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Version 1.05b - 2016

Standardmaßnahmenplan "Inkontinenz" (neues Strukturmodell)

 
Verschiedenste Gesundheitsstörungen können eine Inkontinenz auslösen. Entsprechend aufwendig ist die Formulierung eines individuellen Maßnahmenplans. Unser Muster entspricht den Vorgaben der entbürokratisierten Pflegedokumentation.
 
  • Voraussetzung für die Nutzung dieses Standardmaßnahmenplans ist, dass in Ihrer Einrichtung das Strukturmodell zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation bereits umgesetzt ist. Insbesondere ist es erforderlich, dass alle Mitarbeiter entsprechend geschult wurden. Wir setzen auch voraus, dass die notwendigen Dokumentationsbögen entweder von einem externen Anbieter beschafft oder selbst erstellt wurden.
  • Für die Maßnahmenplanung gibt es keine offiziell vorgegebene Struktur. Jedes Pflegeteam kann selbst entscheiden, wie es das Dokument gestalten will. Manche Vordrucke haben vier Spalten, andere sechs oder gar elf. Damit unsere Standardmaßnahmenpläne zu all diesen Systemen kompatibel sind, beschränken wir uns auf die Maßnahmen. Ergänzend dazu bieten wir zusätzliche Erläuterungen an, die nur Ihrer Information dienen, nicht aber in den Maßnahmenplan übernommen werden.
  • Sie können viel Arbeitszeit sparen, wenn Sie für Ihr Team zunächst einen Basismaßnahmenplan entwerfen. Ein Muster dafür finden Sie hier. Hier vermerken Sie sämtliche Pflegemaßnahmen, die bei allen oder zumindest bei den allermeisten Bewohnern / Klienten durchgeführt werden. Dazu zählen etwa das morgendliche Wecken, die Körperpflege, die Grundmahlzeiten sowie Freizeitangebote. Sie verfügen somit über eine Grundstruktur, die Sie im weiteren Anpassungsprozess lediglich erweitern. Sie müssen also nicht bei jedem Pflegebedürftigen die unspezifischen “08/15”-Maßnahmen immer wieder neu beschreiben.
  • Als Nächstes wird die Maßnahmenplanung individualisiert. Dafür müssen Sie zunächst klären, welche Grunderkrankungen beim jeweiligen Bewohner / Klienten vorliegen. Beispiel: Der Pflegebedürftige ist adipös. Er leidet außerdem als Folge eines Schlaganfalls unter einer Hemiplegie. Zudem erlitt er unlängst einen leichten Herzinfarkt, dessen Folgen (wie etwa eine Herzinsuffizienz) nicht vollständig überwunden sind. Sie öffnen nun den Standardmaßnahmenplan “Adipositas”. In den Fallbeispielen sind typische Problemfelder zusammengefasst, die mit dem Krankheitsbild verbunden sind. Treten diese Probleme auch bei Ihrem Bewohner oder Klienten auf, so können sie einzelne oder mehrere Maßnahmen übernehmen und anpassen. Danach suchen Sie in den Standardmaßnahmenplänen “Hemiplegie” sowie “Herzinsuffizienz” ebenfalls nach relevanten Maßnahmen.
  • Im Sinn der gewünschten Entbürokratisierung ist es wichtig, dass Sie nur die allerwichtigsten Punkte aus unseren Standardmaßnahmenplänen übernehmen. Pro Grunderkrankung sollten vier bis sechs Maßnahmen ausreichen.
  • Abhängig davon, wie in Ihrer Einrichtung die Maßnahmenplanungen strukturiert werden, müssen Sie nun weitere Informationen ergänzen. Etwa:
    • Zeitkorridor: Wann muss eine Pflegemaßnahme durchgeführt werden. Um 8.15 Uhr? Immer am Mittwochabend? Nur bei Bedarf?
    • Hilfsmittel: Hier werden die erforderlichen Utensilien aufgelistet. Welche Hilfsmittel werden bei der Durchführung verwendet? Ein Badewannenlifter? Eine Wundauflage? Eine Zahnbürste?
