Berichtsblatt
Das Berichtsblatt ist das wichtigste Blatt in der
gesamten Pflegedokumentation. Denn hier wird täglich der Ist-Zustand
eines Bewohners erörtert. Dieser Ist-Zustand wirkt sich direkt auf die
Pflegedokumentation und insbesondere auf die Pflegeplanung aus.
Die Pflegeplanung beschreibt den Soll-Zustand, der
etwa in vier Wochen erreicht werden sollte. Dies geschieht mit der
Absicht, dass die geplanten Maßnahmen den Zustand des Bewohners
mindestens erhalten, wenn nicht sogar verbessern.
Das Berichtsblatt ist als tägliche Auswertung der
Pflegeplanung zu verstehen. Also sollte man sich Folgendes fragen:
- Wie fühlt sich der Bewohner bei den
Pflegemaßnahmen?
- Sind die Maßnahmen realistisch?
- Führen sie zum gewünschten Erfolg?
- Gibt es drastische Verbesserungen oder
Verschlechterungen?
- Was verhindert ggf., dass das Ziel erreicht
wird?
Somit ist das Berichtsblatt die Schnittstelle zu
allen anderen Pflegedokumentationsblättern.
Informationen und Reaktionen der Bewohner auf die
Pflege gibt es täglich genügend. Oft werden diese in den Übergaben auch
ausführlich mündlich weitergegeben, aber in den Berichtsblättern sind
sie dann häufig nicht wieder zu finden. Ein Grund dafür ist, dass die
Pflegekräfte in vielen Fällen nicht zeitnah dokumentieren. Es passiert
viel, und am Ende der Schicht fehlt die Konzentration, manchmal auch der
Wille und die Zeit, alles nachträglich aufzuschreiben. So kommen dann
häufig folgende Sätze zustande:
In der Übergabe wird dann aber tatsächlich
diskutiert, ob der Lagerungs- und Bewegungsplan bei Herrn Maier nicht zu
ändern wäre. Und ob er am Vormittag und Nachmittag noch zwei Stunden am
Stück im Sessel sitzen sollte, da eine rote Stelle am Gesäß aufgetreten
ist, die sich mit dem Fingertest nicht wegdrücken lässt.
Solche Differenzen zwischen mündlicher Weitergabe
und Dokumentation lassen dann in schöner Regelmäßigkeit die
Qualitätsbeauftragte und die Pflegedienstleitung verzweifeln. Und man
möchte manchen Pflegekräften zurufen: "Warum schreibt ihr das nicht
einfach?"
Um dieses Beispiel weiter zu treiben:
Stellen Sie sich vor, es gäbe keine mündliche
Übergabe. Resultat: Die nachfolgende Schicht wüsste nichts von der roten
Stelle und dem Ergebnis des Fingertests, da keine Einträge im
Berichtsblatt zu finden sind. Der Bewohner würde wieder zwei Stunden am
Stück in den Sessel mobilisiert. Der Dekubitus verschlimmert sich.
Die Mitarbeiter sollten zur eigenen Absicherung
den Grundsatz beherzigen: "Wer schreibt, der bleibt!" Und wer nicht
schreibt, hat im Zweifelsfall ein Problem mit dem Arbeitgeber, den
Angehörigen oder sogar noch schlimmer vor Gericht . Dabei ist es gar
nicht so schwer, das Berichtsblatt vernünftig zu führen - wenn einige
Regeln beachtet werden.
Hier folgt eine Auflistung, bei welchen Anlässen
im Berichtsblatt dokumentiert werden sollte:
Notfälle und die Reaktionen darauf:
Fatal wäre folgende Dokumentation:
Zugegeben: Diese Dokumentationsabfolge würde heute
(nach vielen, vielen Schulungen) in keiner Pflegedokumentation mehr so
stehen, hoffentlich!
Hier fehlt es an allem:
- Kein Ereignishergang, nicht im Berichtsblatt
oder in einem extra Sturzprotokoll.
- Ist die Pflegekraft beim Sturz dabei gewesen?
- Keine Hinweise darauf, welche
Notfallmaßnahmen ergriffen worden sind, um Verletzungen
auszuschließen.
