|
 |
Version 2.05a - 2015 |
|
Standard "Hautschutz bei Inkontinenz" |
|
Wenn
gealterte Haut zu lange mit Stuhl oder Urin in Kontakt kommt, sind
Pilzerkrankungen, bakterielle Infektionen, Mazeration und Dekubitus die
fast logische Folge. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit vertretbarem Aufwand
ein Maximum an Hautschutz garantieren - und welche Fehler Ihr Team
vermeiden sollte. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
Klicken Sie hier!

|
|
Standard "Hautschutz bei Inkontinenz" |
Definition:
|
- Inkontinenz bedeutet für die Haut der Intimregion eine erhebliche Belastung.
- Die Feuchtigkeit weicht die Haut auf, die in
der Folge aufquillt und durchlässiger für Keime wird. Außerdem gibt der
zerfallende Urin Ammoniak und andere Abbauprodukte frei, die den
Säureschutzmantel schwächen. Auch das feuchtwarme Milieu durch das
Tragen von Inkontinenzvorlagen begünstigt die Infektionsanfälligkeit
der Haut.
- In der Folge kommt es bei vielen Senioren zur
unkontrollierten Vermehrung von Bakterien oder von Pilzen (etwa Candida
albicans). Betroffen sind primär Körperzonen, in denen Haut auf Haut
liegt; also etwa die Analfalte und die Leistenbeugen.
- Aufgeweichte und vorgeschädigte Haut kann
Druckeinwirkung kaum noch verkraften. Es droht also ein Dekubitus. Das
Risiko steigt zusätzlich, wenn weitere Gesundheitsstörungen vorliegen,
wie etwa Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen, Exsikkose oder ein
schlechter Ernährungszustand.
|
Grundsätze:
|
- Bereits der alleinige Kontakt mit Wasser hat
Auswirkungen auf den Säureschutzmantel. Wir waschen daher nur, wenn
dieses notwendig ist.
- Inkontinenz ist ein sensibles Thema, das mit dem gebotenen Fingerspitzengefühl angegangen werden muss.
- Entscheidend für die Hautpflege sind die konsequente Kontrolle der Inkontinenzmaterialien sowie deren rechtzeitiger Wechsel.
- Inkontinenz kann schnell zu kleinen
Hautschädigungen führen. Diese müssen bereits in der Entstehung
gestoppt und zur Abheilung gebracht werden. Wenn die Hautdefekte
bereits fortgeschritten sind, ist ein ungleich größerer Aufwand zur
Vermeidung eines Dekubitus erforderlich.
|
Ziele:
|
- Der natürliche Säure- und Fettschutzmantel der Haut bleibt erhalten.
- Keime finden keine Eintrittspforten.
- Der Bewohner erleidet keinen Dekubitus.
- Bakterielle Infektionen und Pilzerkrankungen werden vermieden.
|
Vorbereitung: |
- Wir suchen den Kontakt mit dem Hausarzt und stimmen unsere Pflegemaßnahmen mit ihm ab.
- Wenn eine fachärztliche Untersuchung sinnvoll erscheint, bitten wir zeitnah um eine Überweisung.
- Wir suchen den Kontakt zu Herstellerfirmen und
zu Lieferanten von Hautschutzmitteln. Wir stehen neuen Produkten stets
offen gegenüber, sofern deren Wirkung hinreichend belegt ist.
- Viele Senioren haben eigene "Pflegerituale"
entwickelt. Die vertrauten Methoden zur Hautpflege und zur
Hautreinigung sind aber ggf. nicht mehr zeitgemäß. So werden ggf.
schädigende oder überholte Pflegemittel verwendet. Oder die
Pflegemittel werden sehr sparsam oder überreichlich genutzt. Mitunter
erfolgt die Anwendung zu oft bzw. zu selten. In diesen Fällen beraten
wir den Bewohner. Wenn der Bewohner dennoch an seinem Verhalten
festhalten will, so wird dieses dokumentiert, um uns rechtlich
abzusichern.
|
Durchführung:
|
Reinigung
|
- Die entsprechenden Standards werden sorgfältig
umgesetzt, also etwa "Ganzwaschung im Bett" oder "Ganzwaschung am
Waschbecken". Zusätzlich müssen folgende Parameter beachtet werden:
- Der Intimbereich wird nach jeder Ausscheidung
mit lauwarmem Wasser gereinigt. Heißes Wasser wird vermieden, da es
mehr Hautfett entfernt als kühleres.
- Seife wird dem Waschwasser nicht zugegeben, da
diese sehr alkalisch ist. Ggf. können eine pH-neutrale Waschlotion oder
Syndets genutzt werden. Möglich ist auch die Nutzung von schwach-sauren
Produkten.
- Ggf. kann dem Wasser etwas Essig oder Zitronensaft zugegeben werden (1 Esslöffel auf 5 Liter Wasser).
- Es wird keine Waschlotion verwendet, wenn diese den Hinweis "wirkt desinfizierend" trägt.
- Wenn Waschzusätze genutzt werden, muss die Haut
danach sorgfältig mit klarem Wasser gesäubert werden. Auch kleine
Reinigungsmittelrückstände müssen entfernt werden. Nach dem Abspülen
wird die Haut sorgfältig abgetrocknet.
- Angetrockneter Stuhl muss besonders schonend
entfernt werden. Wir nutzen dafür Feuchtpflegetücher. Eine aggressive
Reinigung kann Hautläsionen verursachen. Bei einer erneuten
Verschmutzung würde dann die Schädigung verstärkt. Oder es könnte zu
einer Infektion der Hautregion kommen.
- Bei der Intimpflege sollte die Pflegekraft vom Bauchnabel in Richtung Steißbein wischen, um eine Keimverschleppung zu vermeiden.