    • Pflegestandard: Um eine Pflegemaßnahme mit nur ein oder zwei Sätzen zu beschreiben, ist es notwendig, dass für alle derartigen Tätigkeiten ein entsprechender Pflegestandard hinterlegt ist. Wenn also eine Ganzwaschung im Bett im Maßnahmenplan vermerkt ist, muss ein passender Standard im QM-Handbuch zu finden sein, der die Durchführung Schritt für Schritt beschreibt. Tragen Sie hier ein, auf welchen Standard Sie sich beziehen.
    • Qualifikation: Welche Berufsausbildung ist erforderlich, um die geplante Maßnahme durchzuführen? Dies sollte hier vermerkt werden. Die Begleitung zur Toilette kann i. d. R. auch von Pflegehilfskräften übernommen werden. Eine Injektion ist examiniertem Personal vorbehalten.
  • Letztlich erhalten Sie einen Maßnahmenplan, der alle individuell notwendigen Pflegemaßnahmen auflistet.
  • Es ist sinnvoll, bei der Planung der Maßnahmen externe Partner wie Therapeuten, den Hausarzt und Fachärzte einzubinden.

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!


 

Standardmaßnahmenplan "Inkontinenz"
  • Harninkontinenz liegt vor, wenn der Bewohner den Harn nicht halten kann. Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Harninkontinenz. Vor allem Menschen über 60 Jahre sind betroffenen. Frauen bilden eine überproportional große Gruppe. Abhängig vom Auslöser werden verschiedene Formen der Inkontinenz unterschieden:
    • Belastungsinkontinenz: Der ungewollte Harnverlust tritt bei einer plötzlichen Druckerhöhung im Bauchraum auf, also etwa, wenn der Betroffene lacht, hustet, niest, Lasten hebt oder eine Treppe benutzt. Der Schließmuskel der Blase ist mit dem Druck im Bauchraum überfordert. Der Urin geht in kurzen Spritzern ab.
    • Dranginkontinenz: Betroffene verlieren die Kontrolle über den Blasenmuskel. Dieser hat die Aufgabe, beim Toilettengang den Harn aus der Blase zu drängen. Wird dieser Muskel ungewollt aktiv, kommt es zu einem plötzlichen Harndrang, der sich nicht mehr unterdrücken lässt. Dieses auch dann, wenn die Blase kaum gefüllt ist. Der Betroffene schafft es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette, da die Vorwarnzeit zwischen Harndrang und Blasenentleerung zu kurz ist.
    • Unfreiwillige reflektorische Blasenentleerung: Der Betroffene spürt keinen Harndrang, da die Nervenbahnen zum Gehirn unterbrochen sind. Eine solche Störung tritt häufig auf bei Querschnittlähmung, Multipler Sklerose, Tumoren oder Morbus Parkinson.
    • Überlaufinkontinenz: Durch eine vergrößerte Prostata, Harnsteine oder Tumore wird der Abfluss des Harns gestört. Die Betroffenen sind nicht mehr in der Lage, ihre Harnblase vollständig zu entleeren. Es bleibt nach dem Wasserlassen immer etwas Urin in der Blase zurück. Die Blase wird überdehnt und kann sich nicht mehr zusammenziehen. Irgendwann ist sie prall gefüllt, es kommt zu einem ungesteuerten Abgang von geringen Harnmengen.
Maßnahmen
Begründung und Anmerkungen
Fallbeispiel: Frau Meier leidet unter einer leichten bis mittelschweren Inkontinenz. Sie benötigt Inkontinenzmaterial. Sie nutzte bislang Einlagen aus Zellstoff, die nun aber nicht mehr ausreichen.
  • Wir versorgen Frau Meier tagsüber mit Inkontinenzeinlagen. Diese werden mit einer elastischen Netzhose fixiert.
  • Frau Meier bevorzugt Inkontinenzeinlagen mit Superabsorber.
  • In der Nacht trägt Frau Meier Einmalslips.
  • Zum Schutz des Bettes nutzen wir eine Krankenunterlage.
  • Inkontinenzmittel sollten stets situationsgemäß angewendet werden. Eine Überversorgung ist ebenso zu vermeiden wie eine Unterversorgung.
  • Superabsorber setzen keine Feuchtigkeit frei und binden Gerüche.
