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Version 1.05c - 2016

Standardmaßnahmenplan "Apoplexie" (neues Strukturmodell)

 
Bei einem Schlaganfall ist Zeit stets der kritische Faktor. Direkt nach dem Hirnschlag entscheiden die ersten zwanzig Minuten darüber, ob der Betroffene überlebt. Das zweite Zeitfenster sind die zwölf Monate direkt nach dem Insult. Denn nach einem Jahr gilt ein Patient als "austherapiert". Alle Fähigkeiten, die bis dahin nicht zurückgewonnen wurden, bleiben zumeist für immer verloren.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standardmaßnahmenplan "Apoplexie"
  • Ein Apoplex (Schlaganfall oder "apoplektischer Insult") ist gekennzeichnet durch:
    • Durchblutungsstörungen (Ischämie) mit einhergehendem Sauerstoffmangel des Gehirns. Gründe dafür können sein: Stenosen der Gefäße etwa durch einen Thrombus, Arteriosklerose oder Embolie
    • Intrazerebrale Massenblutung im Gehirn. Gründe dafür können sein: Ruptur (Riss) eines Gefäßes durch ein Aneurysma (Gefäßaussackung) oder Angiopathie (Gefäßerkrankungen) infolge von arterieller Hypertonie und Arteriosklerose.
  • Risikofaktoren:
    • Hypertonie
    • Hypercholesterinämie
    • Diabetes mellitus
    • Adipositas
    • Herzrhythmusstörungen
    • Zigarettenkonsum, besonders inhalierendes Rauchen
    • Stress
    • Bewegungsmangel
    • Einnahme der "Pille" (Ovulationshemmer) plus Rauchen
    • genetische Disposition
    • hohes Lebensalter
  • Die am häufigsten auftretenden Schädigungen (je nach Schädigungsort):
    • Bewusstseinseintrübung
    • Hemiplegie: komplette Halbseitenlähmung
    • Hemiparese: inkomplette Halbseitenlähmung
    • Apraxie: Störung der Fähigkeit zum koordinierten Handeln. Etwa: Die Zahnbürste wird zum Haare kämmen verwendet.
    • Aphasie: zentrale Sprachstörung. Sie betrifft das Sprechen, das Lesen, das Verstehen und das Schreiben. Der Verstand selbst ist nicht betroffen. Es wird unterschieden zwischen:
      • Sensorische Aphasie (eine starke Störung des Sprachverständnisses; der Betroffene kann flüssig sprechen bis hin zu unkontrollierten Redeschwällen)
      • Motorische Aphasie (stark gestörte, verlangsamte und mühsame Sprache)
      • Globale Aphasie (eine starke Störung des Sprachverständnisses und der Sprache)
      • Amnestische Aphasie (meist Wortfindungsstörungen)
      • In der Regel treten Mischformen auf.
    • Dysarthrie: Störung der Bewegung und des Gefühls im Zungen-, Mund- und Halsbereich. Folgen: das Gesprochene ist schwer zu verstehen, Schluckstörungen usw.
    • Agnosie: Störung des Erkennens optischer, akustischer und taktiler Sinnesreize
    • Parästhesien: Missempfindungen
    • Hemianopsie: eingeschränktes oder vollständig ausgefallenes Gesichtsfeld
    • Neglect: tritt häufig auf bei einer Schädigung der rechten Hemisphäre mit linksseitiger Hemiplegie. Das bedeutet, dass die betroffene Seite trotz intakter Sinnesorgane vom Betroffenen nicht wahrgenommen wird. Die Vorstellung für den betroffenen Halbraum ist verloren gegangen oder erschwert.
    • Pushersyndrom: Verlagerung der Haltung hin zur stärker gelähmten Seite, Widerstand bei Korrektur zur Körpermitte
    • Harninkontinenz
    • zentrale Fazialisparese: Lähmung des Gesichtsnervs. Diese zeigt sich häufig als herabhängender Mundwinkel, Speichelfluss und Vorwölbung der betroffenen Wange durch das Ausatmen.
    • psychische Veränderungen wie beispielsweise Antriebsarmut, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit, depressive Tendenzen bis hin zur Depression usw.
