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Version 3.05a - 2017 |
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Standard
"Myokardinfarkt
(Herzinfarkt)" |
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In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 280.000 Menschen
einen Herzinfarkt. 65.000 davon, vor allem Senioren, überleben nicht.
Die Chancen wären bedeutend besser, wenn von der ersten Minute an die
richtigen Entscheidungen getroffen werden. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
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Standard "Myokardinfarkt
(Herzinfarkt)"
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Definition:
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- Ein Myokardinfarkt wird i. d. R. ausgelöst
durch den Verschluss einer Koronararterie durch einen Thrombus
(Blutpfropf). Diese Gefäßverlegung hat zur Folge, dass Teile des
Herzmuskels nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden.
Bereits nach 20 bis 30 Minuten Unterbrechung des Blutstroms beginnen
die Herzmuskelzellen abzusterben. Nach drei bis sechs Stunden ist die
Nekrotisierung so weit fortgeschritten, dass bleibende Schädigungen
zurückbleiben.
- Die Nekrose kann alle Herzwandschichten
erfassen oder auf Teilbereiche begrenzt bleiben. Je nach Lokalisation
des Geschehens wird zwischen Vorderwand-, Seitenwand- und
Hinterwandinfarkt unterschieden.
- Die Anfälle treten häufig bei körperlicher oder
bei psychischer Belastung auf. 40 Prozent aller Herzinfarkte ereignen
sich in den Morgenstunden, also von 6 Uhr bis 12 Uhr.
- Die Beschwerden eines Angina-Pectoris-Anfalls
können sehr leicht mit denen eines Herzinfarkts verwechselt werden.
- Ein kardiogener Schock ist ein
lebensgefährliches Kreislaufversagen, das zu gravierendem
Sauerstoffmangel in den Organen führt. Auslöser ist ein "Pumpversagen"
(primäres Herzversagen). Rund 10 Prozent der Herzinfarktpatienten sind
davon betroffen.
- Ein Herzinfarkt ist die zweithäufigste
Todesursache in Deutschland. Insgesamt erleiden pro Jahr ca. 280.000
Menschen einen Herzinfarkt. Davon versterben rund 65.000 Menschen.
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Grundsätze:
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- Hinweise und Äußerungen zu Schmerzen im
Brustkorb werden immer ernst genommen.
- Wenn hinreichende Anzeichen für einen
Herzinfarkt sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines
oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine
verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
- Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner
diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt
einschätzt.
- Zwar sind Männer bei Herzinfarkten häufiger
vertreten, dennoch muss auch bei Frauen bei Vorliegen der einschlägigen
Symptome stets an einen Herzinfarkt gedacht werden.
- Bei einem Herzinfarkt geht es zwar um Minuten,
dennoch dürfen Maßnahmen nicht überhastet werden.
- Die schriftliche Patientenverfügung wird
beachtet, insbesondere bei einer Reanimation.
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Ziele:
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- Ein Herzinfarkt wird schnell und korrekt
erkannt.
- Bis zum Eintreffen des Notarztes wird der
Bewohner korrekt versorgt.
- Der Bewohner überlebt. Die Schäden an der
Herzmuskulatur werden durch einen zeitnahen Therapiebeginn verringert.
- Die Schmerzbelastung wird minimiert.
- Eine Panik des Bewohners wird vermieden.
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Vorbereitung: |
allgemeine Maßnahmen
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- Die richtigen Maßnahmen nach einem Herzinfarkt
werden regelmäßig im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung thematisiert.
- Individuelle Risikofaktoren (s. u.) werden
durch eine Anpassung der Lebens- und Konsumgewohnheiten verringert.
Insbesondere soll der Bewohner Übergewicht abbauen und das Rauchen
einstellen.
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Risikofaktoren
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Je mehr
Risikofaktoren vorliegen, um so wahrscheinlicher ist es, dass der
Bewohner einen Herzinfarkt erleidet. Bei einem sehr hohen individuellen
Risiko rufen wir selbst dann einen Notarzt, wenn das Symptombild
tendenziell eher gegen einen Herzinfarkt spricht.
- männliches Geschlecht
- Lebensalter über 45 Jahre bei Männern; über 55
Jahre bei Frauen
- (stammbetontes) Übergewicht
- zu hohe Blutfettwerte
- Bewegungsmangel
- Bluthochdruck
- Nikotinkonsum
- Diabetes mellitus
- genetische Disposition für Sklerose
- emotionaler Stress
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achten auf Symptome
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Wir achten auf
Symptome, die auf einen Herzinfarkt schließen lassen. Diese ähneln dem
Beschwerdebild eines Angina-Pectoris-Anfalls. Die Symptome sind aber
ausgeprägter, dauern länger als 15 Minuten und bessern sich auch nach
einer Applikation von Nitroglyzerin nicht.
- Der Bewohner klagt über Schmerzen, insbesondere:
- plötzliche, sehr heftige Schmerzen im Brustraum
(Dieser sog. "Vernichtungsschmerz" tritt in zwei Dritteln der Fälle
auf.)