  • Weitere Informationen in den Standards "Einmalslips" und "Zweiteilige Versorgungssysteme bei Inkontinenz".
Fallbeispiel: Herr Müller ist immobil und leidet unter einer schweren Inkontinenz. Bei zweiteiligen Versorgungssystemen besteht das Problem, dass die Inkontinenzvorlage und die Fixierhose verrutschen.
  • Wir versorgen Herrn Müller mit einer Inkontinenzhose.
  • Herr Müller verwendet ein Modell mit Nässeindikatorstreifen. Wenn deren Muster verwaschen ist, muss die Inkontinenzhose gewechselt werden.
  • Inkontinenzhosen sollten nur dann verwendet werden, wenn zuvor die Nutzung von Inkontinenzslips erfolglos getestet wurde.
  • Es ist zu beachten, dass von vielen Produkten eine Tag- und eine Nachtvariante verfügbar sind. Die Inkontinenzhosen für die Nacht sind mit einer noch stärkeren Saugleistung ausgestattet.
  • Nässeindikatorstreifen ermöglichen es, eine Durchnässung der Inkontinenzhose zu erkennen, ohne diese öffnen zu müssen.
Fallbeispiel: Herr Müller leidet unter Inkontinenz. Er benutzt ein Kondomurinal. Die Handhabung erledigt er weitgehend selbstständig. Allerdings ist es notwendig, die Durchführung zu überwachen, da es in einigen Fällen zu Anwendungsfehlern kommt.
  • Wir helfen Herrn Müller dabei, die Haut im Bereich des Penisschafts sorgfältig zu rasieren und den Genitalbereich zu reinigen. Wir verzichten dabei auf rückfettende Mittel. Wir nutzen auch bei Männern einen elektrischen Trockenrasierer für Frauen.
  • Um einen Kontakt der Klebeflächen mit der verbliebenen Behaarung zu vermeiden, nutzen wir ein Lochtuch oder ein Lochpapier, das über den Penis gestülpt wird.
  • Auf einer behaarten Hautfläche wird das Kondomurinal nicht sicher haften. Zudem droht eine Entzündung der Haarbälge (Follikulitis).
  • Oftmals hilft es, die Rasur mit etwas Humor "an den Mann" zu bringen, etwa als "modische Kurzhaarfrisur".
  • Bei einem elektrischen Trockenrasierer für Frauen sind der Griff, der Scherkopf und der Langhaarschneider so konstruiert, dass die Problemzonen im Intimbereich (Hodensack und Penisansatz) besser erreicht werden als mit normalen Rasierapparaten für Männer.
  • Weitere Informationen im Standard "Anwendung von Kondomurinalen".
  • Herr Müller legt das Kondomurinal selbstständig an. Wir achten lediglich darauf, dass zwischen der Penisspitze und dem Ablaufstutzen mindestens ein Zentimeter Platz bleibt.
  • Wir stellen sicher, dass Herr Müller das Kondomurinal fest andrückt und den Ablaufschlauch fest mit dem Ablaufbeutel verbindet.
  • Nach dem Anlegen des Kondomurinals soll sich Herr Müller die Hände desinfizieren.
  • Am Tag erhält Herr Müller einen Unterschenkelbeinbeutel. Er bevorzugt ein Mehrkammersystem.
  • Der Beinbeutel wird mit einem Beingürtel befestigt.
  • Die Entleerung des Beinbeutels übernimmt Herr Müller selbstständig.
  • In der Nacht wird Herr Müller mit einem Bettbeutel versorgt.
  • Das Kondomurinal wird einmal am Tag morgens gewechselt. Beinbeutel und Bettbeutel werden alle zwei Tage ausgetauscht.
  • Für viele Betroffene sind Kondomurinale die optimale Versorgungsform. Sie schützen die Haut vor Feuchtigkeit und sind bequem zu tragen.
  • Sofern keine fortgeschrittene demenzielle Erkrankung vorliegt, kann der Betroffene das Kondomurinal selbst anwenden.
  • Alternativ zum Beingürtel können Ober- und Unterschenkelstulpen sowie Beinlinge benutzt werden.
  • Ein undichtes Kondomurinal ist fast immer die Folge eines Anwendungsfehlers. Materialdefekte sind selten.
