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Version 2.05f - 2015 |
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Standard "Suizidprävention" |
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10.000 Menschen nehmen sich pro Jahr in Deutschland das Leben. Den
Großteil davon stellen nicht etwa Teenager, sondern pflegebedürftige
Senioren. Vier von fünf dieser Verzweiflungstaten werden zuvor
angekündigt. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
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Standard "Suizidprävention" |
Definition:
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- Ein Suizid ist eine gegen das eigene Leben
gerichtete Maßnahme. Suizidgefährdet sind vor allem Personen, die unter
Psychosen leiden, insbesondere unter Depressionen. Weitere Auslöser
sind soziale oder seelische Krisen oder andere Notsituationen.
- In der überwiegenden Mehrzahl sind
Selbsttötungen nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung, sondern
bedingt durch psychische Erkrankungen. Viele Suizide sind
"Kurzschlussreaktionen", als Folge von Lebenskrisen. Die Zeitspanne
zwischen ersten Suizidgedanken und der Ausführung beträgt oft nur
wenige Stunden.
- Nur wenige dieser Vorkommnisse sind überlegte
Suizidhandlungen, bei denen eine längere und rationale Überlegung zur
Selbsttötung führt.
- Wichtige statistische Daten:
- Am häufigsten begehen Menschen über 80 Jahre
Suizid.
- Frauen begehen rund doppelt so viele
("erfolglose") Suizidversuche wie Männer. Bei den ("erfolgreichen")
Suiziden hingegen sind Männer doppelt so häufig vertreten wie Frauen.
- Vier von fünf durch Suizid verstorbene Menschen
litten zuvor unter schweren depressiven Zuständen.
- Männer bevorzugen die Selbsttötung durch
Erhängen oder durch Schusswaffen. Frauen bringen sich gehäuft durch
Vergiftung, durch Sturz, durch Ertränken oder durch das Öffnen von
Schlagadern um.
- 80 Prozent aller Suizide wurden zuvor
angekündigt.
- Häufig wird behauptet: Menschen, die über den
Suizid reden, begehen ihn letztlich doch nicht. Diese Einschätzung ist
falsch. Auch die Annahme, dass angekündigte Suizide lediglich als
Appell nach Zuwendung zu werten sind, ist nicht korrekt.
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Grundsätze:
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- Suizid ist für uns kein Tabu. Wir sprechen
dieses Thema offen an.
- Wir unterlassen jede Form der Hilfeleistung bei
der Planung oder bei der Durchführung eines Suizids.
- Wir legen großen Wert auf die Freiheit jedes
Menschen, selbst über sein Leben und über seinen Tod zu bestimmen.
Dennoch betrachten wir es als eine Tragödie, wenn ein Mensch
entscheidet, durch eigenes Handeln in den Tod zu gehen. Soweit es uns
möglich ist, versuchen wir, dieses zu verhindern.
- Wir nehmen alle Hinweise auf einen drohenden
Suizid ernst. Wir achten auch auf unser "Bauchgefühl". Wir werden also
hellhörig, wenn wir den Eindruck haben, dass "irgendwas" mit dem
Bewohner nicht stimmt.
- Jeder Suizidversuch ist ein Hilferuf. Wir
hinterfragen stets, ob und wie die Betreuung und die Pflege verbessert
werden können.
- Die Überwachung von gefährdeten Senioren ist
wichtig, aber kein Ersatz für weitere vertrauensbildende und
entlastende Maßnahmen.
- Als Pflegeheim sind unsere Möglichkeiten zur
Pflege depressiver Menschen begrenzt. Wenn ein Bewohner so depressiv
ist, dass ein Suizid unmittelbar droht, wird der Hausarzt um die
Verlegung in eine psychiatrische Facheinrichtung gebeten.
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Ziele:
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- Der Bewohner erhält frühzeitig Hilfe durch die
Pflegekräfte. Er gerät nicht in eine Situation, in der ihm die
Selbsttötung als einzige Lösung erscheint.
- Die Suizidabsicht wird rechtzeitig erkannt.
- Mitbewohner werden durch die Suizidpläne nicht
gefährdet.
- Es entsteht ein vertrauensvoller Dialog
zwischen Pflegekraft und Bewohner über die Suizidpläne.