- ausstrahlende Schmerzen in die Arme, in den
Bauch, zwischen die Schulterblätter oder in den Unterkiefer
- Schmerzen, die länger als 15 Minuten anhalten
- Schmerzen, die deutlich stärker sind als bei
vorangegangenen Angina-Pectoris-Anfällen
- Schmerzen, die sich trotz Verabreichung der
Bedarfsmedikation (etwa Nitroglyzerinspray) nicht bessern.
- Schmerzen, die sich auch bei körperlicher
Entlastung nicht bessern.
(Hinweis: Es ist wichtig, den Bewohner möglichst umfassend zu befragen.
Also: Wo hat er Schmerzen? Seit wann treten die Beschwerden auf? Sind
die Schmerzen stärker bei Belastung oder im Liegen?)
- Bei jedem fünften Betroffenen, vor allem bei
Diabetikern, bei sehr alten Menschen und bei Frauen, kann der Infarkt
auch "stumm" auftreten, also annähernd beschwerdefrei. "Verdächtige"
Symptome sind in diesem Fall Luftnot, Schwindel, Engegefühl und
Herzrhythmusstörungen.
- Bei Frauen treten oft atypische Beschwerden
auf, etwa Oberbauchschmerzen.
- Es gibt weitere Symptome, etwa:
- Engegefühl (“Die Brust wird von einem
Eisenring eingeschnürt.”)
- Todesangst
- Unruhe
- Übelkeit und Erbrechen
- blasse oder fahlgraue Gesichtsfarbe
- kalter und klebriger Schweiß im Gesicht,
zumeist auf der Stirn oder über der Oberlippe
- verzerrter Gesichtsausdruck
- Atemnot, die ein Hinsetzen oder ein Hinlegen
erzwingt
- Blutdruckabfall, fadenförmiger Puls
- plötzlicher Kreislaufzusammenbruch, häufig
mit Bewusstlosigkeit und mit kardiogenem Schock
- Verwirrtheitszustände (als Folge der
Minderdurchblutung des Gehirns)
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Durchführung:
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Maßnahmen
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- Die Pflegekraft löst über die Rufanlage Alarm
aus und ruft weitere Kollegen herbei.
- Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt.
- Eine Pflegekraft bleibt permanent beim
Bewohner. Der Bewohner wird (soweit möglich) beruhigt.
(Hinweis: Wenn nur eine Pflegekraft vor Ort ist, muss diese den Notruf
schnellstmöglich absetzen. Es darf in der Hektik aber nicht dazu
kommen, dass wichtige Informationen nicht an die Notrufstelle
übermittelt werden.)
(Bild: Defibrillator AED Halbautomat)
- Sofern in der Einrichtung ein Defibrillator
vorhanden ist, wird dessen Einsatz vorbereitet.
- Bei Herz-Kreislauf-Stillstand wird der Bewohner
sofort reanimiert. Die Reanimation wird fortgesetzt, bis der Notarzt
eingetroffen ist oder bis das Herz des Bewohners wieder schlägt. Die
Reanimation sollte auf einer harten Unterlage erfolgen. In einem
weichen Pflegebett sollte ggf. ein Reanimationsbrett unter den
Brustkorb des Bewohners gelegt werden.
- Bei einem Schock wird nur leicht erhöht
gelagert. (Hinweis: Eine Kopftieflagerung ist zu vermeiden. Sie würde
den Sauerstoffbedarf des Herzens zusätzlich steigern.)
- Einengende Kleidung wird gelockert oder
entfernt.
- Die Vitaldaten werden ermittelt, insbesondere
Puls, Blutdruck, Atmung und Bewusstseinslage.
- Die Pflegekraft sorgt für Frischluftzufuhr.
Ggf. wird ein Fenster geöffnet. Wir stellen sicher, dass der Bewohner
nicht friert.
- Verschiedene Maßnahmen erfolgen nur nach
vorheriger ärztlicher Anweisung; ggf. im Rahmen einer Bedarfsmedikation:
- nasale Verabreichung von Sauerstoff; i. d. R.
zwei bis vier Liter pro Minute
- Applikation von ein bis zwei Hüben Nitrospray
unter die Zunge; dieses ab einem diastolischen Blutdruckwert über 100
mmHg.
- Bei einem kardiogenen Schock und bei einem
systolischen Blutdruck unter 100 mmHg sind Nitropräparate
kontraindiziert.
- Alle Maßnahmen und Medikamentengaben werden
(ggf. zunächst formlos) dokumentiert.
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Zusammenstellen der
Informationen
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Direkt nach dem
Notruf stellt eine Pflegekraft alle Informationen zusammen, die für die
weitere Behandlung des Bewohners relevant sein könnten, insbesondere:
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Herzinsuffizienz; Herzmuskelschwäche; Pflegeplanung; Standardpflegeplan; Herzkrankheit, koronare; KHK |
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Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
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bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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