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Version 2.05n - 2015

Standard "Lungenödem"

 
Ein Lungenödem zählt zu den Notfällen, die wenig Raum für Fehleinschätzungen lassen. Wenn Pflegekräfte die Gefahr nicht sofort und korrekt erkennen, kann es innerhalb von Minuten zum Atemstillstand und zum Tod kommen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Lungenödem"
Definition:
  • Ein Lungenödem ist eine krankhafte Ansammlung von seröser Flüssigkeit ("Transsudat") im Zwischengewebe der Lunge ("Interstitium"). Diese Flüssigkeit kann bis in die Lungenbläschen ("Alveolen") vordringen und die Funktionsfähigkeit der Lunge stören.
  • Häufig wird ein Lungenödem von einer dekompensierten Linksherzinsuffizienz ausgelöst. Dieses etwa als Folge eines Herzinfarktes oder einer Kardiomyopathie (Erkrankung des Herzmuskels). Die reduzierte Pumpfähigkeit des Herzens löst einen Blutrückstau im Lungenkreislauf aus. In der Folge erhöht sich der hydrostatische Druck in den Lungengefäßen. Es wird immer mehr Flüssigkeit in das Gewebe gepresst. Dieses führt dazu, dass der Gasaustausch massiv behindert wird.
  • Hervorgerufen werden kann ein Lungenödem auch von Infekten wie etwa von einer Pneumonie, von einem anaphylaktischen Schock oder durch den Kontakt mit toxischen oder mit reizenden Stoffen (Rauchgas). Weitere Auslöser sind Überwässerung bei Niereninsuffizienz oder Proteinmangel.
Grundsätze:
  • Ein Lungenödem ist ein lebensgefährlicher Zustand, der sofortiges Handeln erfordert.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für ein Lungenödem sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
Ziele:
  • Ein Lungenödem wird schnell und korrekt erkannt.
  • Bis zum Eintreffen des Notarztes wird der Bewohner korrekt versorgt.
  • Der Sauerstoffbedarf des Körpers wird gesichert. Das Herz wird entlastet.
  • Die Belastung durch Angst und durch Schmerzen wird minimiert.
Vorbereitung: Symptome
Wir achten auf die typischen Symptome eines Lungenödems:
  • Tachypnoe
  • angestrengte und flache Atmung
  • Husten
  • Engegefühl oder Schmerzen im Brustkorb
  • Atemnot (Asthma cardiale)
  • sog. "Distanzrasseln", also rasselnde oder brodelnde Atemgeräusche, die auch ohne Stethoskop wahrgenommen werden können (Es klingt, als würde man mit einem Strohhalm in ein mit Wasser gefülltes Glas pusten.)
  • schaumiges Sputum mit Blutbeimengung
  • motorische Unruhe
  • Erstickungsangst
  • Schweißausbruch, insbesondere kalter Schweiß
  • Zyanose (violette bis bläuliche Verfärbung der Haut, der Schleimhäute, der Lippen und der Haut unter den Fingernägeln)
  • ggf. alternativ aschfahle Haut
  • periphere Venen und Halsvenen sind gestaut
  • Herzfrequenz steigt
  • starke Schwankungen des Blutdrucks
Hinweis: Ein Lungenödem kann durch verschiedene Kriterien von einem Asthmaanfall unterschieden werden. Bei einem Lungenödem ist die Haut kaltschweißig. Die Atemgeräusche sind "feucht". Bei einem Asthmaanfall ist die Haut meist trocken. Die Atemgeräusche erinnern eher an ein Pfeifen. Die Ausatmung ist verlängert und erschwert.
Durchführung: erste Maßnahmen
Wir handeln, sobald es hinreichende Indizien für ein sich entwickelndes Lungenödem gibt.
  • Wir verständigen den Arzt/Notarzt.
  • Die Krankenhauseinweisung wird vorbereitet. Um dem behandelnden Arzt die Diagnose zu erleichtern, stellen wir zentrale Informationen zum allgemeinen Gesundheitszustand des Bewohners zusammen. Dazu zählen insbesondere Grunderkrankungen mit einem ähnlichen Krankheitsbild wie etwa Asthma bronchiale oder Lungenfibrose.
  • Die Pflegekräfte sollten Ruhe ausstrahlen und Hektik vermeiden.
  • Der Bewohner wird bis zum Eintreffen des Arztes nicht allein gelassen.
  • Die Atemwege werden freigemacht.
  • Einengende Kleidung wird geöffnet.
  • Der Bewohner erhält keine Getränke.
  • Die Vitalwerte werden engmaschig überwacht, insbesondere Blutdruck, Puls und Atmung.