  • Bei einem Mehrkammersystem füllen sich die Beutel gleichmäßig. Es treten überdies bei Bewegung keine glucksenden Geräusche auf.
  • Weitere Informationen im Standard "Anwendung von Kondomurinalen".
Fallbeispiel: Als Folge der Inkontinenz ist die Haut von Frau Meier angegriffen. Für die Hautpflege nutzt sie selbst beschaffte Pflegeprodukte, etwa Babypflegeartikel oder desinfizierende Pflegeprodukte. Frau Meier ist adipös. In den Hautfalten sammelt sich Feuchtigkeit.
  • Wir reinigen den Intimbereich von Frau Meier nur mit Wasser. Bei starker Verschmutzung geben wir dem Wasser eine pH-neutrale Waschlotion zu. In diesem Fall muss mit klarem Wasser nachgespült werden.
  • Da die Haut von Frau Meier sehr empfindlich ist, müssen beim Waschen starkes Rubbeln und Reiben unterlassen werden.
  • Wir führen eine Hautpflege mit W/O-Präparaten durch.
  • Wir tragen Hautschutzprotektoren ("Cavilon" oder "Menalind") auf.
  • Wir raten Frau Meier davon ab, zusätzliche Produkte zu nutzen.
  • Einmal in der Woche wird der Hautbereich von unserer Wundbeauftragten inspiziert.
  • Seife ist alkalisch und beeinträchtigt die Haut. Dieses gilt insbesondere auch für desinfizierende Produkte und für Franz-Brandwein.
  • Babypflegeartikel sind häufig sehr stark parfümiert. Babyöl eignet sich daher nicht für die Pflege von Altershaut.
  • Puder neigt zur Klumpenbildung und bietet somit keinen gleichmäßigen Schutz.
  • W/O-Produkte sind Wasser-in-Öl-Emulsionen. Diese wirken deutlich besser als Artikel, die als "schnell einziehend" beworben werden.
  • Abdeckende Salben, Öle und Pasten sollten bei intakter Haut nicht verwendet werden. Sie dichten die Haut ab und fördern die Entstehung von Nässe auf der Haut.
  • Vaselinehaltige Salben lagern sich auf Einlagen ab und reduzieren deren Aufsaugfähigkeit erheblich.
  • Hautirrrationen sollten nicht als Dauerzustand hingenommen werden. Es droht eine Chronifizierung.
  • Weitere Informationen in den Standards "Hautschutz bei Inkontinenz" und "Einsatz von Hautschutzfilmen".
Fallbeispiel: Herr Müller leidet unter einer demenziellen Erkrankung. Er ist weder zeitlich noch örtlich oder zur Person orientiert. Er ist oft nicht in der Lage, eine Toilette eigenständig aufzusuchen. Inkontinenzvorlagen zieht er eigenmächtig aus und legt diese unter das Bett. Seine Kleidung und die Matratze sind häufig durchnässt.
  • Wir öffnen die Hose von Herrn Müller und klappen den Toilettendeckel hoch. Er setzt sich dann eigenständig und entleert Darm und Harnblase.
  • Wir versorgen Herrn Müller mit Einweghosen (sog. "Pull-Ons").
  • Wir ziehen Herrn Müller Kleidung an, die er selbst ausziehen kann, also Textilien mit Klettverschlüssen anstelle von Reißverschlüssen oder von Knöpfen.
  • Herr Müller verwendete in seinem Leben stets das Wort "Abort" und nicht "WC" oder "Toilette". Daher ist die Toilette mit einem Toilettensymbol und zusätzlich mit dem Schriftzug "Abort" versehen. Im Dialog mit Herrn Müller nutzen wir ebenfalls den Begriff "Abort".
  • Wir reichen Herrn Müller bei einem Toilettengang die Zeitung.
  • Bei Herrn Müller treten plötzliche Phasen von akuter Verwirrtheit auf. Dieser Zustand ist oftmals die Folge von Harndrang. Wir führen Herrn Müller dann zur Toilette, damit er seine Harnblase entleeren kann.
  • Herr Müller leidet an Dranginkontinenz. Wir verabreichen die verschriebenen Spasmolytika (Trospiumchlorid).
