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"Anwendung einer Urinflasche" |
Definition: |
Eine Urinflasche wird
verwendet, wenn ein Bewohner das Bett zur Blasenentleerung nicht
verlassen kann. Das Gefäß besteht aus bruchfestem Glas, Chromnickelstahl
oder Kunststoff. Eine Messskala am Flaschenrand ermöglicht eine
Erfassung der ausgeschiedenen Harnmenge.
Zumeist werden diese Flaschen bei Männern eingesetzt, es gibt aber auch
Varianten für Frauen. Deren Öffnung ist breiter und schmaler. |
Grundsätze: |
- Bei der Ausscheidung auf eine Urinflasche
angewiesen zu sein, ist für die meisten Menschen höchst unangenehm.
Dieses Gefühl wird durch die Anwesenheit von Pflegekräften bei der
Blasenentleerung noch verstärkt. Wir stellen uns stets darauf ein,
dass diese Emotionen sich in Ablehnung gegen die Pflegekräfte
kanalisieren können.
- Wir erwarten von unseren Pflegekräften ein
einfühlsames und diskretes Verhalten.
- Wir beachten den Wunsch des Bewohners nach
Unterstützung durch eine gleichgeschlechtliche Pflegekraft.
- Nach Möglichkeit sollte der Bewohner seinen
Penis eigenständig in die Urinflasche einführen und nach der
Blasenentleerung säubern. Nur wenn er dazu nicht in der Lage ist,
wird diese Aufgabe ganz oder teilweise durch die Pflegekräfte
übernommen.
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Ziele: |
- Wir ermöglichen dem Bewohner eine
komplikationsfreie Blasenentleerung im Bett.
- Die Würde des Bewohners bleibt zu jedem
Zeitpunkt gewahrt.
- Alle hygienischen Vorgaben werden erfüllt.
- Die Geruchsbelästigung reduziert sich auf ein
Mindestmaß.
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Vorbereitung: |
Indikation |
Eine Blasenentleerung per
Urinflasche ist sinnvoll bei
- strikter Bettruhe, etwa nach operativen
Eingriffen oder bei Beinvenenthrombosen
- insbesondere bei Frauen: nach Beckenfraktur
- Bewegungseinschränkungen, etwa als Folge
einer Apoplexie
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notwendiges Material |
Wir halten folgende Materialien
bereit:
- Zellstoff
- Urinflasche
- Einmalhandschuhe
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Organisation |
- In einem Doppelzimmer wird entweder ein
Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen
gebeten.
- Jeder Bewohner sollte seine eigene
Urinflasche haben.
- Wenn die Urinflasche am Bett befestigt werden
soll, muss eine Halterung angebracht werden.
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allgemeine Maßnahmen |
- Der Bewohner wird über die anstehende
Maßnahme informiert.
- Die Fenster werden geschlossen und die
Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
- Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe
gebracht.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische
Händedesinfektion durch und zieht Einmalhandschuhe an.
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Durchführung: |
Einlegen der Urinflasche |
- Sollte der Bewohner zu Beginn der Maßnahme
eine Erektion haben, wird diese von der Pflegekraft ohne jeden
weiteren Kommentar ignoriert und die Blasenentleerung ggf. um einige
Minuten verschoben.
- Die Pflegekraft fasst den Penis an der
Peniswurzel und führt das Glied in die Flaschenöffnung ein. Sie
achtet darauf, dass der Flaschenrand keinen Druck auf die Hoden
ausübt.
- Ggf. kann die Flasche durch zusammengerollte
Handtücher abgepolstert werden.
- Wenn der Bewohner auf dem Rücken liegt, kann
die Flasche mit den beiden Oberschenkeln fixiert werden.
- Eine Miktion in der Seitenlage ist auch
möglich. Insbesondere bei unruhigen Bewohnern kann es jedoch schnell
dazu kommen, dass der Penis aus der Flasche gleitet.
- Wenn das Rückteil des Bettes aufgestellt
wird, erleichtert das die Blasenentleerung.