    • Störung der Aufmerksamkeit, der Konzentration, Lern- und Gedächtnisleistung
  • weitere Folgeprobleme bei einer Hemiparese:
    • Subluxierte Schulter: eine Fehlstellung des Schulterblatts. Der Humeruskopf der stärker betroffenen Seite ist verschoben. Dieses ist auch dadurch bedingt, dass durch die Lähmung der Muskulatur das Gelenk nicht mehr in der richtigen Position gehalten wird.
    • Schulter-Hand-Syndrom: Dieses Syndrom beschreibt das Anschwellen der Hand. Infolge des Schlaganfalls verändern sich der Muskeltonus und die Innervation (nervale Versorgung von Körpergeweben und Organen) der Hand. Bei Nichtbehandlung droht eine irreversible Schädigung der Hand.
Maßnahmen
Begründung und Anmerkungen
Fallbeispiel:
  • Frau Maier leidet als Folge einer Hirnblutung vor acht Monaten an einer Hemiplegie. Sie ist vor drei Monaten in das Pflegeheim zurückgekehrt. Durch konsequente Physiotherapie ist es gelungen, einen Teil der motorischen Fertigkeiten zurückzuerlangen.
  • Die mentalen Fähigkeiten sind jedoch noch immer erheblich reduziert. Frau Maier ist nicht mehr in der Lage, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren. Sie wird bereits durch kleine Außenreize abgelenkt.
  • Frau Maier ist aus dem gleichen Grund mit der Nahrungsaufnahme überfordert. Sie nimmt einige Löffel oder Bissen zu sich und "nickt" dann ein. Auf Ansprache oder nach einer Berührung "wacht" sie wieder auf, um dann aber erneut wieder schnell wegzudösen.
  • Erschwerend dabei ist, dass Frau Meier durch Mitbewohner beim Essen abgelenkt wird. Sie vergisst das Essen und muss immer wieder daran erinnert werden.
  •  Wir schaffen bei Gesprächen eine ruhige Atmosphäre und schirmen Frau Maier soweit möglich von störenden Außenreizen ab. Vor allem ihr Radio sollte ausgeschaltet werden.
  • Die Pflegekraft sitzt beim Essen neben Frau Maier und führt ihre Hand immer wieder zum Mund und zum Teller. Sie erinnert sie so regelmäßig an die Fortführung des Essens.
  • Wir prüfen, ob wir mit der Bewohnerin singen können. Oftmals sind die Hirnbereiche für das Singen nicht von den Schädigungen betroffen.
  • Wir prüfen, ob die Bewohnerin insgesamt überfordert ist. Dieses ist etwa dann der Fall, wenn sie vor dem Frühstück sich selbst anziehen soll und damit ihre mentale Konzentrationsfähigkeit bereits verbraucht hat. In diesem Fall übernimmt die Pflegekraft den Kleidungswechsel vollständig. Die Bewohnerin hat dann mehr mentale Reserven für die Nahrungsaufnahme.
  • Ggf. wird die Sitzordnung am Esstisch angepasst. Die Bewohnerin sollte neben einem ruhigen Mitbewohner sitzen oder (falls notwendig) ihre Speisen ungestört an einem Extratisch oder in ihrem Zimmer zu sich nehmen.
  • Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt prüfen wir, ob die Bewohnerin eine PEG erhalten sollte. Dieses ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die sich lang hinziehende Nahrungsaufnahme für die Bewohnerin zur Tortur wird. Auch nach der Anlage einer PEG kann das Ess- und Schlucktraining fortgeführt werden.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller hat vor einem Jahr einen ischämischen Hirninfarkt erlitten. Er wurde zunächst durch seine Frau und durch einen mobilen Pflegedienst versorgt. Da sich seine körperliche Verfassung zuletzt aber verschlechterte, hat sich das Paar dazu entschlossen, in das Pflegeheim umzuziehen.
  • Das Verhältnis zum Lebenspartner leidet unter der Hemiplegie. Die ehemals gleichberechtigte Partnerschaft wandelt sich zu einer asymmetrischen Beziehung zwischen Pflegendem und Gepflegtem. Die Wertschätzung der Frau für Herrn Müller ist beeinträchtigt.
  • Herr Müller ist depressiv und zieht sich zurück. Er hat seine Krankheit noch nicht akzeptiert.
  • Herr Müller leidet unter Aphasie. Aufgrund der Sprachstörungen wird er von seinem Umfeld als geistig verwirrt wahrgenommen. Herr Müller leidet sehr darunter.