  • In 70 bis 80 Prozent der Fälle ist ein Demenzpatient im Spätstadium auch inkontinent.
  • Eine Behandlung mit Antidementiva bessert oftmals nach wenigen Wochen auch die Kontinenz.
  • Einweghosen können wie "normale" Unterhosen an- und ausgezogen werden. Ihre Funktion ist also biografisch verankert. Daher werden diese Inkontinenzmittel i. d. R. besser akzeptiert.
  • Rituale sind hilfreich, um die Harnentleerung in einer noch fremden Umgebung zu fördern. In diesem Fall kann der Bewohner die Zeitung aufgrund der Demenz zwar kaum noch lesen, wir knüpfen damit aber an eine oft tief verwurzelte Gewohnheit an.
  • Weitere Informationen im Standard "Einmalslips".
Fallbeispiel: Frau Meier leidet unter einer motorischen Dranginkontinenz. Wenn sie Harndrang verspürt, bleibt ihr nicht genug Zeit, um die Toilette zu erreichen. Die Pflegekraft hat die Miktionsgewohnheiten mittels eines Miktionsprotokolls erfasst. Wir führen basierend auf den Ergebnissen nun ein Toilettentraining durch.
  • Frau Meier wird alle drei Stunden gefragt, ob sie Harndrang verspürt und ob sie Harn verloren hat. Also direkt nach dem Aufstehen, um 10 Uhr, um 13 Uhr, um 16 Uhr, um 19 Uhr und direkt vor dem Zubettgehen. Wir prüfen, ob ihre Angaben korrekt sind.
  • Danach bieten wir Frau Meier an, sie zur Toilette zu begleiten. Dieses Angebot wird mehrfach wiederholt, falls Frau Meier einen Toilettengang zunächst nicht wünscht.
  • Zu ihrer eigenen Sicherheit und Beruhigung erhält Frau Meier eine kleine Vorlage, die sie selbst einlegen kann.
  • Durch das Toilettentraining passen wir die Toilettengänge an die individuellen Ausscheidungsgewohnheiten des Bewohners an.
  • Wir führen also einen Toilettengang durch, noch bevor der Bewohner Harndrang verspürt und sich ggf. einnässt.
  • Falls möglich soll der Bewohner eine Stoppuhr mit Countdownfunktion nutzen, die ihn eigenständig an den anstehenden Toilettengang erinnert.
  • Weitere Informationen im Standard "Toilettentraining".
  • Wir sorgen dafür, dass die Klingel immer in Griffweite liegt. Wir ermuntern Frau Meier regelmäßig, sich zu melden, wenn sie Harndrang verspürt.
  • Wir stellen ggf. einen fahrbaren Toilettenstuhl bereit.
  • Wir stellen eine Urinflasche bereit.
  • Wir sorgen dafür, dass der Weg vom Pflegebett zur Toilette frei von störenden Gegenständen und Stolperfallen ist.
  • Wir lassen auch in der Nacht das Licht im Badezimmer brennen. Die Tür zum Badezimmer wird nur angelehnt, aber nicht geschlossen.
  • Urinflaschen gibt es nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen. Alternativ dazu können Frauen auch ein Urinschiffchen nutzen. Allerdings werden diese Hilfsmittel (sog. "Enten") von vielen Frauen nicht akzepiert.
  • Weitere Informationen in den Standards "Nutzung eines Toilettenrollstuhls" und "Anwendung einer Urinflasche".
  • Wir helfen Frau Meier bei der Auswahl der Kleidung. Diese sollte sich schnell und ohne Schwierigkeiten öffnen und wieder anlegen lassen.
  • Frau Meier sollte weite Kleidung tragen, die die Inkontinenzhilfsmittel kaschiert. Ideal sind weite Blusen, Hosen und Pullover. Die Textilien sollten großzügig gemustert sein.
  • Nach Möglichkeit sollte Frau Meier bevorzugt Kleidung tragen, die bei 60 Grad C° waschbar ist.
  • Kleidung speziell für Inkontinenzpatienten ist im Handel schwer zu bekommen. Daher ist es notwendig, dass die Kleidung in Eigenregie überarbeitet wird. Haken und Reißverschlüsse sollten durch Klettverschlüsse ersetzt werden.
