|
|
Version 2.51gfx - 2015 |
|
Standard "Darmeinlauf" |
|
Ein
Darmeinlauf zählt zu den Maßnahmen, die die Kooperationsbereitschaft
von Senioren auf eine harte Probe stellen. Wer liegt schließlich schon
gerne in Seitenlage - mit nacktem Unterkörper und mit einem
Wasserschlauch im Rektum? Wir zeigen Ihnen, wie Sie die pflegerischen
Belange ebenso berücksichtigen wie den Wunsch nach Wahrung der
menschlichen Würde. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
Klicken Sie hier!
|
|
Standard "Darmeinlauf" |
Definition:
|
- Bei Obstipation oder vor kleineren
Untersuchungen ist es häufig notwendig, den Darm zu reinigen. Dieses
kann durch das Einbringen von Flüssigkeit in das Rektum erfolgen. Es
werden 0,5 bis 1 Liter eingeführt. Der Wirkungseffekt eines
Darmeinlaufes basiert auf
- thermischen Reizen (durch die Temperatur des
Spülwassers)
- mechanischen Reizen (durch den Druck des
Wassers und des Darmrohres) und
- chemischen Reizen (durch ggf. eingebrachte
Wirkstoffe).
- Zusätzlich kann ein Heb- und Senkeinlauf
genutzt werden, um die Darmperistaltik anzuregen.
- Es gibt einige ähnliche Maßnahmen:
- Bei einem Klistier wird eine deutlich
geringere Flüssigkeitsmenge eingebracht, etwa 5 bis 300 ml.
- Bei einer Darmspülung
werden bis zu fünf Liter Flüssigkeit verbraucht. Sie wird durchgeführt,
wenn vor Operationen große Darmabschnitte gereinigt werden müssen.
|
Grundsätze:
|
- Ein Darmeinlauf ist ein
massiver Eingriff in die Intimsphäre jedes Bewohners, der Unbehagen und
insbesondere bei demenziell erkrankten Senioren auch Aggressionen
hervorrufen kann.
- Die Maßnahme wird nur dann durchgeführt, wenn
der Bewohner zustimmt.
- Ein taktvoller Umgang mit dem Bewohner ist
selbstverständlich.
- Wir führen einen
Darmeinlauf ausschließlich auf ärztliche Anweisung aus. Wir bestehen
insbesondere stets auf einer schriftlichen Vorgabe über die Art des
Einlaufes und die ggf. zu nutzenden Wirkstoffe.
|
Ziele:
|
- Die Würde des Bewohners bleibt gewahrt.
- Die Lebensqualität wird verbessert.
- Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum
reduziert.
- Bei Obstipation wird die Darmtätigkeit angeregt
und der Darm entleert.
- Eine Verletzung oder eine Entzündung des Darms
wird vermieden.
|
Vorbereitung: |
Indikation
|
Wir führen einen
Darmeinlauf durch
- bei hartnäckiger Obstipation
- vor einer ärztlichen Untersuchung
|
Kontraindikation
|
Ein Darmeinlauf darf
bei folgenden Krankheitsbildern nicht durchgeführt werden:
- Erbrechen, Übelkeit
- Bauchschmerzen, deren Ursache unbekannt ist
- mechanischer oder paralytischer Darmverschluss
- Blutungen im Verdauungstrakt
- nach Darmoperationen
- akute Baucherkrankungen wie etwa
Bauchfellentzündung
- akute Unterleibserkrankungen
- Fisteln im Scheiden- und Enddarmbereich
- Querschnittslähmung
(Hinweis. Bei exsikkierten Senioren kann es vorkommen, dass die
eingebrachte Flüssigkeit restlos vom Darm resorbiert wird. Die
gewünschte abführende Wirkung bleibt dann aus.)
|
notwendiges Material
|
- Händedesinfektionsmittel
- Schutzschürze
- Einmalhandschuhe
- Irrigator und passender Schlauch (mindestens
1,5 m Länge)
- alternativ: Einmalbeutel mit Verbindungssystem
und Verschluss
- Infusionsständer oder andere geeignete
Aufhängevorrichtung
- Darmrohr (zwischen 10 bis 12 mm Durchmesser)
- Vaseline, Glyzerin oder anderes geeignetes
Gleitmittel
- Schlauchklemme
- 1 Liter auf
Körpertemperatur (ideal 37°C) vorgewärmtes Leitungswasser als
Spülflüssigkeit plus verordnete Zusätze oder ggf. fertige Spüllösung
(keinesfalls destilliertes Wasser benutzen)
(Hinweis: Zu kalte Flüssigkeit löst Krämpfe aus, zu warme kann
Darmirritationen verursachen.)
