das Altenpflegemagazin im Internet
www.altenpflegemagazin.de
Start Log-in Service Registrierung AGB+Datenschutz Suche / Stichwortindex Quiz Mobil Impressum

 

© pqsg 2008

Recht in der Pflege: Urkundenfälschung

 
Tipp-Ex© und Radiergummi; das waren bislang die klassischen "Tatwerkzeuge" für Urkundenfälschungen in der Pflege. Im Computerzeitalter kommt die "Delete"-Taste noch dazu. In den meisten Fällen bleiben die "Schönheitsreparaturen" unentdeckt. Doch wer erwischt wird, verliert wesentlich mehr als bloß den Job.
 
 
Die Pflegedokumentation gilt, sobald sie ausgefüllt wird, als Urkunde. Eine nachträgliche Änderung, also etwa das Streichen von Passagen oder inhaltliche Ergänzungen, sind gemäß § 267 Abs. 1 StGB eine Urkundenfälschung. In der Praxis fällt es jedoch oft schwer, eine klare Grenze zu ziehen. Einige Beispiele:
  • Die Pflegedienstleitung Fr. Maier zeichnet mit dem Kürzel von Fr. Müller in der Pflegedokumentation ab, da Fr. Müller das Abzeichnen vergessen hat. Dieses ist eine Urkundenfälschung. Dabei ist es unerheblich, ob die Eintragung wahr oder frei erfunden ist.
     
  • Strafbar ist auch das Verfälschen einer Pflegedokumentation. Dieses ist der Fall, wenn die Pflegedienstleitung eine (vermeintlich) unvollständige oder fehlerhafte Dokumentation berichtigt und dabei den gedanklichen Inhalt verändert. Wenn eine Dokumentation verändert oder ergänzt wird, müssen die betroffenen Passagen gekennzeichnet werden; etwa mit "abgeändert am … durch …" oder "ergänzt am … durch …"
     
  • Fehlerhafte Eintragungen werden durchgestrichen und gegengezeichnet. Der Text muss dabei leserlich bleiben. Die Nutzung von Tipp-Ex©, Radierungen oder Überklebungen ist verboten. Nicht erlaubt ist auch das Ersetzen einzelner Dokumentationsbögen durch komplett neu erstellte Dokumente.
     
  • Wenn eine Pflegekraft eine Eintragung vergisst, so kann sie diese am nächsten Tag nachholen. Allerdings muss der Mitarbeiter dokumentieren, dass der Eintrag verspätet erfolgte.
     
  • Keine Urkundenfälschung liegt vor, wenn die Dokumentation überhaupt nicht dazu gedacht war, für andere zugänglich gemacht zu werden. Beispiel: Im Rahmen einer internen Weiterbildung wird am Beispiel eines realen Bewohners das Führen der Pflegedokumentation geübt. Die Seminarleiterin trägt in die Übungsdokumentation verschiedene Leistungen ein, die sie natürlich niemals real erbracht hat. Nach der Schulung werden die Bögen vernichtet.

Für EDV-gestützte Dokumentationen gelten die gleichen Regeln. Das Verändern oder Löschen von Eintragungen ist verboten. Ohnehin akzeptiert der MDK zumeist nur solche Systeme, die gegen Manipulationen geschützt sind und verschiedene Sicherheitsmerkmale aufweisen. Etwa:

  • Die Software stellt sicher, dass einmal vorgenommene Eintragungen später nicht spurenfrei manipuliert werden können. Bei Änderungen wird ein entsprechender Protokollhinweis automatisch mitgespeichert.
     
  • Durch den Passwortschutz können nur autorisierte Personen Eintragungen vornehmen. Das Programm erkennt also, wer ein Dokument anlegen, lesen oder verändern darf.
     
  • Es werden regelmäßig fälschungsgeschützte Sicherheitskopien erstellt, die den tagesaktuellen Zustand der Dokumentation abbilden.

Zum Glück für die Pflegekräfte klicken nicht nach jedem Tipp-Ex©-Einsatz gleich die Handschellen. Aber oftmals werden Mitarbeiter gegen ihren Willen in derartige Verbrechen hineingezogen.

  • Im TV-Interview berichte eine Pflegekraft: "Die Pflegedokumentation wurde eigentlich regelmäßig gefälscht. Wir wurden dazu ja auch angewiesen. Wir haben mehrere Male darauf hingewiesen, dass wir alleine schon Urkundenfälschung machen würden. Aber man hat uns dann gesagt in dem Fall, das ist unser Geld und wir kriegen nur das bezahlt, was wir dann auch eintragen. Und es hat keine Rolle gespielt, ob wir darauf hingewiesen haben oder nicht. Wir haben Urkundenfälschung begangen, wir haben falsche Aussagen eingetragen. Alles mit Zustimmung der Stationsleitung bzw. der Geschäftsführung." (Kontraste©, Sendung vom 14. August 2003)
     
  • Und wenn die Mitarbeiter beim Schmu nicht freiwillig mitmachen, greift manch Übeltäter auch selbst zum Stift und fälscht hundertfach Handzeichen. Fast 500.000 Euro landeten zu Unrecht auf dem Konto einer Einrichtung in Aachen. So wurden im Pflegeheim offenbar Senioren versorgt, die tatsächlich in den angeschlossenen Appartements lebten. Die Heimleiterin, die den guten Namen ihrer Mitarbeiter für die Fälschungen missbrauchte, war kurz vor der Aufdeckung in Ruhestand gegangen - aber nicht ohne sich zuvor von der Belegschaft reich beschenken zu lassen: Es gab eine Rundreise durch Russland. (Aachener Zeitung© vom 25.11.2003)
     
  • Ohnehin ist es für eine Pflegekraft nicht eben lukrativ, die Pflegedokumentation für ihren Arbeitgeber zu fälschen. Das ergaunerte Geld landet schließlich nicht auf dem privaten Konto sondern auf dem der Einrichtung. Die Schlussfolgerung: "Wenn schon fälschen, dann bitte für die eigene Karriere". Das dachte sich wohl auch ein Altenpfleger aus Göttingen. Dieser ernannte sich zum "Professor Doktor Doktor honoris causa" und machte eine beeindruckende Karriere als Gutachter und Fachautor. Ein eigenes Institut samt Prüfsiegel folgte.
    Erst ein Strafbefehl über 900 Euro wegen unrechtmäßigen Tragens akademischer Titel beendete jäh den Höhenflug. Die Dokumente, mit denen der Altenpfleger im Nachhinein seine akademischen Weihen belegen wollte, wirkten auf den Staatsanwalt dann doch irgendwie merkwürdig. Es folgte ein zweites Strafverfahren, diesmal wegen Urkundenfälschung. (Spiegel.de© vom 30. Juni 2004)
 
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Urkundenfälschung; Pflegedokumentation
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.