  • Wir ermuntern Frau Müller (Ehefrau), eigene Interessen weiterhin zu pflegen und auf ein eigenes Leben nicht völlig zu verzichten. Frau Müller ist noch sehr mobil und unternimmt gerne Spaziergänge in der Umgebung. Sie ist zudem aktiv im Kirchenchor.
  • Wir stehen Herrn Müller für ausführliche Gespräche zur Verfügung. Herr Müller möchte in Gegenwart seiner Frau nicht über seine seelischen Probleme reden. Der beste Zeitpunkt für ein Gespräch ist daher, wenn seine Frau außerhalb der Einrichtung aktiv ist.
  • Wir erläutern ihm, dass Depressionen mehr als nur eine Stimmungsschwankung sind. Es handelt sich um eine ernst zu nehmende Erkrankung, die behandelt werden muss.
  • Wir hören Herrn Müller geduldig zu, auch wenn dessen Sprachfluss sehr stockend ist. Er wird nicht unterbrochen.
  • Wir sprechen in einer normalen Lautstärke mit Herrn Müller.
  • Wir bilden einfache Sätze mit korrekter Grammatik. Wir sprechen nicht im "Telegrammstil".
  • Wir stellen Fragen, auf die Herr Müller mit "ja" oder mit "nein" antworten kann. Sog. "W-Fragen" (warum, wofür, womit usw.) oder Fragen mit mehreren Alternativen werden vermieden. Richtig: "Möchten Sie Käse essen?" Falsch: "Möchten Sie Käse, Wurst oder ein Ei essen?".
  • Wichtige Sätze werden ggf. zweimal gesprochen, bei der zweiten Wiederholung allerdings mit einem geänderten Aufbau. Beispiel: "Sie bekommen jetzt Ihre Medikamente. Ich möchte, dass Sie jetzt Ihre Medikamente einnehmen."
  • Wir stehen der Ehefrau jederzeit für ein entlastendes Gespräch zur Verfügung.
  • Wir erläutern der Ehefrau insbesondere, dass neurologische Veränderungen, Ängste und das Gefühl der Abhängigkeit das Verhalten ihres Mannes verändern können.
  • Wir vermitteln dem Bewohner Kontakt zu Selbsthilfegruppen.
  • Lautes Sprechen mit dem betroffenen Bewohner nützt bei Aphasie nichts, sofern der Pflegebedürftige nicht zusätzlich auch hörgeschädigt ist.
  • Wenn Pflegekräfte nicht sicher sind, ob sie den Bewohner richtig verstanden haben, so wiederholen sie das Gesagte. Beispiel: "Habe ich Sie richtig verstanden? Sie möchten auf die Toilette gehen?"
  • Wir erklären Freunden, Angehörigen und Mitbewohnern, dass die Intelligenz des Bewohners voll erhalten ist. Lediglich die Fähigkeit, sich auszudrücken, ist beeinträchtigt.
Fallbeispiel:
  • Frau Maier war vor zwei Jahren in einen Autounfall verwickelt, bei dem sie sich ein Schädel-Hirn-Trauma und einen Schlaganfall zuzog. Nach Ansicht der Therapeuten sind die Schädigungen bleibend. Es ist mit keiner Verbesserung der motorischen oder der mentalen Fähigkeiten zu rechnen.
  • Die Sprachfähigkeiten von Frau Maier sind so weit reduziert, dass eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist. Frau Maier kann also weder Sprache verstehen noch sich selbst sprachlich ausdrücken.
  • Frau Maier leidet unter Schluckstörungen. Diese beeinträchtigen ihre Fähigkeit, Nahrung aufzunehmen. Mitursächlich dafür sind Sensibilitätsstörungen im Mundraum. Sie spürt nicht, dass der Mund schon voll ist, und kaut und schluckt nicht. Die Speisen laufen aus den Mundwinkeln. Es kommt zum Verschlucken oder zum Husten.
  • Ein Metalllöffel löst bei Frau Maier einen Beißreflex aus, da das Metall kalt und hart ist.
  • Frau Maier erhält keine Spürinformationen aus dem Mundraum. Es bleiben daher Nahrungsreste in den Wangentaschen zurück. Diese rutschen in Richtung Rachen, wenn sich Frau Maier nach dem Essen hinlegt. Es droht eine Aspiration.
  • Als Folge von Aspirationen steigt das Risiko einer Pneumonie. 
