|
|
Version 1.08 |
|
Standard "Pflege
von Senioren bei Übelkeit" |
|
Sei es als Nebenwirkung des täglichen
Medikamentencocktails oder als Folge organischer Veränderungen:
Fast jeder zweite Senior leidet mehr oder minder durchgängig
unter Übelkeit. Bei der Frage, wie sehr dies die Lebensqualität
beeinträchtigt, haben Pflegekräfte einen großen Einfluss. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert
und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (rtf-Format)
verfügbar.
Klicken Sie hier!
|
|
Standard "Pflege
von Senioren bei Übelkeit" |
Definition: |
- Übelkeit (Nausea) ist ein wichtiges
Begleitsymptom fast aller gastroenterologischen Erkrankungen. Dazu
zählen etwa das akute Abdomen, die akute Gastritis, die
Gastroenteritis sowie die Bildung von Magen- und Darmgeschwüren.
- Auch die Therapie von Krebserkrankungen kann
zu diesen Beeinträchtigungen führen, etwa bei einer Chemo- oder
Strahlentherapie.
- Darüber hinaus haben viele weitere
Medikamente einen destabilisierenden Einfluss auf den
Magen-Darm-Trakt.
|
Grundsätze: |
- Das Erbrechen ist eine große körperliche
Belastung und stellt ein signifikantes Gesundheitsrisiko für alte
Menschen dar. Sofern es keinen rationalen Grund für eine
Magenentleerung gibt (etwa eine Vergiftung), versuchen wir daher
stets, ein Erbrechen zu vermeiden.
- Die Linderung der Übelkeit ist zunächst
einmal nur die Behandlung von Krankheitssymptomen. Es ist daher
stets sinnvoll, parallel auch den Auslöser der Übelkeit zu ermitteln
und zu beseitigen.
- Übelkeit ist immer auch ein psychisches
Geschehen. Daher können auch solche Maßnahmen helfen, die nach
medizinischen Maßstäben wirkungslos sind. Viele Bewohner haben im
Laufe der Jahre derartige Strategien entwickelt, von deren
Wirksamkeit sie überzeugt sind. Dieses wird von uns unterstützt.
|
Ziele: |
- Der Bewohner erbricht sich nicht. Er wird
somit auch vor den möglichen Folgen geschützt, etwa
- Aspiration von Erbrochenem
- Einrisse und Blutungen der Ösophagus- und
Magenschleimhaut bei massivem Erbrechen
- Gewichtsverlust und Beeinträchtigung des
Wasser- und Elektrolythaushaltes bei anhaltendem Erbrechen
- Die Lebensqualität des Bewohners wird
verbessert. Er gewinnt die Kraft, um eine ggf. vorhandene Erkrankung
zu überstehen.
|
Vorbereitung: |
- Alle Pflegekräfte müssen sich bewusst sein,
dass Bewohner durch Gerüche belästigt werden können, die die
Pflegekräfte aufgrund der täglichen Überreizung selbst schon nicht
mehr wahrnehmen.
- Rauchende Pflegekräfte achten auf eine
konsequente Geruchsbeseitigung.
- Pflegekräfte achten auf eine möglichst
neutrale Duftnote bei der Wahl des Parfüms bzw. des Rasierwassers.
- Stark duftende Blumen sollten nicht in das
Zimmer des Bewohners gestellt werden.
- Das Zimmer wird regelmäßig durchgelüftet.
- Wir achten auf eine konsequente Mundpflege
des Bewohners.
- Wir befragen den Bewohner, wie er vor dem
Einzug in die Einrichtung eine anhaltende Übelkeit überwunden hat.
|
Durchführung: |
Prüfung auf Ursachen innerhalb des
Magen-Darm-Traktes |
Wir prüfen, ob eine falsche
Ernährung, eine Infektion im Verdauungsapparat o.Ä. als Auslöser in
Betracht kommen.