- Der suizidgefährdete Bewohner erhält die
bestmögliche medikamentöse und psychologische Therapie. Er wird so weit
stabilisiert, dass er seine Pläne aufgibt.
- Unsere Pflegekräfte werden vor seelischer
Überforderung geschützt.
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Vorbereitung: |
Allgemeine Maßnahmen
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- Die Standards "Erkennung von Depressionen"
sowie "Pflege und Betreuung von Senioren mit depressiven Störungen"
werden umgesetzt.
- Für alle suizidgefährdeten Bewohner führen wir
einen Ereigniskalender, in dem alle einschneidenden Termine vermerkt
sind, etwa: "1. Oktober - Todestag der Ehefrau". An diesen Tagen wird
die Betreuung des Bewohners intensiviert.
- Unser Personal wird regelmäßig zum Thema Suizid
fortgebildet.
- Zwei Pflegefachkräfte unserer Einrichtung
verfügen über eine Weiterbildung zur gerontopsychiatrischen Fachkraft.
- Wir erweitern unsere Bibliothek regelmäßig um
aktuelle Fachbücher zu diesem Thema. Wir ermuntern unsere Pflegekräfte,
diese Bücher zu lesen.
- Wir sensibilisieren auch andere Berufsgruppen,
etwa Hauswirtschaftskräfte oder Ergotherapeuten. Wir bitten diese,
entsprechende Beobachtungen an die Pflegekräfte weiterzugeben.
- Wir setzen im Umgang mit dementen Bewohnern
konsequent auf Validation.
- Das individuelle Suizidrisiko jedes Bewohners
wird in Fallbesprechungen und bei der Pflegeübergabe regelmäßig
thematisiert.
- Die vom Bewohner genommenen Medikamente werden
regelmäßig auf entsprechende Neben- und Wechselwirkungen kontrolliert.
Etwa: Sedativa, Betablocker, Antipsychotika, Benzodiazepine usw.
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Bestimmung des
Suizidrisikos
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Medikamentöse
Auslöser
- Der Bewohner nimmt Antidepressiva, allerdings
erst seit weniger als drei Wochen. Die Gefahr: In den ersten 10 bis 21
Tagen nach Behandlungsbeginn wirken die Medikamente primär gegen die
Antriebslosigkeit. Erst danach kommt es zu einer Stimmungsaufhellung.
Bis dahin besteht ein deutlich erhöhtes Risiko.
- Der Bewohner erhält Neuroleptika. Er leidet
unter "pharmakogenen Depressionen."
- Der Bewohner konsumiert Sedativa, die die
Symptome einer vorhandenen Suizidneigung verschleiern.
Risikogruppen
- Der Bewohner hat innerhalb der letzten zwölf
Monate bereits einen Suizidversuch unternommen.
- In der Familie des Bewohners kam es bereits zu
Suiziden.
- Der Bewohner ist vereinsamt; es gibt Streit
innerhalb der Familie.
- Der Bewohner leidet unter Schizophrenien, unter
Persönlichkeitsstörungen oder unter Angst- und Panikerkrankungen.
- Der Bewohner hat sich auch nach längerer Zeit
nicht in das Heimleben integriert. Er zieht sich zurück und schränkt
seine sozialen Kontakte und Aktivitäten ein.
- Der Bewohner hat seinen sozialen und
beruflichen Status verloren. Er leidet insbesondere unter finanziellen
Problemen.
- Der Bewohner leidet unter Tranquilizerentzug,
etwa weil er medikamentensüchtig ist und nach dem Heimeinzug die
Versorgung nicht aufrechterhalten kann.
- Der Bewohner hat vor kurzer Zeit die Diagnose
einer unheilbaren Krankheit erhalten.
- Der Bewohner hat vor kurzer Zeit seine Potenz
verloren, etwa als Folge eines operativen Eingriffs.
- Der Bewohner leidet unter einer erheblichen
Schmerzbelastung, insbesondere unter chronifizierten Beschwerden.
- Beim Bewohner liegt eine Pflegebedürftigkeit
vor. Er musste unlängst ein lieb gewonnenes Hobby aufgeben.
- Der Pflegebedürftige hat keine stabile
religiöse oder weltanschauliche Bindung.
- Der Bewohner ist suchtkrank. Er ist
insbesondere alkoholabhängig.