  • Wir nutzen zusätzlich Gestik und Mimik, um uns bei Frau Maier verständlich zu machen. Wir zeigen also auf ein Körperteil, wenn wir dieses waschen wollen.
  • Wir achten konsequent auf die Gestik und auf die Mimik von Frau Maier. Sie leckt sich über die Lippen, wenn sie Hunger hat. Bei Schmerzen zieht sie die Nase kraus.
  • Wir achten darauf, dass die Nahrung eine weiche Konsistenz aufweist. Frau Maier erhält passierte Speisen.
  • Wir achten auf eine gute Sitzhaltung beim Essen. Der Oberkörper sollte gerade sein. Beide Füße sollten Bodenkontakt haben.
  • Der Kopf sollte leicht nach vorne geneigt sein. Wir unterstützen die Kopfhaltung mit einem kleinen Kissen oder mit einer Nackenrolle.
  • Ggf. verwenden wir bei einer Fazialisparese ein durchsichtiges Tape am hängenden Mundwinkel. Das kann die Nahrungsaufnahme erleichtern. Nach dem Essen wird es sofort entfernt.
  • Die Pflegekraft befindet sich beim Essenanreichen immer auf der gleichen Ebene (Kopfhöhe) wie Frau Maier. Damit nimmt Frau Maier eine natürliche Kopfhaltung beim Essen ein. Die Gefahr des Verschluckens reduziert sich.
  • Wir reduzieren das Aspirationsrisiko durch ein sorgfältiges Anreichen des Essens. Der Löffel wird langsam in den Mund eingeführt und mit sanftem Druck auf der Zungenmitte abgesetzt.
  • Sobald Frau Maier die Nahrung aufgenommen hat, wird der Löffel wieder behutsam aus dem Mund entfernt. Die Pflegekraft stellt sicher, dass Frau Maier regelmäßig eine Nachschluckbewegung durchführt.
  • Wir nutzen Kunststofflöffel, da ein kalter metallischer Löffel schneller einen Beißreflex auslösen kann.
  • Nach dem Essen verbleibt Frau Maier noch für rund 20 Minuten in einer aufgerichteten Position.
  • Nach jeder Mahlzeit und vor der Nachtruhe wird der Mundraum von Frau Maier inspiziert.
  • Ggf. wird Frau Maier aufgefordert, den Mundraum auszuspülen.
  • Mit der Zahnbürste werden ggf. vorhandene Nahrungsreste aus den Wangentaschen gelöst.
  • Frau Maier wird empfohlen, nach der Inspektion keine Speisen mehr zu sich zu nehmen, etwa Kekse u. Ä.
  • Die Körpertemperatur von Frau Maier wird zweimal am Tag kontrolliert; morgens nach dem Aufstehen und abends vor dem Abendessen. Frau Maier akzeptiert die Temperaturmessung im Ohr und unter den Achseln.
  • Wir nutzen ggf. Zeichnungen, um uns verständlich zu machen.
  • Wenn die Pflegekraft die Bewohnerin nicht versteht, täuscht sie kein Verständnis vor. Sie versucht stattdessen, auf eine andere Weise mit der Bewohnerin zu kommunizieren, etwa mittels einer Symboltafel.
  • Ggf. kann die Pflegekraft den Schluckprozess mit einem sanften Druck gegen den Mundboden stimulieren oder die Bewohnerin gezielt zum Nachschlucken auffordern.
  • Bei einer erheblichen Gefährdung durch aspirierte Nahrungsreste sollte die Anlage einer PEG-Sonde erwogen werden.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller war zeitlebens starker Raucher und leidet unter Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Diese ist mitursächlich für einen Schlaganfall vor eineinhalb Jahren, von dessen Folgen sich Herr Müller nur teilweise erholte.
  • Herr Müller leidet unter einem Neglectphänomen. Er ist immobil und auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen.
  • Es bilden sich bei Herrn Müller Kontrakturen aus. Es droht die Bildung eines Spitzfußes.
  • Wir achten darauf, dass Herr Müller aufrecht sitzt, die Füße parallel stehen und Bodenkontakt haben. Die Hüfte sollte in einem 90°-Winkel gebeugt sein. Ggf. wird der Rumpf durch ein Kissen leicht nach vorne gebeugt. Der mehr betroffene Arm kann auf einem Tisch abgelegt werden.