- Lebensmittelallergie
- Genuss verdorbener Lebensmittel (etwa durch
das Horten und Verstecken von Speisen bei Demenz)
- Konsum einer übermäßigen Menge an Speisen
(etwa bei fehlendem Sättigungsgefühl bei Demenz)
|
Prüfung auf
Medikamentennebenwirkungen |
Wir prüfen, ob die Übelkeit die
Nebenwirkung eines Medikaments sein kann. Als Auslöser kommen in Frage:
- Eisenpräparate
- nichtsteroidale Entzündungshemmer
- Glukokortikoide
- Morphine und Opioide
- Zytostatika
- Antibiotika
- Diuretika
- L-Dopa
- orale Antidiabetika
- Theophyllin
- weibliche Sexualhormone
Falls es hinreichende Anzeichen für eine
Medikamentennebenwirkung gibt, suchen wir den Dialog mit dem Arzt. Wir
prüfen, ob eine modifizierte Medikamentierung sinnvoll ist oder etwa die
zusätzliche Verordnung eines Antiemetikums. |
Prüfung auf Ursachen außerhalb des
Magen-Darm-Traktes |
Wir prüfen, ob die Übelkeit andere
Auslöser haben kann. Etwa:
- Infektionskrankheiten
- Herzinsuffizienz oder Herzinfarkt
- Stoffwechselerkrankungen oder
Stoffwechselentgleisungen, etwa diabetische Ketoazidose
- Vergiftungen als Folge etwa einer Überdosis
Digitalisglykoside oder durch den Konsum von zu viel Alkohol
- neuronale Schädigungen, etwa erhöhter
Hirndruck oder Meningitis
- psychische Reaktion auf Ekel, Schmerzen,
Angst oder Stress
- Erzwingen von mehr Aufmerksamkeit
- falsche Lagerungsposition, insbesondere nach
dem Essen
|
Ernährung |
- Der Bewohner wird ermuntert, nur dann zu
essen, wenn er Hunger verspürt. Wir halten kleinere
Zwischenmahlzeiten bereit, um den Bewohner unabhängiger von den
starren Essenszeiten zu machen.
- Wir regen den Appetit mit säuerlichen
Lebensmitteln an, also etwa mit sauren Gurken, mit sauren Bonbons
oder mit Zitroneneis.
- Der Bewohner soll den Konsum von sehr süßen,
fettigen oder salzigen Speisen meiden. Auch auf stark gewürzte
Lebensmittel sowie auf Speisen mit einem starken Eigengeruch sollte
er verzichten.
- Der Bewohner sollte milde Speisen zu sich
nehmen, die besser verträglich sind. Also etwa Toast, Apfelmus,
Kartoffelbrei, Quark oder Bananen.
- Kalte Speisen sind zumeist verträglicher als
warme Speisen.
- Wir prüfen, ob sich der Bewohner mit Musik,
mit Fernsehen oder mit Beschäftigungsmaßnahmen ablenken lässt.
- Wir bieten dem Bewohner gekühlte Getränke an,
etwa Cola, Tee oder Limonade.
- Der Bewohner sollte seine Speisen in
Gesellschaft zu sich nehmen.
- Der Bewohner soll langsam essen und seine
Speisen sorgfältig kauen.
- Teller mit Speiseresten werden nach der
Mahlzeit zügig aus dem Zimmer des Bewohners entfernt.
- Wir prüfen, ob sich das Befinden des
Bewohners durch eine Aromatherapie bessert.
Hinweis: Wir prüfen, ob wir dem Bewohner seine
Lieblingsspeisen anbieten. Dieses muss bei vielen Krankheitsbildern
kritisch hinterfragt werden. Der Bewohner verbindet sonst zukünftig sein
Lieblingsessen mit dem Zustand der Übelkeit, da es zu einer
entsprechenden Konditionierung gekommen ist. |
Wirkungen und Nebenwirkungen von
Antiemetika |
Antiemetika werden fast immer
prophylaktisch eingesetzt, also nicht erst, wenn der Bewohner kurz vor
dem Erbrechen steht. Viele haben teils erhebliche Nebenwirkungen.
- Dimenhydrinat, Diphenhydramin und Scopolamin
haben sedierende Effekte. Oft kommt es auch zu anticholinergen
Nebenwirkungen, etwa Mundtrockenheit, Sehstörungen oder
Miktionsstörungen.
- Perphenazin wirkt ebenfalls sedierend.
Zusätzlich treten vegetative Störungen sowie extrapyramidale
Nebenwirkungen (Steifigkeit, Unruhe, Gangstörungen, unwillkürliche
Bewegungen) auf.
- Domperidon und Metoclopramid wirken
sedierend. Zusätzlich treten Schwindel sowie extrapyramidale
Nebenwirkungen auf.
- Dolasetron, Granisetron, Ondansentron sowie
Tropisetron können Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und
Schwindel auslösen. Zusätzlich kann es zu EKG-Veränderungen sowie zu
einer veränderten Herzfrequenz kommen.
|
Nachbereitung: |
- Alle relevanten Maßnahmen und Beobachtungen
werden dokumentiert.
- Wenn es hinreichende Anzeichen für einen
veränderten Gesundheitszustand gibt, informieren wir den
behandelnden Hausarzt bzw. ggf. den Notarzt.
- Wir prüfen, welche Strategien bislang dem
Bewohner effektiv Linderung verschafften. Diese werden bei der
nächsten Phase erneut eingesetzt. Die Pflegeplanung wird ggf.
entsprechend aktualisiert.
|
Dokumente: |
|
Verantwortlichkeit /
Qualifikation: |
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Übelkeit; Erbrechen; Emesis;
Vomitus |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|