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Version 1.08b |
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Pflegebericht:
Mehr Mut zur Lücke! |
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In vielen Pflegeteams hält sich hartnäckig
der Mythos, dass täglich etwas in den Pflegebericht eingetragen
werden sollte. Wenn der Tag ereignisreich war, ist es sicherlich
kein großes Problem, die Spalte im Dokumentationsbogen sinnvoll
zu füllen. Doch was eintragen, wenn es ein völlig ereignisloser
Tag war? |
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SIS-Dokuschule
(Teil 1): Was gehört in den Pflegebericht? |
- Schon
im alten AEDL-System ist das Berichteblatt oftmals die Rumpelkammer der
ganzen Dokumentationsmappe. Hier reihen sich Belanglosigkeiten
aneinander, dazu persönliche Wertungen und vor allem Daten, die
eigentlich in andere Dokumentationsbögen gehören. All das soll sich mit
Einführung des neuen Strukturmodells ändern. Das Bundesministerium für
Gesundheit verspricht auf seiner Homepage:
- “Im
Berichteblatt werden vor allem auftretende Abweichungen von der
geplanten grundpflegerischen Versorgung und Betreuung dokumentiert -
dadurch wird nicht nur ‘Schreibaufwand’ gespart, sondern tatsächlich
relevante akute Veränderungen können schneller erkannt werden.”
- Die Logik dahinter: Für jeden Bewohner wird
eine umfassende
Maßnahmenplanung erstellt. Im Pflegebericht werden dann nur noch die
Abweichungen und die Begründungen für diese Diskrepanzen vermerkt. Wenn
also eine Leistung ausfällt, wenn eine Maßnahme anders als geplant
durchgeführt wird oder wenn eine zusätzliche Handlung ‘außer der Reihe’
notwendig ist. Bei näherer Betrachtung jedoch schmilzt der
Einsparungseffekt merklich zusammen. Zunächst muss investiert werden;
etwa in ein QM-Handbuch. Alle wichtigen Pflege- und Betreuungsmaßnahmen
müssen durch Standards präzise beschrieben werden. Selbst wenn bei der
Erstellung dieser Dokumente Mustertexte genutzt werden, ist das ein
hartes Stück Arbeit. Hinzu kommt, dass die Standards auch in die Praxis
umgesetzt werden müssen. Das erfordert intensive Einarbeitung,
Schulungen und Pflegevisiten.
- Und auch dann ist der Pflegebericht weit davon
entfernt, lediglich als
Auflistung von Normabweichungen zu dienen. Selbst in den “offiziellen”
Ein-Step-Schulungsunterlagen wird betont, welch bedeutendes Dokument
der Pflegebericht ist:
- “Ziel
ist es, im Berichteblatt sämtliche tagesaktuellen Informationen zur
Situation der pflegebedürftigen Person, zu Änderungen in der aktuellen
Versorgung oder notwendigen Beobachtungen sowie akuten Ereignissen in
einem Dokument, nachvollziehbar allen Beteiligten zur Verfügung zu
stellen.”
- Gehen wir also ins Detail. Nutzer des
AEDL-Systems werden dabei das
eine oder andere Déjà-vu erleben. Denn im Kern gelten hier die gleichen
Fallstricke wie im Krohwinkel-Modell. Oder anders ausgedrückt: Alles,
was einen AEDL-Bericht künstlich aufbläht, hat im neuen Strukturmodell
eine ähnliche Wirkung. Und ein gut geführter AEDL-Bogen hat
erstaunliche Ähnlichkeit zum Idealbild eines SIS-Berichts.
Welchem Zweck dient
der Pflegebericht?
- Im Pflegebericht werden Ereignisse,
Beobachtungen und Veränderungen
gesammelt. Alle an der Pflege und Versorgung beteiligten Personen
sollen ein schnelles Update über die tagesaktuelle Situation des
Bewohners erhalten, also:
- aktueller Zustand des Bewohners
- mentale und körperliche Veränderungen
- Geschehnisse und Vorkommnisse, die Relevanz
für
die pflegerische Versorgung haben
- Verlaufsbeschreibungen, also etwa
Gewichtsverläufe sowie Erfassung von Trinkmengen
- Erfolge oder Misserfolge von Therapien
- Wirkung von pflegerischen Maßnahmen
- Reaktion des Bewohners auf durchgeführte
Pflegemaßnahmen
- Ablehnung von Pflegemaßnahmen
- Wünsche, Kritik und Beschwerden
- Erbringung von nicht geplanten Maßnahmen
- Entfall von geplanten Maßnahmen
- Durchführung von Pflegemaßnahmen, die vom
Maßnahmenplan abweichen
Konzentration auf
das Wesentliche
- Gleichwohl ist der Pflegebericht nicht die
Müllhalde für alle möglichen
Informationen. Wenn der Pflegebericht mit überflüssigen oder mit
fehlplatzierten Eintragungen überfrachtet wird, gehen die wichtigen
Daten unter. Das Berichtsblatt ist vor allem kein Leistungsnachweis.
