf die Bewegungsfähigkeit des Klienten wird überwacht. Verschiedene Wirkstoffe führen zu körperlicher Schwäche oder zu Bewegungsstörungen. Wi

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++

 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Nichtopioid-Analgetikum; Analgetika; Schmerz; Acetylsalicylsäure; ASS; Diclofenac; Ibuprofen; Flupirtin; Paracetamol
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