  • Mindestens zweimal am Tag (auch am Wochenende) werden alle Gelenke durchbewegt. Herr Müller erledigt dieses eigenständig, muss aber mitunter dafür motiviert werden.
  • Beim Durchbewegen nutzen wir grundsätzlich beide Hände. Eine Hand umfasst die Gliedmaße knapp unterhalb des Gelenks, während die andere Hand den Bereich oberhalb greift und das Gelenk durchbewegt. Bei allen Übungen wird also rumpfnah (proximal) festgehalten und körperfern (distal) durchbewegt. Das Gelenk darf nicht durchhängen, da dieses die Gelenkkapsel schädigen könnte. Zudem schützt die korrekte Durchführung die Muskeln vor Rückbildung.
  • Die Gelenke werden immer nur bis zum Erreichen der Schmerzgrenze oder eines Widerstands bewegt. Schmerzäußerungen werden stets beachtet. Herr Müller kommuniziert starke Schmerzen verbal sowie durch ein Aufstöhnen.
  • Wir nutzen einen Bettbogen, um den Druck von der Bettdecke auf die Zehen zu minimieren.
  • Die Füße von Herrn Müller werden in Rückenlage im rechten Winkel zu den Unterschenkeln gelagert. Wir nutzen dafür weiche Fußstützen.
  • Bei Rollstuhltransfers werden die Füße nur während eines Transports auf den Trittbrettern positioniert. Ansonsten sollten die Füße mit der gesamten Fußsohle auf dem Boden aufgestellt werden.
  • Wenn der Neclect sehr stark ausgeprägt ist, wird der Bewohner zunächst über die weniger betroffene Seite in den Rollstuhl transferiert. Erst nachdem der Bewohner ausreichend Sicherheit gewonnen hat und keine Angst mehr zeigt, prüfen wir, ob er auch über die mehr betroffene Seite einsteigen kann.
  • Nach Möglichkeit sollte der Rollstuhl mit speziellen Armlehnen ausgestattet sein. Der mehr betroffene Arm kann auch auf einem Kissen im Schoß abgelegt werden.
  • Wenn der Bewohner im Rollstuhl kurzfristig "geparkt" werden muss, achten wir darauf, dass die mehr betroffene Seite zur Wand zeigt und dass der Bewohner über die weniger betroffene Seite das Geschehen verfolgen kann.
  • Ggf. assistiert die Pflegekraft bei den Bewegungsübungen oder führt die Bewegung passiv durch. Nach und nach sollten passive Bewegungen durch aktive Bewegungen ersetzt werden.
  • Insbesondere demente Bewohner können sich ggf. nicht artikulieren, daher achten wir genau auf deren Reaktionen. Bei Schmerzen wird die Intensität der Maßnahme entsprechend reduziert.
  • Alternativ zum Bettbogen kann die Bettdecke über das Fußbrett gehängt werden. Die Pflegekraft sollte darauf achten, dass der Bewohner dabei nicht friert.
Fallbeispiel:
  • Frau Maier hat durch ein Blutgerinnsel während einer Operation einen Schlaganfall erlitten. In den folgenden Monaten gelang ihr eine sehr weitgehende Rehabilitation. Er blieben allerdings einige neuronale Schäden zurück.
  • Frau Maier leidet unter Missempfindungen. Sie klagt über ein Kribbeln oder über ein Stechen. Manche Berührungen werden nur schwach wahrgenommen. Andere - selbst minimale - Berührungen verursachen hingegen starke Schmerzen. Sie ist zudem nicht in der Lage, sich bei der Körperpflege ausreichend zu konzentrieren.
  • Frau Maier leidet unter räumlichen Störungen. Sie kann Winkel nicht mehr richtig einschätzen. Es ist ihr daher unmöglich, eine analoge Uhr (mit Zeigern) abzulesen. Dieses führt dazu, dass Frau Maier zeitlich oftmals desorientiert ist.
  • Wir gehen behutsam und verständnisvoll mit Frau Maier um. Berührungen werden vorsichtig durchgeführt.
  • Wir lassen die Hand so lange auf der Haut von Frau Maier liegen, bis die Berührungsrezeptoren den Reiz verarbeitet haben.
  • In keinem Fall werden in Zukunft Berührungen generell vermieden, da dieses die Symptomatik verschlechtern könnte.
  • Wir sorgen beim Waschen für eine möglichst ruhige Umgebung während der Körperpflege. Wir vermeiden es etwa, das Wasser während des Waschens laufen zu lassen. Das Radio und der Fernseher werden abgeschaltet.