  • Wir bieten Frau Meier jeweils zu den Hauptmahlzeiten, zum Nachmittagskaffee sowie vor dem Zubettgehen ein Getränk ihrer Wahl an.
  • Frau Meier füllt das Trink- und das Miktionsprotokoll selbstständig aus. Sie wird dadurch motiviert.
  • Der Entleerungsrhythmus ist auch von der Trinkmenge abhängig. Wenn der Bewohner seine Getränke sehr ungleichmäßig über den Tag verteilt einnimmt, wird es schwierig, den richtigen Zeitabstand bis zum nächsten Toilettengang zu bestimmen. Die Folge wäre Einnässen und Frustration.
Fallbeispiel: Frau Meier leidet unter einer Belastungsinkontinenz. Wenn sie hustet, niest, lacht oder schwere Lasten hebt, kommt es zu einem ungewollten Harnverlust. Als Folge von drei Geburten ist der Beckenboden geschwächt. Insbesondere die Beckenbodenmuskulatur ist beeinträchtigt.
  • Wir leiten Frau Meier dazu an, Beckenbodentraining durchzuführen.
  • Wenn Frau Meier nachmittags fernsieht, erinnern wir sie daran, dass auch dabei ein Beckenbodentraining möglich ist.
  • Zum Aufheben von Gegenständen vom Boden soll Frau Meier die Hebetechniken nutzen, die ihr vom Physiotherapeuten vermittelt wurden. Wir geben ihr alternativ eine Greifzange, damit sie Gegenstände erreichen kann, ohne sich zu bücken.
  • Frau Meier soll zweimal täglich für jeweils 30 Minuten die Elektrostimulation durchführen.
  • Wir führen morgens einen Vaginaltampon ein. Dieser wird abends entfernt und unter fließendem Wasser gereinigt. Die maximale Tragedauer beträgt zwölf Stunden.
  • Nach sieben Tagen, immer am Montag, wird der Vaginaltampon entsorgt und durch ein neues Produkt ersetzt.
  • Frau Müller soll dreimal täglich jeweils 15 Minuten mit ihren Vaginalkonen üben.
  • Frau Meier sollte eine starke Beugung der Hüfte vermeiden. Sie sollte schnürsenkellose Schuhe tragen, die sie nicht zubinden muss. Ideal sind Slipper, die mit einem Schuhlöffel angezogen werden.
  • Die Auswahl der geeigneten Übungen zum Beckenbodentraining ist Aufgabe der Physiotherapeuten. Pflegekräfte arbeiten mit diesen eng zusammen.
  • Allerdings können Pflegekräfte auch spezielle Kurse zum Beckenbodentraining und zur didaktischen Anleitung von Bewohnern besuchen.
  • Vaginaltampons fördern den Verschluss der Harnröhre, indem sie die vordere Scheidenwand anheben und den Blasenhals stützen. Gleichzeitig wird die Funktion der Beckenbodenmuskulatur unterstützt.
  • Aus hygienischen Gründen ist es sinnvoll, den Vaginaltampon nach jeder Nutzung drei bis fünf Minuten auszukochen oder in der Waschmaschine bei 60 Grad zu reinigen.
  • Vaginalkonen fördern die Funktionsfähigkeit der Beckenbodenmuskulatur.
  • Bei Hilfsmitteln, die vaginal oder rektal eingeführt werden, ist die Kooperationsbereitschaft häufig gering. Demenzpatienten und Opfer von sexualisierter Gewalt lehnen die Anwendung oftmals rigoros ab.
  • Weitere Informationen in den Standards "Beckenbodentraining ohne unterstützende Technik" und "Gebärmuttersenkung".
Fallbeispiel: Herr Müller leidet unter Multipler Sklerose. Die Harnableitung erfolgt mittels eines suprapubischen Blasenkatheters.
  • Die Einstichstelle des suprapubischen Blasenkatheters wird mit einem kleinen Pflaster versorgt.
  • Wenn Herr Müller baden oder duschen möchte, bringen wir über der Einstichstelle einen geeigneten Folienverband an. Sein Katheter wird abgeklemmt, bleibt aber mit dem Auffangsystem verbunden. Nach dem Baden oder Duschen erfolgt ein steriler Verbandswechsel.
