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Version 2.05a - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit Körperbildstörungen"

 
Körperbildstörungen sind nicht auf junge magersüchtige Mädchen beschränkt. Auch die Selbstwahrnehmung vieler Senioren ist beeinträchtigt. Insbesondere gelähmte oder missgestaltete Körperbereiche werden allzu oft aus dem Bewusstsein verdrängt und komplett ausgeblendet.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Körperbildstörungen"
Definition:
  • Das Körperbild ist die durch unsere Sinne vermittelte Vorstellung unseres Körpers. Das Körperbild entwickelt sich in der Kindheit und formt sich maßgeblich in der Zeit der Adoleszenz (Pubertät bis hin zum Erwachsensein). Da sich der Körper im Lauf der Jahrzehnte permanent verändert, unterliegt auch das Körperbild einer ständigen Anpassung.
  • Abhängig von der individuellen Persönlichkeit wird das Körperbild in unterschiedlich starkem Maß vom sozialen Umfeld geprägt, also durch kulturelle und gesellschaftliche Normen. Dazu zählen etwa Schönheitsideale, wie sie von der Werbeindustrie oder von der Filmwirtschaft vermittelt werden. Auch Bewertungen durch die Familie und den Freundeskreis können das Körperbild eines Menschen beeinflussen.
  • Eine Körperbildstörung liegt vor, wenn die individuelle Wahrnehmung des eigenen Körpers in erheblichem Maß von der Realität abweicht und der Bewohner darunter leidet. Ein klassisches Beispiel dafür sind Frauen, die sich trotz eines normalen BMI als zu dick empfinden. Der Körper unterstützt also nicht mehr das Selbstwertgefühl, sondern belastet dieses.
  • In der Altenpflege tritt diese Beeinträchtigung vor allem bei gelähmten und bei immobilen Senioren auf. Beispiele:
    • Hemiplegiepatienten ziehen sich häufig in die weniger beeinträchtigte Körperhälfte zurück und vernachlässigen die andere. Bei der Körperpflege wird also nur die weniger betroffene Körperhälfte gewaschen.
    • Senioren nach Amputationen im Bereich der Zehen, der Füße oder der Unterschenkel empfinden Ekel für die beschädigten Bereiche. 
    • Bettlägerige Senioren verlieren völlig das Gefühl für den eigenen Körper, seine Lage und seine Abgrenzung zur Matratze und zur Bettdecke.
  • Senioren mit Körperbildstörungen empfinden ihren Körper oftmals als minderwertig. Betroffen sind gehäuft Menschen, die ihr Selbstwertgefühl aus dem guten Aussehen, körperlicher Leistungsfähigkeit oder sexueller Anziehungskraft beziehen. Für diese Gruppe kann bereits das Tragen einer Brille aufgrund einer sich entwickelnden Sehschwäche unerträglich sein.
  • Auslösende Faktoren für eine Körperbildstörung müssen nicht zwangsläufig von außen sichtbar sein. Auch Veränderungen im Körperinneren können zu derartigen Beeinträchtigungen führen. Dazu zählen etwa die Entfernung eines Organs und eine Organtransplantation. Selbst die Implantation eines Herzschrittmachers löst bei vielen Betroffenen eine Beeinträchtigung der Selbstwahrnehmung aus, obwohl äußerlich i. d. R. nur eine kleine Narbe zu sehen ist.
Grundsätze:
  • Der Verlust eines Körperteils oder der Ausfall einer Körperfunktion ist für den Betroffenen eine tief greifende Belastung. In der Folge können sich Störungen der eigenen Körperwahrnehmung entwickeln. Durch eine sensible Betreuung können Pflegekräfte den Prozess der mentalen Gesundung fördern.
  • Wir akzeptieren, dass jedes Individuum anders auf Veränderungen des Körpers reagiert.
  • Die Betreuung von Senioren mit Körperbildstörungen ist ein langwieriger Prozess, der immer wieder auch von Rückschlägen erschwert wird. Wir sind uns bewusst, dass es Monate dauern kann, bis ein Bewohner das innerliche Gleichgewicht zurückgewinnen kann.
Ziele:
  • Eine Körperbildstörung wird erkannt. Wir erfassen die Auswirkungen der Beeinträchtigung auf die Lebensqualität des Bewohners.
  • Der Bewohner entwickelt eine positive Beziehung zum eigenen Körper. Er betrachtet nicht mehr Teile davon als Fremdkörper.
  • Der Bewohner wird im Rahmen seiner Fähigkeiten an Pflegemaßnahmen und insbesondere an der Körperpflege beteiligt.
  • Die Entwicklung von Depressionen wird vermieden.
Vorbereitung: Risikoprüfung
Wir prüfen, ob der Bewohner zu einer Risikogruppe für Körperbildstörungen zählt.
  • Optische, insbesondere kosmetische Veränderungen
    • Alterung der Haut, die sich durch Hautfalten oder durch Flecken zeigt