- Problematisch sind häufig Hautfalten. Diese
werden sorgfältig getrocknet. Die Haut wird trocken getupft und nicht
gerieben. Wir nutzen keinen Föhn zur Hauttrocknung.
- Bei einer Harn- und Stuhlinkontinenz lässt sich
eine Verschmutzung des Waschwassers, des Waschlappens und des
Handtuches nicht immer vermeiden. Einmalprodukte sind daher ggf. die
erste Wahl. Sinnvoll kann insbesondere die Nutzung von
Einmalwaschlappen sein. Konventionelle Waschlappen werden nach der
Nutzung wieder im Waschwasser ausgespült. Es kann zu einer
Keimverschleppung kommen.
|
Hautpflege
|
- Für die Hautpflege nutzen wir sog.
"Wasser-in-Öl"-Präparate ("W/O"). Wir verwenden keine Pflegemittel mit
dem Hinweis "zieht schnell ein". "Öl-in-Wasser"-Produkte trocknen die
Haut tendenziell eher aus.
- Pflegeprodukte, die ursprünglich für Babys
entwickelt wurden, werden nur nach genauer Abwägung eingesetzt. Die
Präparate sind häufig stark parfümiert. Wir nutzen also insbesondere
kein Puder.
- Einreibungen mit Franzbranntwein und andere austrocknende Maßnahmen schädigen die Haut.
- Wenn die Haut intakt ist, werden keine
abdeckenden Pasten, Salben oder Öle angewendet, also etwa Präparate mit
Melkfett, Vaseline oder Zinkpaste.
- Bestehende Hautrötungen können ggf. mit Pflegemitteln wie etwa Wollwachs zum Abklingen gebracht werden.
- Bei besonders gefährdeten Bewohnern nutzen wir
ggf. sog. "Hautprotektoren". Diese bilden in der Hornschicht einen
Film, der 7 bis 72 Stunden auf der Haut verbleibt und sie vor
Feuchtigkeit schützt.
- Salben und Cremes dürfen nicht zu dick aufgetragen werden, da sonst die Hautporen verschlossen werden.
- Die Nutzung von Pflegemitteln, die die Haut
verfärben, ist problematisch. Hautveränderungen würden dann ggf. nicht
zeitnah erkannt.
- Produkte mit Duft- und Konservierungsstoffen
können eine Kontaktallergie auslösen; insbesondere in Kombination mit
Stuhl und Urin.
- Die Pflegeprodukte dürfen nur auf die zuvor sorgfältig getrocknete Haut aufgebracht werden.
|
Inkontinenzmittel
|
- Wenn eine Hautschädigung sichtbar ist oder der Bewohner dazu neigt, sollten besonders leistungsfähige Vorlagen genutzt werden.
- Wichtig sind Puffersubstanzen sowie Rücknässeschutz.
- Geeignet sind insbesondere sog. "Gelbildner", da diese die Haut gut vor Feuchtigkeit schützen.
- Es gibt zusätzlich auch Vorlagen, die mit Hautpflegemitteln imprägniert sind.
- Bei Männern sollten Einlagen in Taschenform genutzt werden.
- Wir achten auf einen regelmäßigen Wechsel des
Hilfsmittels, da es bei zu langen Tragezeiten zur Vermehrung von
hautschädigenden Bakterien kommen kann.
- Die Vorlagen werden zudem nach jeder
Verschmutzung gewechselt. Ein Austausch ist spätestens notwendig, wenn
die Aufnahmekapazität erschöpft ist. Ggf. nutzen wir Produkte mit
integrierten Nässeindikatorstreifen.
- Wann immer möglich sollte auf die Nutzung von
Inkontinenzmitteln verzichtet werden, ggf. auch nur stundenweise. Die
Haut bleibt so oft wie möglich unbedeckt.
|
Allgemeines
|
- Viele inkontinente Bewohner begrenzen den
Flüssigkeitskonsum mit dem Ziel, die Ausscheidungsmenge zu reduzieren.
Wir erläutern dem Bewohner, dass durch dieses Verhalten die Haut
austrocknet und somit zusätzlich geschädigt wird.
- Der Hautzustand eines inkontinenten Bewohners wird täglich inspiziert.
- Der Bewohner und seine Angehörigen werden
gebeten, die Haut sorgfältig zu beobachten und etwaige Veränderungen
sofort den Pflegekräften mitzuteilen.
- Bei relevanten Krankheitszeichen wird der Bewohner umgehend dem Hausarzt vorgestellt.
|
Nachbereitung: |
- Alle Maßnahmen und deren Wirkung werden sorgfältig dokumentiert.
- Relevante Beobachtungen werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
- Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
- Bei bakteriellen Infektionen wird zumeist ein Abstrich vorgenommen und dann das passende Antibiotikum verschrieben.
- Bei Kontaktallergien ist es erforderlich, den
Auslöser zu finden und die Exposition zu unterbinden. Dieses ist
allerdings zumeist sehr langwierig.
- Die Wirkungsweise der verwendeten Salben,
Cremes und Lotionen wird immer wieder kritisch hinterfragt. Wichtig ist
eine ausreichende Rückfettung. Wenn Hautirritationen oder Mazerationen
über einen längeren Zeitraum auftreten, prüfen wir einen Wechsel des
Präparates.
|
Dokumente: |
- Wunddokumentation
- Berichtsblatt
- ärztliches Verordnungsblatt
- Kommunikationsblatt mit dem Arzt
- Pflegeplanung
|
Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Inkontinenz; Haut; Prophylaxe; Dekubitus; Dekubitusprophylaxe; Hautpflege; Hautbeobachtung; Körperpflege |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|