  • Wir nutzen die Trigger-Technik, beklopfen also das Hautareal über der Harnblase, um deren Enteleerrung auszulösen.
  • Das Klopfen zum Auslösen der Blasenentleerung ("Triggern") sowie das Ausquetschen der Blase von außen (Credé-Handgriff) sind riskant, weil es zu einem Rückstau von Harn in die Nieren kommen kann. Die Entscheidung über die Anwendung trifft der Urologe.
  • Zwei bis vier Wochen nach der Neuanlage ist die Einstichstelle i. d. R. reizlos und granuliert. Dann ist ein Pflaster als Abdeckung ausreichend. Die Punktionsstelle kann aber ggf. auch offen gelassen werden.
  • Weitere Informationen im Standard "Pflege von Senioren mit einem suprapubischen Blasenkatheter".
Fallbeispiel: Frau Meier leidet unter einer Belastungsinkontinenz. Sie ist kooperativ und motiviert genug, um ein Blasentraining durchzuführen.
  • Frau Meier soll den Harn bewusst zurückhalten und die Zeitintervalle zwischen den Miktionen möglichst weit ausdehnen. Der Toilettengang sollte erst dann erfolgen, wenn Frau Meier einen starken Harndrang verspürt.
  • Wir verdeutlichen Frau Meier, dass es nicht schlimm ist, wenn sie dabei kleinere Mengen Harn unwillkürlich verliert.
  • Wir versuchen, Frau Meier vom Harndrang abzulenken. Wir bieten ihr an, mit ihrer Familie zu telefonieren oder Kreuzworträtsel zu lösen. Auch das Durchführen von Übungen zum Beckenbodentraining sowie Atemtechniken helfen Frau Meier.
  • Frau Meier soll den Konsum von Kaffee, Cola und Alkohol reduzieren. Wir bieten ihr Getränke an, die sie mag, also Mineralwasser und Tee.
  • Wir loben Frau Meier, wenn der Toilettengang erfolgreich war und wenn die Vorlage trocken geblieben ist.
  • Durch ein Blasentraining kann das Füllungsvolumen der Blase vergrößert werden. Der Bewohner ist in der Lage, den Urin länger ohne Drang zu halten. Der Betroffene spürt den Füllungszustand seiner Blase und kann gezielt die Toilette aufsuchen, bevor es zum Harnverlust kommt. Zu häufige Toilettengänge können damit vermieden werden.
  • Weitere Informationen im Standard "Blasentraining".
Fallbeispiel: Die Themen Ausscheidung und Inkontinenz sind für Frau Meier sehr schambehaftet. Sie würde diese Problematik niemals von sich aus ansprechen. Sie hat immer wieder inkontinente Phasen, ohne uns jedoch davon zu berichten.
  • Wir fragen Frau Meier regelmäßig, ob sie Harndrang verspürt oder eingenässt hat. Wir warten nicht darauf, dass Frau Meier uns anspricht.
  • Wir achten auf Hinweise, dass Frau Meier ungewollt Harn verloren hat. Dazu zählen Urinflecken in der Bettwäsche und in der Kleidung. Während inkontinenter Phasen versteckt Frau Meier ihre Unterwäsche und benutzt Damenbinden. Wir achten auf Uringeruch.
  • Wenn Frau Meier für die Ausscheidung das Bett nicht verlassen kann, sorgen wir dafür, dass ihre Intimsphäre gewahrt bleibt. Besucher werden vor die Tür gebeten. Wir stellen ggf. eine spanische Wand auf.
  • Wir sorgen für strikte Diskretion. Wir sprechen die Themen Harnausscheidung und Inkontinenz nur dann an, wenn keine dritten Personen (Angehörige oder Mitbewohner) anwesend sind.
  • Bei einer Beratung zum Thema Inkontinenz ist es wichtig, dass wir Informationsgrafiken nutzen, um Frau Meier die Zusammenhänge zu erklären.
  • Wenn Frau Meier kein Wasser lassen kann, tauchen wir ihre Hände in warmes Wasser. Zusätzlich erzeugen wir ein plätscherndes Geräusch, indem wir den Wasserhahn laufen lassen.









 
 
 
 
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