- geeignetes Thermometer
- wasserdichte Unterlage
- Zellstoff
- Abwurfbehälter
- Steckbecken oder Nachtstuhl
(falls der Bewohner nicht mehr in der Lage sein sollte, die Toilette
aufzusuchen)
- Blutdruckmessgerät
|
mögliche Zusätze
|
Nur nach vorheriger
Absprache mit dem Hausarzt ist es möglich, der Spülflüssigkeit
verschiedene Zusätze beizugeben.
- Salzhaltige Zusätze verstärken den
Entleerungsreiz.
- Glyzerinzusätze wirken als Gleitmittel.
- Ölhaltige Zusätze weichen den Kot auf und
sorgen für eine bessere Gleitfähigkeit des Stuhls.
- Keinesfalls dürfen verschiedene Zusätze
kombiniert werden.
|
Information und
Vorbereitung des Bewohners
|
- Der Bewohner wird über die
anstehende Maßnahme informiert und um Zustimmung gebeten. Etwaige
Fragen werden umfassend beantwortet.
- Das Zimmer wird ggf. gelüftet und danach auf
eine angenehme Raumtemperatur beheizt.
- Ein von beiden Seiten freier Zugang zum Bett
wird ermöglicht.
- Der Irrigator wird mit ein
bis eineinhalb Litern Wasser gefüllt, der Ableitungsschlauch wird
entlüftet und abgeklemmt.
- Der Irrigator wird rund einen halben Meter über
Bettniveau aufgehängt.
- Die Pflegekraft überprüft noch einmal die
Temperatur der Spüllösung.
- Alle Pflegekräfte, die
nicht unmittelbar für die Durchführung notwendig sind, sollten gehen.
Dazu zählen insbesondere Praktikanten, "Bufdis"
(Bundesfreiwilligendienst) usw.
- Es werden Maßnahmen zur
Wahrung der Intimsphäre getroffen (die Zimmertür wird geschlossen,
etwaige Mitbewohner werden kurz vor die Tür gebeten usw.)
- Der Bewohner wird gebeten, seinen Unterkörper
zu entkleiden. Ggf. wird er dabei unterstützt.
- Das Bett wird mit einem wasserdichten
Schutzbezug vor Verschmutzung geschützt.
- Der Bewohner wird gebeten,
eine linke Seitenlagerung einzunehmen. Er soll dafür die Beine leicht
anwinkeln. Ggf. wird er dabei unterstützt. Durch das Anwinkeln der
Beine wird die Bauchdecke entspannt.
Hinweise:
- Die Lagerung auf der linken Seite ist aufgrund
des Darmverlaufes vorzuziehen.
- Jede Seitenlagerung führt zu einer erhöhten
Dekubitusgefährdung.
|
Durchführung:
|
- Die Pflegekraft führt eine hygienische
Händedesinfektion durch und zieht Einmalhandschuhe an.
- Die Analregion wird auf
Verletzungen oder krankhafte Veränderungen untersucht. In diesem Fall
wird die Maßnahme abgebrochen.
- Irrigator am Ständer etwa 60 cm über dem Bewohner aufhängen.
- Das Darmrohr vorher mit Wasser vollaufen lassen, so das die Luft entweichen kann.
- Dann wird das Darmrohr mit
Gleitmittel eingefettet. Die Öffnung darf nicht durch das Gleitmittel
verschlossen werden.
- Während des Einführens sollte der Bewohner
leicht pressen, um die Schließmuskulatur zu entspannen.
- Mit leichten Drehbewegungen
wird das Darmrohr nun langsam und vorsichtig maximal zehn Zentimeter in
den Darm geschoben. (Anmerkung: Mitunter werden auch 10 bis 15
Zentimeter empfohlen.) Ein leichter Widerstand (Schleimhautfalte) kann
mit einem mäßigen Drehen zumeist überwunden werden.
- Bei Bewohnern mit
Hämorrhoiden ist besondere Vorsicht notwendig, da es leicht zu
Blutungen kommen kann. Schon einzelne Schmerzäußerungen erfordern den
Abbruch der Maßnahme.
- Wenn sich ein Widerstand nicht oder nur mit
großer Kraft überwinden lässt, wird die Maßnahme abgebrochen.