Reguläre Pflegemaßnahmen, die in der Maßnahmenplanung so vorgesehen
sind, werden nicht vermerkt. Insbesondere dann nicht, wenn sie bereits
an anderer Stelle abgezeichnet wurden. Etwa:
- Ganzkörperwaschung am Waschbecken durchgeführt
- Verbandswechsel durchgeführt
- Hautpflegemittel aufgetragen
- Bett bezogen
- Beobachtungen, die keine Pflegerelevanz haben,
finden keinen Eingang in
den Pflegebericht. Beispiel: Die Pflegekraft dokumentiert und
kritisiert das Verhalten der erwachsenen Kinder eines Pflegebedürftigen.
- “Die Kinder ärgern die Bewohnerin.”
- Dieses wäre nur dann relevant, wenn es direkte
Auswirkungen etwa auf
das Verhalten eines Demenzkranken hätte. Beispiel:
- “Beim Besuch ihrer Kinder kam es offenbar
zu einem Streit. Die
Bewohnerin ist nach dem Besuch sehr aufgewühlt, beklagt sich über ihre
Kinder und nimmt kein Abendbrot zu sich.”
- Medizinische Diagnosen gehören ebenfalls nicht
in den Pflegebericht, da
dieses Aufgabe des Arztes ist. Etwa:
- “Der Bewohner hat eine Mandelentzündung.”
- Richtig wäre eine bloße Beschreibung der
Situation. Also:
- “Der Bewohner klagt über Halsschmerzen und
hat Fieber. Bei der
Mundpflege fallen eine Rötung der Mandeln und ein gelblicher Belag auf.”
- Viele scheinbare Belanglosigkeiten können
durchaus Relevanz für die
Pflege haben, wenn die notwendigen Begleitinformationen im
Pflegebericht zu finden sind.
- “Bewohnerin war zur Maniküre im
Kosmetikstudio.”
- Ein solcher Vermerk ist bedeutungsarm, weil der
pflegerische Kontext
fehlt. Also etwa, dass die Bewohnerin mit ihrer Enkelin unterwegs war
und die 500 Meter erstmals mit einem Rollator zurücklegte. Danach war
sie so glücklich über ihre neuen Fingernägel, dass sie die Schmerzen
der zurückliegenden Hüftoperation nicht so intensiv wahrnahm und somit
ausnahmsweise kein Bedarfsmedikament brauchte.
- Auch die Eintragungen zur Arbeit von externen
Partnern sollten
zumindest die wichtigsten Daten enthalten. Hier zumindest fehlen sie:
- oder
- “Krankengymnastik war da.”
- Beides ist formal richtig, aber nichtssagend,
da die Resultate fehlen.
Etwa, dass der Arzt mit dem Heilungsfortschritt der Pilzinfektion
zufrieden ist und die Salbe in der nächsten Woche absetzen will. Oder
dass die Krankengymnastin darüber klagt, dass der Bewohner in seiner
Freizeit die Übungen nicht eigenverantwortlich durchführt.
Wie oft wird
dokumentiert?
- Leere Spalten im Pflegebericht machen
Pflegedienstleitungen nervös. Und
das mit gutem Grund. Wenn es offenbar über Tage oder über Wochen hinweg
keine berichtenswerten Vorkommnisse gibt, vermutet der MDK nicht
selten, dass die Pflegekräfte schlichtweg nicht aufmerksam genug waren.
Tatsächlich ist es ja eher unwahrscheinlich, dass der mentale und der
körperliche Zustand eines Pflegebedürftigen tatsächlich über einen so
langen Zeitraum vollständig unverändert bleibt. Und es wird auch
niemand glauben, dass es über 14 Tage kein pflegerelevantes Ereignis im
Leben des Bewohners gab.