- Kein Hinweis auf psychosoziale Betreuung.
- Kein Hinweis an die Kollegen, häufiger bei
der Bewohnerin nachzuschauen.
- Nicht auf den Grund gegangen, warum die
Bewohnerin kein Mittagessen haben wollte, evtl. Schmerzen, Angst?
Nach einem Sturzereignis kann es der Bewohnerin nicht "gut" gehen.
Häufige Folge von Sturzereignissen ist nach dem Schock eine tiefe
Verunsicherung, bei der die Bewohner die Konsequenz ziehen, sich
eben nicht mehr zu bewegen und zu gehen. Sie legen zukünftig eine
Vermeidungsstrategie an den Tag. Und wie heißt es so schön: "Wer
rastet, der rostet." Damit ist die Immobilität vorprogrammiert.
- Keine Analyse, warum es überhaupt zum Sturz
kam.
- Folge: Frau Müller erlitt schwere innere
Blutungen und ist im Krankenhaus verstorben.
Abweichungen von den geplanten Pflegemaßnahmen:
Wenn eine Pflegekraft von einer geplanten Maßnahme
abweicht, hat sie meistens gute Gründe dafür. Wichtig ist, dass diese
Gründe auch wirklich schriftlich vorliegen.
Ein Beispiel:
Eine Angehörige kommt regelmäßig nachmittags zu
Besuch. Die Mutter sitzt normalerweise zu dieser Zeit immer in ihrem
Sessel. Seit mehreren Tagen aber ist die Mutter ständig erschöpft,
beinahe wäre sie schon aus dem Sessel herausgekippt. Deshalb wurde
erstmal beschlossen, sie nachmittags nicht mehr in den Sessel zu
mobilisieren, bis sich ihr Zustand wieder verbessert. Nun sehen sich die
Pflegekräfte aber mit dem Vorwurf der Tochter konfrontiert, sie seien
wohl zu faul, um die Mutter in den Sessel zu setzen.
Dieser Vorwurf kann mit Hilfe des Berichtsblatts
leicht entkräftet werden:
Krankenbeobachtung, der Verlauf auch über Tage
hinweg, daraus resultierende Maßnahmen, etwa Infoweitergabe an den Arzt,
Krankenhauseinweisung:
Häufig findet man im Berichtsblatt, dass der
Bewohner sich nicht wohl fühlt und etwa über Kopfschmerzen oder
Bauchschmerzen klagt. Diese Information wird dann auch häufig von den
Pflegekräften dokumentiert. Nur fehlt dann in den folgenden Tagen
meistens eine schriftliche Reaktion der Pflegekräfte, wie mit dem
Problem umgegangen wurde. Dabei gilt auch hier der Grundsatz: "Wer
schreibt, der bleibt". Es sollten die darauf hin eingeleiteten Maßnahmen
und das Ergebnis dokumentiert werden.
Wünsche, Bedürfnisse, Beschwerden der Bewohner
und / oder der Angehörigen:
Diese Dinge sind sehr entscheidend für das
Wohlbefinden der Bewohner im Heim. Sie haben eine direkte Auswirkung auf
die Pflege und Betreuung. Häufig ist es auch so, dass diesen Wünschen,
Bedürfnissen und Beschwerden schnell nachgekommen wird. Es fehlt aber
immer wieder an der Dokumentation der Äußerungen. Das Berichtsblatt ist
der Ort dafür. Zitate der Bewohner sind ausdrücklich erlaubt.
Das tägliche Befinden des Bewohners
Manchmal argumentieren Pflegekräfte, wenn sie
tagelang nichts in das Berichtsblatt eingetragen haben, es gäbe wirklich
nichts Berichtenswertes bei einem Bewohner. Da dieser etwa immobil ist
und die Pflege und Betreuung reibungslos täglich gleich abläuft. Aber
selbst dann kann man, wenn man ehrlich ist, noch über den Bewohner
berichten.