- Der Bewohner wird für die Blasenentleerung
zugedeckt.
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Blasenentleerung |
- Soweit möglich wird der Bewohner während der
Blasenentleerung allein gelassen. Die Pflegekraft stellt sicher,
dass der Bewohner jederzeit die Signalanlage nutzen kann.
- Wenn der Bewohner sehr unruhig ist, sollte
die Flasche während der Blasenentleerung festgehalten werden.
Alternativ kann die Flasche mit Sandsäckchen fixiert werden.
- Eine Urinflasche sollte stets nur so kurz wie
möglich angelegt werden. Ansonsten kann es zu verschiedenen
Komplikationen kommen:
- Ein anhaltender Druck der Urinflasche auf
der Haut kann zu einem Dekubitus führen. Bedroht sind
insbesondere die Schleimhäute des Intimbereiches.
- Am Penis kann es zu einer Mazeration
kommen.
- Die feuchte Wärme begünstigt Infektionen,
insbesondere Mykosen.
- Wenn die Flasche über längere Zeit
angesetzt ist, gibt der Bewohner ständig kleine Mengen Urin ab.
Er verlernt es, den Harnfluss bis zur Blasenentleerung
anzuhalten. Er wird inkontinent.
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Entnehmen der Urinflasche |
- Die Pflegekraft entfernt die Flasche und
tupft den Penis mit Zellstoff ab.
- Die Urinflasche wird mit einem Deckel
verschlossen und zeitnah aus dem Zimmer entfernt.
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alternatives Vorgehen bei einer
Bewohnerin |
- Die Öffnung der Flasche wird eng anliegend an
die Harnröhrenöffnung gelegt.
- Nach dem Wasserlassen wird die Flasche
zeitnah entfernt.
- Der Intimbereich wird danach ("von vorne nach
hinten") gereinigt.
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Nachbereitung: |
- Die Urinflasche wird regelmäßig entleert und
im Spülkasten desinfiziert.
- Die Pflegekraft bringt die Flasche mit Deckel
griffbereit am Bett an.
- Die Pflegekraft überprüft, ob das Bett mit
Harn verschmutzt wurde. In diesem Fall muss das Bett neu bezogen
werden.
- Ggf. wird der Klingelknopf desinfiziert.
- Die gesamte Bekleidung des Bewohners wird
gerichtet und der Bewohner bequem gelagert.
- Die Pflegekraft fragt nach dem Befinden des
Bewohners.
- Das Bettlaken wird von Falten befreit.
- Der Bewohner wird befragt, ob er weitere
Wünsche habe. Insbesondere wird ihm ein Getränk angeboten.
- Das Zimmer wird gelüftet.
- Das verbrauchte Material wird entsorgt.
- Der Bewohner erhält die Möglichkeit, seine
Hände zu waschen und zu desinfizieren.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische
Händedesinfektion durch.
- Die Lagerung wird im Lagerungs- und
Mobilitätsplan verzeichnet.
- Die Maßnahme wird im Leistungsnachweis
dokumentiert.
- Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt
und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
- Die Ergebnisse und Erfahrungen werden
regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe
diskutiert.
- Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
Reinigung in der ambulanten Pflege
- Die Urinflasche wird regelmäßig gereinigt, da
ausspülen allein unzureichend ist. Ggf. kann dafür Essigreiniger
genutzt werden. Wichtig ist insbesondere die Entfernung der
Ablagerungen.
- Die Nutzung von Bürsten zur Reinigung von
Urinflaschen ist problematisch. Diese können beim Herausziehen aus
dem Flaschenhals spritzen und zur Keimverschleppung führen. Daher
sollten nur vergleichsweise kleine Bürsten genutzt werden.
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Dokumente: |
- Leistungsnachweis
- Lagerungs- und Mobilitätsplan
- ggf. Bilanzierungsplan
- Berichtsblatt
- Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
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Verantwortlichkeit /
Qualifikation: |
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