- Aus dieser Notlage heraus hat es sich in vielen
Pflegeteams
eingebürgert, zumindest einmal in der Woche einen Eintrag vorzunehmen,
ganz egal, wie banal oder inhaltsfrei dieser ist. Nicht selten ist es
sogar üblich, dass zwangsweise jede Schicht für jeden Bewohner
zumindest einen Eintrag vornimmt.
- Dieses mag im Einzelfall phasenweise Sinn
haben. Wenn ein Bewohner aus
dem Krankenhaus zurückkehrt, sollten sein Verhalten und sein Zustand in
den ersten Tagen genau beobachtet werden. Entsprechend viel gibt es zu
dokumentieren. Im ‘Normalbetrieb’ hingegen führt eine
Dokumentationspflicht zu sinnfreien Eintragungen. Da wird dann etwa
vermerkt, dass Frau Meier eine Dauerwelle erhielt, Herr Müller zum
Geburtstag ein “Mensch ärgere dich nicht”-Spiel erhielt oder dass Herr
Schulze beim Bingo ein Schreibset gewann.
Wie geht es besser?
- Welche Alternative bleibt also? Nichts
schreiben, weil es nichts zu
berichten gibt? Formell ist das korrekt. Wesenskern des neuen
Strukturmodells ist es, dass nur dann dokumentiert wird, wenn etwas
Relevantes passiert ist, was von der geplanten Routine abweicht.
- So richtig neu ist dieser Denkansatz aber
nicht. Selbst im AEDL-System
gibt es keinen Zwang, wöchentlich, täglich oder gar zu jeder Schicht
etwas zu dokumentieren. Auch hier war es schon immer zulässig, nur
jeden zweiten oder dritten Tag etwas niederzuschreiben, wenn es beim
Bewohner keine Auffälligkeiten gibt.
- Erst mit steigendem Pflegegrad (sprich: bei
mehr Pflegebedürftigkeit)
ist davon auszugehen, dass eine tägliche Eintragung notwendig ist, um
eine aussagefähige Berichterstattung zu gewährleisten. Das ist aber nur
eine Tendenz. Eine starre Regel sollten Sie daraus nicht ableiten. Bei
einem immobilen Bewohner mit Pflegegrad 5 kann weniger Berichtsarbeit
anfallen, als bei einem mobilen Bewohner mit Pflegegrad 3. Etwa, wenn
dieser dement und herzkrank ist. Im ambulanten Bereich ist weniger der
Pflegegrad als vielmehr die Anzahl der Pflegeeinsätze maßgeblich. Je
häufiger der Klient aufgesucht wird, um so mehr sollte es zu beobachten
geben. Und somit auch mehr Einträge im Pflegebericht.
- Pflegekräfte, die mit offenen Augen an ihre
Arbeit gehen, werden also
immer wichtige Themen finden, die in den Pflegebericht gehören. War der
Bewohner wegen eines Krimis im Fernsehen verängstigt und danach
verwirrter als sonst? Hat ein sonst apathischer Bewohner mit
fortgeschrittener Demenz unvermittelt ein altes Gedicht aufgesagt? All
das sind wichtige Details für die Pflege und somit auch relevant für
den Pflegebericht.
- Wochenlang leere Berichtsblätter sind schon
deshalb unvorteilhaft, weil
normalerweise eine Pflegekraft morgens nach dem Befinden des Bewohners
fragen sollte. Und dieser wird ja nicht tagtäglich mit “gut” antworten.
Er wird sicherlich auch mal sagen: “Ich habe schlecht geträumt”. Oder:
“Meine Schulter schmerzt etwas”. All das wären Eintragungen im
Berichteblatt.
Positiv denken!
- Viele Pflegeteams tendieren dazu, im
Pflegebericht nur negative
Entwicklungen und Beobachtungen zu dokumentieren; also etwa körperliche
Vorkommnisse wie Atemnot, aggressives Verhalten oder Schmerzen. Bei den
mentalen Auffälligkeiten werden dann häufig Unruhezustände, Apathie
oder Desorientierung festgehalten. Tatsächlich jedoch eignet sich der
Pflegebericht auch dazu, erfreuliche Beobachtungen schriftlich zu
fixieren. Die SIS-Schulungsunterlagen sind da eindeutig:
- In der grundpflegerischen Versorgung (..)
konzentrieren sich künftig
die Aufzeichnungen im Berichteblatt (...) auf das Dokumentieren von
Abweichungen und tagesaktuellen Ereignissen, wobei Abweichungen sowohl
positiver als auch negativer Art Berücksichtigung finden.