- Der Bewohner wird aufgefordert, tief ein- und
wieder auszuatmen, um ein Gegenpressen zu vermeiden.
- Das Darmrohr wird mit dem entlüfteten
Schlauchsystem verbunden.
- Die Schlauchklemme wird geöffnet.
- Die warme Spülflüssigkeit kann nun aus dem
Irrigator einlaufen.
- Der Bewohner wird nach
seinem Befinden befragt. Wenn das Druckgefühl zu stark wird, kann der
Irrigator niedriger gehängt werden, das bewirkt eine langsamere
Einlaufgeschwindigkeit.
- Falls der Bewohner über
Schmerzen klagt, kann der Zufluss für einige Minuten unterbrochen
werden. Falls die Beschwerden anhalten, wird die Maßnahme abgebrochen.
- Kurz bevor die komplette
Flüssigkeit eingelaufen ist, kann der Verbindungsschlauch abgeklemmt
werden. Das Darmrohr wird nun mit leichten Drehbewegungen wieder
entfernt.
- Eventuell auslaufende Flüssigkeit wird mit
Zellstoff aufgenommen.
- Der Bewohner wird gebeten,
die Darmentleerung so lange wie möglich zu verzögern. Fünf Minuten sind
die ideale Zeitspanne. Mehr als zehn Minuten sind nicht zu empfehlen.
- Die Pflegekraft kann die Handschuhe nun über
das Darmrohr stülpen und beides im Abwurfbehälter entsorgen.
- Mobile Bewohner sollten
sich einige Male leicht von links nach rechts drehen. Dieses kann die
Wirkung verstärken. Je nach Gesundheitszustand kann es hilfreich sein,
wenn der Bewohner in seinem Zimmer auf und ab geht.
- Der Pflegebedürftige wird ggf. wieder zugedeckt.
- Die Rufanlage wird in Griffweite des Bewohners
abgelegt.
- Nach Ablauf der Wartezeit
oder sobald der Bewohner die Darmentleerung nicht mehr stoppen kann,
wird der Bewohner zur Toilette begleitet. Alternativ wird ihm ein
Steckbecken angeboten.
- Die Pflegekraft bleibt
während der Darmentleerung stets in der Nähe des Bewohners, damit sie
im Falle einer Kreislaufstörung umgehend eingreifen kann.
- Wenn der Bewohner über Schwindel klagt, werden
Puls und Blutdruck überprüft.
Vorgehen bei einem Heb- und Senkeinlauf:
- Der Irrigator wird mehrmals über das Darmniveau
angehoben ...
- ...und unter das Darmniveau gesenkt.
- Die Flüssigkeit läuft nun
mehrfach in den Darm und zurück in den Irrigator. Ggf. gehen Darmgase
mit einem Gurgelgeräusch ab.
- Der Einlauf wird beendet,
sobald ausreichend Darmgase abgegangen sind und die Spülflüssigkeit
stark verfärbt ist.
|
Nachbereitung: |
- Der Bewohner wird nach seinem Befinden befragt.
- Der Bewohner wird aufgefordert, nach dem
Stuhlgang nicht die Spülung zu betätigen, damit die Pflegekraft die
Ausscheidungen kontrollieren kann. Insbesondere Blutbeimengungen sind
wichtig.
- Wir führen eine Intimtoilette durch (gemäß
Standard "Intimtoilette"). Der Bewohner wird ggf. mit
Inkontinenzmaterial versorgt.
- Der Bewohner wird aufgefordert, sich wieder zu
bekleiden. Ggf. erhält er dabei Unterstützung.
- Der Bewohner wird bequem gelagert.
- Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners
abgelegt.
- Ggf. wird das Zimmer gelüftet.
- Die Arbeitsmaterialien werden entsorgt, bzw.
gereinigt und desinfiziert.
- Die Pflegekraft zieht die Schutzkleidung aus
und führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
- Die Maßnahme und alle weiteren Informationen
werden dokumentiert.
- Der Hausarzt wird über krankhafte Veränderungen
informiert.
- Wir prüfen, welche Faktoren ursächlich für die
Obstipation waren. Wir passen unsere Maßnahmen im Rahmen der
Obstipationsprophylaxe an.
|
Dokumente: |
- Berichtsblatt
- Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
- Fragen an den Arzt
|
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation: |
- Pflegefachkraft
- Pflegehilfskraft als Assistenz
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Darmeinlauf; Rektum; Obstipation |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|