    • Veränderungen der Haarstruktur, Farbverlust, Haarausfall usw.
    • entstellende Körperschäden, etwa Verbrennungen im Gesicht
    • angeborene und sichtbare Anomalien; insbesondere abweichende Gesichtszüge, etwa große Ohren oder eine große Nase
  • Körperliche Veränderungen
    • Hemiplegie
    • Amputation eines Körperteils als Folge einer Erkrankung oder eines Unfalls (Bein, Arm, Brüste usw.)
    • Spastiken
    • Haarausfall als Folge einer Chemotherapie
    • Ödeme als Nebenwirkung einer medikamentösen Therapie (etwa Kortikoide)
    • degenerative Prozesse in den Gelenken, etwa Arthrose
    • künstliche Körperöffnungen, etwa Urostoma, Tracheostoma, Magensonde usw.
    • nachlassende körperliche Fähigkeiten, etwa als Folge einer Herzinsuffizienz
    • nachlassende Sinnesfunktionen, etwa tasten, sehen, riechen, hören und schmecken
    • chronische Schmerzen
    • Inkontinenz
    • Adipositas
    • Untergewicht
    • Abhängigkeit von medizinischen Geräten, etwa Rollstuhl, Sauerstoffgerät, Dialysemaschine usw.
  • Psychische und soziale Ursachen
    • Nachlassen der eigenen Sexualität
    • Nachlassen der Sexualität des Lebenspartners
    • fehlende Bestätigung durch den Lebenspartner, Verwandte oder Freunde
    • abfällige Bemerkungen von Mitbewohnern, Verwandten oder Pflegekräften
Informationssammlung
  • Im Rahmen der Biografiearbeit suchen wir nach Hinweisen, die auf eine langfristig gewachsene Körperbildstörung schließen lassen. Dazu zählen etwa (sexuelle) Gewalt in Jugendjahren, ein liebloses Elternhaus usw.
  • Wir sprechen den Bewohner auf sein Verhältnis zum eigenen Körper an. Wir befragen ihn, ob ihn der Alterungsprozess und etwaige Krankheiten sehr belasten. Der Bewohner soll berichten, welche körperlichen Einschränkungen ihn besonders bedrücken würden.
Durchführung: Erfassung
  • Wir prüfen, ob der Bewohner Symptome einer Körperbildstörung zeigt. Wir versuchen, deren Ausmaß einzuschätzen.
  • Verhaltensänderungen
    • Der Bewohner nimmt nicht ausreichend Nahrung zu sich oder verweigert die Nahrungsaufnahme vollständig.
    • Der Bewohner bedeckt das geschädigte Körperteil und verbirgt dieses vor dem Umfeld.
    • Der Bewohner isoliert sich von Freunden, von Mitbewohnern und von der Familie.
    • Die Beschäftigung mit den Veränderungen des Körpers und mit den damit verbundenen Einschränkungen wird zum zentralen Lebensinhalt des Bewohners.
    • Der Bewohner zeigt ein zunehmendes Schamgefühl, etwa beim Waschen oder beim Kleidungswechsel.
    • Der Bewohner weigert sich, ein Körperteil anzusehen oder zu berühren. Dieses zeigt sich etwa in der Weigerung, sich an der Körperpflege zu beteiligen.
    • Der Bewohner verweigert sich pflegenden oder kosmetischen Maßnahmen wie etwa einem Besuch beim Friseur, einer Nagelpflege usw.
    • Der Bewohner wählt farblose Kleidung, die ihn möglichst umfassend verhüllt.
    • Kachektische Senioren wählen mehrschichtige Kleidung, um das Untergewicht zu verbergen.
    • Der Bewohner zeigt selbstverletzendes Verhalten.
    • Der Bewohner weigert sich, Fortschritte im Heilungsprozess zur Kenntnis zu nehmen und sich darüber zu freuen. Also etwa, wenn die Funktionsfähigkeit teilweise zurückkehrt oder sich das äußerliche Erscheinungsbild verbessert.
  • Verbale Hinweise
    • Der Bewohner verwendet für die betroffenen Körperteile Bezeichnungen wie "es", "das da unten" usw.
    • Der Bewohner klagt darüber, dass ein Körperteil seine Funktion nicht mehr ausführen kann. Er äußert negative Gefühle hinsichtlich seines Körpers. Er bezeichnet diesen als "schmutzig", "hässlich", "abstoßend" usw.
    • Der Bewohner berichtet über Ängste, aufgrund seines Äußeren von Mitmenschen abgelehnt zu werden.
    • Der Bewohner betont wiederholt, dass sein Körper "in jungen Jahren" besser aussah. Es kommt zur Überbewertung von erbrachten Leistungen sowie der noch vorhandenen Kräfte.
    • Der Bewohner klagt häufig darüber, dass er das (amputierte) Körperteil vermisst.
    • Der Bewohner äußert Schuldgefühle wegen seines Körperzustands.
    • Der Bewohner vergleicht sein Aussehen mit dem der Mitbewohner. Er kommt stets zum Ergebnis, dass die Mitbewohner besser aussehen.
    • Der Bewohner macht ein Körperteil fü

      +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++



 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
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