  • Wir sorgen dafür, dass nur die Gegenstände im Gesichtsfeld von Frau Maier liegen, die aktuell benötigt werden. Derzeit nicht erforderliche Cremetöpfe, Lotionen usw. werden weggestellt.
  • Während der Körperpflege sprechen wir möglichst wenig mit Frau Maier, sondern beschränken uns auf kurze verständliche Anweisungen.
  • Nach dem Waschen geben wir Frau Maier ggf. die Möglichkeit zum Ausruhen. Sie sitzt gerne in ihrem Sessel vor dem Balkonfenster.
  • Frau Maier erhält eine Digitaluhr (mit Ziffern statt Zeigern).
  • Wir prüfen, ob die Bewohnerin zumindest einzelne Phasen der Körperpflege übernehmen kann. Wir suchen dafür Sequenzen aus, die für die Bewohnerin wichtig sind, etwa das Putzen der Zähne oder das Auftragen der Gesichtspflegecreme.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller erlitt einen Gefäßverschluss durch ein Blutgerinnsel. Es bildete sich eine Hemiplegie mit einem Neglectphänomen.
  • Das Neglectphänomen erschwert die Körperpflege ebenso wie den Kleidungswechsel.
  • Das Neglectphänomen beeinträchtigt die Nahrungsaufnahme. Herr Müller isst regelmäßig nur eine halbierte Portion von der rechten Seite seines Tellers.
  • Herr Müller ist sehr sturzgefährdet. Er erkennt keine Hindernisse auf der mehr betroffenen Seite.
  • Die Pflegekraft stellt sich beim Waschen stets auf die mehr betroffene Seite. Herr Müller muss somit über die mehr betroffene Körperseite blicken, um die Pflegekraft zu sehen.
  • Die Waschrichtung erfolgt von der weniger betroffenen Seite in Richtung der mehr betroffenen Seite. Auf diese Weise werden Spürinformationen auf die mehr geschädigte Seite herüber getragen.
  • Herr Müller wird aufgefordert, mit dem Blick den Waschlappen zu fixieren und ihm auf die mehr betroffene Körperseite zu folgen.
  • Zum Abtrocknen benutzen wir ein raues Handtuch.
  • Das Auskleiden beginnt immer mit der weniger betroffenen Seite. Das Ankleiden beginnt stets mit der mehr betroffenen Seite. Es gilt: Der weniger betroffene Arm führt den mehr betroffenen Arm.
  • Wir drehen beim Essen den Teller regelmäßig und schulen damit die Wahrnehmung von Herrn Müller.
  • Bei allen Transfers wird Herr Müller von einer Pflegekraft unterstützt.
  • Wir begleiten Herrn Müller stets im Haus.
  • Die Pflegekraft nutzt alternativ zwei Waschlappen; je einen in der rechten und in der linken Hand. Sie wäscht den Bewohner beidseitig auf jeweils symmetrisch gegenüberliegenden Bereichen.
Fallbeispiel:
  • Frau Maier hat als Folge einer Hirnblutung und des dadurch ausgelösten Schlaganfalls ein "Pushersyndrom" entwickelt. Sie droht aus dem Stuhl oder aus dem Rollstuhl zu fallen.
  • Frau Maier hat ein stark eingeschränktes Sichtfeld aufgrund der Hemianopsie. Sie droht zu stürzen.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass beim Sitzen das Becken von Frau Maier symmetrisch ausgerichtet wird.
  • Die Sitzposition von Frau Maier wird etwa mit Kissen so weit stabilisiert, dass sie nicht mehr zur Seite kippen kann.
  • In keinem Fall versucht die Pflegekraft, die Position von Frau Maier zu korrigieren, indem sie sie von der mehr betroffenen Seite in Richtung der weniger betroffenen Seite schiebt. Dieses würde die Symptomatik verstärken.
  • Der weniger betroffene Arm wird als Orientierungshilfe auf einer horizontalen, festen Oberfläche abgelegt, also etwa auf einer Tischplatte.
  • Wir achten auf ein barrierefreies Zimmer und beseitigen Stolperfallen.
  • Die Zeit, die die Bewohnerin sitzend verbringt, wird nur schrittweise erhöht.
  • Die Maßnahmen im Rahmen der Sturzprophylaxe werden intensiviert. Insbesondere prüfen wir, ob die Bewohnerin Hüftprotektoren tragen sollte.