Änderungen im Pflegebedarf, Verlauf beobachten,
Reaktion darauf, etwa einen Höherstufungsantrag stellen
Gerade bei einem Höherstufungsantrag ist die
Pflegedokumentation von entscheidender Bedeutung. Jeder, der einmal
einen Gutachter begleitet hat, kennt das Gefühl: "Hoffentlich ist die
Pflegedokumentation sauber geführt, hoffentlich muss ich mich nicht
wieder geschickt aus der Affäre ziehen."
Nur mit dem Berichtsblatt kann plausibel etwa ein
Mehraufwand dokumentiert werden. Aber auch nur, wenn die entsprechenden
Einträge über ein längeren Zeitraum reichen. Wie auch sonst kann ein
erhöhter Aufwand bei der Grundpflege geltend gemacht werden?
An- und Abwesenheit des Bewohners:
Bei den Zeiten der An- und Abwesenheit der
Bewohner geht es um die eigene Absicherung der Einrichtung, falls es zu
Versicherungs- oder Abrechnungsfragen kommt.
Bei so manchen Pflegedokumentationen in den
Einrichtungen sind viele Bewohner im Bermuda-Dreieck verschollen und nie
wieder aufgetaucht.
Arbeitsaufträge an Kollegen, die im
Zusammenhang mit der Pflege und Betreuung stehen:
Ob nun Arbeitsaufträge an Kollegen in der
Pflegedokumentation stehen sollten oder nicht, kann im Team besprochen
werden. Der Einfachheit halber und um Zeit zu sparen, können Dinge, die
direkt mit der Pflege und Betreuung zu tun haben, ruhig dokumentiert
werden. Zweite Möglichkeit: ein Organisationsbuch. Reparaturen,
Beschaffung von Rezepten oder die Klärung einer Begleitung zum Arzt
können hier auch festgehalten werden.
Zusammenfassung vorhergehender Berichtsblätter:
Im Sinne des schnellen informativen Überblicks
über vorangegangene Ereignisse, ist es sinnvoll, eine kurze
Zusammenfassung auf dem neuen Berichtsblatt zu schreiben.
Aus diesen gesamten anfallenden Informationen,
leiten sich dann nachvollziehbar die Veränderungen in den entsprechenden
weiterführenden Formblättern ab, etwa in der Pflegeplanung, im
Lagerungs- und Bewegungsplan sowie im Biografieblatt.
Vermeidung von Doppel- und
Dreifachdokumentationen:
Genauer unter die Lupe genommen werden müssen auch
die Doppel- oder Dreifachdokumentationen. Häufige Beispiele dafür sind
etwa:
- zwei Handzeichen für die Gabe eines Getränks,
einmal auf dem Trinkprotokoll und ein zweites Mal auf dem
Durchführungsnachweis
- zwei ausführliche Beschreibungen eines
Sturzherganges, einmal im Berichtsblatt und einmal im Sturzprotokoll
- mehrfache Handzeichen und Einträge, z.B.
darüber, wie viel ein Bewohner pro Mahlzeit gegessen hat im
Ernährungsprotokoll, im Durchführungsnachweis und im Berichtsblatt
- Mehrfache Handzeichen und Einträge etwa zum
letzten Stuhlgang im Durchführungsnachweis, Berichtsblatt und im
Dokumentationsblatt Toilettengänge / Inkontinenzversorgung
- Dokumentation der Vitalzeichen im
Berichtsblatt und auf dem Vitalwerteblatt plus der dreifachen
Handzeichen zusätzlich im Durchführungsnachweis.
Mit geschickter Organisation und Absprache im Team
lassen sich allein durch die Vermeidung der Mehrfachdokumentation schon
viele Minuten einsparen und an anderer Stelle sinnvoller einsetzen.
Um den Pflegebericht übersichtlich und effizient
zu halten, sollte der Zeitraum zum Nachlesen und zum Blättern immer ca.
einen Monat umfassen. Mit anderen Worten: Voll beschriftete
Berichtsblätter sollten nicht zu schnell ausgeheftet und archiviert
werden. Gerade Ärzte und Therapeuten benötigen öfter zurückliegende
Informationen, um ihre Maßnahmen bewerten zu können. Für die restliche
Pflegedokumentation ist ein Zeitraum von drei Monaten anzustreben (laut
MDK). |