  • Wir prüfen den Bewusstseinszustand des Bewohners.
  • Der Zustand der Haut wird erfasst, insbesondere eine ggf. auftretende Blässe oder Zyanose.
  • Die Farbe und die Konsistenz des Sputums werden erfasst.
  • Alle Werte, Beobachtungen und durchgeführte Maßnahmen werden dokumentiert und dem eintreffenden Arzt/Notarzt mitgeteilt.
Oberkörperhochlagerung
Wenn der Bewohner in flacher Rückenlage liegt, intensiviert sich die Atemnot. Der Bewohner wird daher in eine sog. "Herzbettlagerung" gebracht. Dabei werden der Oberkörper erhöht und die Beine zur Herzentlastung tiefer gelagert. Die Arme werden ggf. durch Kissen hoch gebettet. Diese Position hat verschiedene Auswirkungen:
  • Der venöse Rückfluss zum Herzen wird reduziert und der Blutdruck im Lungenkreislauf abgesenkt.
  • Die Atem- und die Atemhilfsmuskulatur sind frei beweglich, wenn die Arme mit einem Kissen unterlagert sind. Der Bewohner kann die Muskulatur besser nutzen und leichter atmen. Oft verwenden Bewohner auch die Atemhilfsmuskulatur, indem sie die Hände auf den Oberschenkeln oder auf der Matratze abstützen.
  • Es kann zu einer Minderdurchblutung von lebenswichtigen Organen kommen. Daher ist diese Lagerung kontraindiziert, wenn der Bewohner einen schweren Schock erlitten hat und der Blutdruck sehr niedrig ist.
Unterstützung der ärztlichen Therapie
In enger Absprache mit dem Notarzt werden die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um das Leben des Bewohners zu retten. Sofern im Vorfeld bereits eine Bedarfsmedikation angewiesen wurde, wird das verordnete Medikament jetzt appliziert.
  • Falls notwendig werden die Atemwege abgesaugt.
  • Über eine Nasensonde oder über eine Maske erhält der Bewohner bis zu zehn Liter Sauerstoff pro Minute. Durch diese Gabe wird die gestörte Sauerstoffaufnahme der Alveolen kompensiert. Wir lindern damit die subjektive Atemnot und beugen einer Hypoxie (Sauerstoffmangel im Gewebe) vor. (Hinweis: Die Dosierung ist umstritten. Viele Mediziner halten in dieser Situation zwei Liter Sauerstoff pro Minute für ausreichend.)
  • Der Bewohner erhält ggf. zwei Hübe Nitroglycerin sublingual.
  • Der Bewohner erhält ggf. rasch wirkende Diuretika.
  • Die Herzleistung wird ggf. durch die Verabreichung von Dobutamin gesteigert.
  • Wir wirken beruhigend auf den Bewohner ein, da dieser ggf. Todesangst hat.
  • Wenn der Bewohner sehr unruhig ist, erhält er eine geringe Dosis Diazepam oder Morphin. Beide Stoffe senken den durch die Panik und durch das hektische Atmen erhöhten Sauerstoffbedarf. Die Atemtiefe wird erhöht. Wir beachten, dass solche Arzneimittel atemdepressiv wirken können.
Nachbereitung: Organisation
nach Abfahrt des Bewohners im Rettungstransportwagen
  • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Ggf. werden die Angehörigen informiert.
Prognose
  • Ein Lungenödem ist eine ernste Bedrohung für die Gesundheit des Bewohners. Insbesondere bei Multimorbidität besteht Lebensgefahr. Die Überlebenschancen sind abhängig von der auslösenden Krankheit, von den Begleiterkrankungen des Bewohners sowie von der intensivmedizinischen Therapie.
  • Sobald der Bewohner stabilisiert ist, muss die Grunderkrankung therapiert werden. Also: Behandlung der Linksherzinsuffizienz, Dialyse bei Niereninsuffizienz, Behandlung eines allergischen Schocks usw.
  • Bei Bewohnern mit einer Herzinsuffiziens oder etwa einer COPD legen wir eine Risikoerfassung an, da diese das Risiko haben wiederholt ein Lungenödem zu entwickeln. Des Weiteren wird bei dieser Gruppe auch zukünftig eine engmaschige Gewichtskontrolle durchgeführt.
  • Durch ein Lungenödem steigt das Risiko, in den Tagen und Wochen nach dem Vorfall eine Pneumonie zu erleiden (sog. "Stauungspneumonie").
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Lungenödem; Lunge; Ödem; Notfall; Herzinfarkt; Heparin; Myokardinfarkt
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