  • Für eine bessere Selbstwahrnehmung und räumliche Orientierung können vollverspiegelte Schranktüren sorgen.
  • Wir regen eine Vorstellung beim Augenarzt an, um das Ausmaß der Schädigungen feststellen zu lassen.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller hat einen schweren Schlaganfall erlitten. Er ist bettlägerig. Es droht die Entstehung eines Dekubitus.
  • Er leidet unter Bewusstseinsstörungen. Aufgrund des Krankheitsbilds muss mit Komplikationen gerechnet werden. Diese bedrohen das Leben des Bewohners, wenn sie nicht zeitnah erkannt werden.
  • Er leidet unter einer Fazialisparese. Das Augenlid kann nicht vollständig geschlossen werden. Das Auge droht auszutrocknen.
  • Bei Herrn Müller liegt eine Urininkontinenz als Folge der neurologischen Schädigungen vor.
  • Er leidet unter einer Stuhlverstopfung. Das starke Pressen führt zu einer Steigerung des Blutdrucks und erhöht das Risiko einer Nachblutung im Hirn.
  • Herr Müller wird regelmäßig umgelagert. Wir nutzen insbesondere die Lagerungsformen "Lagerung auf der betroffenen Seite" sowie "Lagerung auf der weniger betroffenen Seite".
  • Wir schützen das Auge durch Tropfen vor dem Austrocknen. Diese werden Herrn Müller alle drei Stunden appliziert.
  • Wir besuchen Herrn Müller einmal pro Stunde und sprechen diesen an. Wir prüfen, ob er ungewöhnlich benommen, schläfrig oder desorientiert ist.
  • Eine schnelle oder unerwartete Verschlechterung der Bewusstseinslage wird umgehend dem behandelnden Arzt mitgeteilt. Ggf. rufen wir den Notarzt.
  • Herr Müller wird mit "Pull-Ons" versorgt, um einen unfreiwilligen Harnabgang zu kompensieren.
  • Wir führen mit Herrn Müller ein Kontinenztraining durch.
  • Wir achten auf eine konstante Darmentleerung und führen ein regelmäßiges Darmtraining durch.
  • Wir verabreichen ggf. kurzfristig orale Abführmittel. Wir nutzen Abführzäpfchen.
  • Ggf. führen wir einen Einlauf durch.
  • Ggf. versorgen wir das Auge mit einem Uhrglasverband, um die Austrocknung zu verhindern.
  • Wir beachten, dass aufgrund der neuronalen Schädigungen das Schmerzempfinden des Bewohners reduziert sein kann. Er ist nicht in der Lage, auf die Schmerzimpulse der überbelasteten Haut zu reagieren. Die Umlagerungen erfolgen daher engmaschig.
  • Wenn eine neurogene Blasenentleerungsstörung vorliegt, so führen wir ggf. eine Einmalkatheterisierung durch.
  • Falls nötig wird ein suprapubischer Fistelkatheter gelegt.
  • Die Anlage eines transurethralen Dauerkatheters ist keine Option.
  • Wir erklären dem Bewohner, dass sich durch Toilettentraining die Kontinenz häufig wieder herstellen lässt.
  • Wir prüfen, ob Anticholinergika die Kontinenz fördern können.
Fallbeispiel:
  • Frau Maier hat sich nur teilweise von den Folgen eines Schlaganfalls erholt. Sie leidet unter einem Schulter-Hand-Syndrom.
  • Frau Maier leidet unter Apraxie. Sie ist nicht in der Lage, zielführend mit Gegenständen zu hantieren. Sie scheitert an komplexen Tätigkeiten, da sie die Reihenfolge der einzelnen Schritte durcheinanderbringt.
  • Bei Frau Maier liegt eine Agnosie vor. Sie gebraucht Gegenstände entgegen ihrer eigentlichen Funktion und Aufgabe (etwa eine Haarbürste, um sich die Zähne zu putzen).
  • Wir achten darauf, dass der venöse und der lymphatische Abfluss nicht behindert werden. Dieses ist insbesondere der Fall, wenn die Hand lange in einer abgeknickten Haltung gehalten wird.
  • Die Hand sollte leicht höher als der Ellenbogen gelagert werden.
  • Der Sitz der Kleidung wird überwacht, dieses insbesondere nach j

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