- Der Heimeinzug ist erst vor kurzer Zeit erfolgt.
- Ein geplanter Krankenhausaufenthalt steht bevor.
- Der Bewohner ist Opfer von Gewalt, etwa in der
Ehe.
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Anzeichen für einen
unmittelbar bevorstehenden Suizidversuch
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- Der Bewohner leistet Widerstand gegen die
tägliche Pflege.
- Der Bewohner zeigt ein selbstschädigendes
Verhalten; etwa Nahrungsverweigerung, Verweigerung von wichtigen
Medikamenten oder Autoaggressionen.
- Tragische Ereignisse jähren sich, wie etwa der
fünfte Todestag der Ehefrau.
- Ein runder Geburtstag steht bevor. Oder der
Bewohner hat einen anderen Grund, Lebensbilanz zu ziehen.
- Ein freudiges Ereignis steht an (eigener
Geburtstag, Weihnachten), allerdings hat der Bewohner unlängst einen
nahen Angehörigen verloren.
- Der Bewohner spricht vage von einem "drohenden
Unheil".
- Der Bewohner äußert den Wunsch, wieder mit
einem verstorbenen Familienmitglied vereint zu sein.
- Der Bewohner betont, dass sein Leben nutzlos
geworden ist.
- Scheinbar beiläufig kommt der Pflegebedürftige
bei Unterhaltungen immer wieder auf das Thema Tod zu sprechen.
- Das Bewohnerzimmer wird aufgeräumt, obwohl
dieses Verhalten für den Bewohner ungewöhnlich ist.
- Der Bewohner glaubt, Stimmen zu hören, die ihm
Befehle geben.
- Der Bewohner redet offen über Selbsttötung,
insbesondere erwähnt er bereits spezifische Todesarten. Er beschäftigt
sich damit, wie sein Umfeld auf den Suizid reagieren würde.
- Der Bewohner schreibt Abschiedsbriefe oder
setzt sein Testament auf.
- Der Bewohner bittet Angehörige darum, ihn "noch
einmal" zu besuchen.
- Der Pflegebedürftige verschenkt Gegenstände,
die ihm vorher besonders wichtig waren.
- Der Bewohner begleicht konsequent Schulden und
gibt ausgeliehene Gegenstände zurück.
- Das Pflegepersonal bemerkt Vorbereitungen (z.B.
Tabletten sammeln oder Gift beschaffen).
- Die Depressionen sind plötzlich (scheinbar)
verschwunden, ohne dass es dafür eine plausible Erklärung gäbe.
Tatsächlich hat der Bewohner jetzt die Entscheidung für den Suizid
getroffen und bereitet diesen vor ("Ruhe vor dem Sturm").
- Der Bewohner schläft an einem Morgen
ungewöhnlich fest und lange. Dieses könnte die Folge eines
Selbsttötungsversuchs mit Barbituraten sein, der aufgrund der zu
geringen Dosierung scheiterte. Eine dann "erfolgreiche" Wiederholung
ist jederzeit möglich.
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Durchführung:
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Betreuung
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Wenn es hinreichende
Anzeichen für einen bevorstehenden Suizid gibt, intensivieren wir die
Betreuung:
- Der Hausarzt wird umgehend informiert.
Zumindest kurzfristig ermöglicht es eine medikamentöse Therapie, den
Handlungsdruck durch eine Sedierung zu dämpfen.
- Wir stellen sicher, dass das Pflegeteam von dem
mutmaßlich bevorstehenden Suizid weiß, also auch die Pflegekräfte der
nächsten Schicht, die Nachtwache usw.
- Wir nehmen uns Zeit, um mit dem Bewohner zu
reden. Wir thematisieren insbesondere, was ihn zu diesem Plan bewegt
hat. Angesprochen werden auch seine Gedanken zum Thema Leben, Sterben
und Tod.
- Wir befragen den Bewohner ggf. zu seinen
Selbsttötungsplänen: Also etwa, ob er den Entschluss bereits gefasst
hat, welche Methode er wählen will usw.
- Wir bitten den Bewohner um das Versprechen, uns
vor einem unmittelbar bevorstehenden Suizid anzusprechen (sog.
"Antisuizidvertrag").
- Das Verhalt
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Depression; Suizid; Suizidprävention;
Prophylaxe; Selbstmord |
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Genereller
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diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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