- Ein paar Beispiele dafür:
- Herr Müller hatte heute Besuch von seinem
Enkel. Beide spielten mehrere
Runden Schach. Herr Müller sagt, dass er sich sehr darüber freut, sein
altes Hobby wieder aufgenommen zu haben. Er möchte zukünftig häufiger
spielen und dafür seinen Schachcomputer verwenden.
- Frau Müller und Frau Schulze haben heute
lange
miteinander gesprochen
und einen alten Streit beigelegt. Frau Müller äußert sich darüber sehr
zufrieden. Nach ihrer Aussage lag ihr der Konflikt in den letzten
Wochen sehr auf der Seele. Sie hofft, die Freundschaft zu Frau Schulze
wieder aufnehmen zu können.
- Sofern möglich kann das Geschehene auch in
direkter Rede wiedergegeben
werden. Die Pflegekraft schreibt also wortwörtlich das auf, was der
Bewohner sagt.
- Positive Einträge haben gleich einen doppelten
Nutzen. Zunächst können
Sie damit recht anschaulich belegen, wie wichtig Ihrem Pflegeteam das
Wohlbefinden der Bewohner ist. Gleichzeitig haben Sie interessante
Einträge auch in solchen Phasen, in denen es nur wenige relevante
Vorkommnisse für den Pflegebericht gibt.
Betreuungskräfte
können auch dokumentieren
- In vielen Pflegeteams fällt das Führen der
Pflegedokumentation exklusiv
in den Aufgabenbereich der Pflegefachkräfte. Dieses vielleicht, weil
man Angst hat, dass Pflegehelfer oder Betreuungskräfte falsch
eintragen. Dieses ist jedoch in vielen Fällen nicht nur unbegründet, es
widerspricht auch dem Grundgedanken des neuen Strukturmodells. So steht
es auch in den SIS-Schulungsunterlagen:
- “In dem Berichteblatt nehmen künftig alle
an der Pflege und Betreuung
beteiligten Personen, z. B. Angehörige anderer therapeutischen
Fachberufe und der sozialen Betreuung aber auch die zusätzlichen
Betreuungskräfte (gem. §§ 45b und 43b SGB XI) ihre Eintragungen vor.”
- Diese Pflicht zum Teamwork ist neu. Sie wird
erstmals im neuen
Strukturmodell konsequent umgesetzt.
Externe Partner
- Die Versorgung der Bewohner erfolgt häufig in
enger Kooperation mit
externen Partnern, etwa mit dem Hausarzt, mit dem Facharzt, mit der
Fußpflege, mit dem Friseur, mit dem Physiotherapeuten oder mit dem
Ergotherapeuten. Hinzu kommen dann auch noch Logopäden, Wundmanager
oder Ernährungsberater. Sofern ein kollegiales Verhältnis besteht,
erfahren Pflegekräfte im Dialog mit diesen externen Partnern viele
Informationen, die in den Pflegebericht gehören.
- Bislang ist es häufig so, dass Pflegekräfte
diese Informationen
stellvertretend für den externen Partner im Bericht festhalten. Das
muss nicht sein. Denkbar ist auch, dass die externen Partner bei
Hausbesuchen eigenständig in den Pflegebericht eintragen. Damit lassen
sich insbesondere Missverständnisse und Übertragungsfehler verhindern.
- Es gibt aber auch Einschränkungen. Externe
Partner und vor allem Ärzte
sind nicht verpflichtet, die Pflegedokumentation der Einrichtung zu
nutzen. Hinzu kommen datenschutzrechtliche Vorgaben, da die externen
Partner Zugriff auf sensible persönliche Daten des Bewohners erhalten.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die externen Partner überhaupt in
der Lage sind, beispielsweise eine EDV-gestützte Pflegedokumentation zu
bedienen.
Lesen und vergessen?
- Die von Betreuungskräften oder von externen
Partnern eingetragenen
Informationen müssen natürlich beachtet werden. Vermerke von
Ergotherapeuten etwa können dazu führen, dass die Maßnahmenplanung
überdacht wird. Die Schulungsunterlagen sind eindeutig:
- Hierzu gehört es auch, die Eintragungen im
Berichteblatt, welche dort durch Betreuungskräfte oder andere
beteiligte Professionen vorgenommen werden, einzubeziehen.”
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Pflegedokumentation;
Dokumentation; Pflegebericht; Berichtsblatt |
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diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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