Standardpflegeplan Stuhlinkontinenz |
- Stuhlinkontinenz
ist die Unfähigkeit, den Stuhl willentlich zurückzuhalten und später
gesteuert abzusetzen. Eine Stuhlinkontinenz kann verschiedene Ursachen
haben, etwa eine Erkrankung im Verdauungssystem, Lähmungen oder
Verletzungen. Häufig tritt diese Beeinträchtigung auch nach Operationen
im Unterbauch auf.
- Rund 800.000 Menschen in Deutschland leiden unter Stuhlinkontinenz. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.
- Die Stuhlinkontinenz wird unterteilt in drei Schweregrade:
- Teilinkontinenz 1. Grades.
Es kommt zu geringen Stuhlabgängen bei Belastung und Diarrhö
(Durchfall). Daraus resultieren geringe Verunreinigungen der
Unterwäsche sowie unkontrollierter Gasabgang.
- Teilinkontinenz 2. Grades.
Hierbei tritt Inkontinenz für Winde und dünnen Stuhl auf. Diese führt
zu häufigen Wäscheverschmutzungen und unkontrolliertem Abgang von
Darmgasen. Mitunter kommt es auch zu einem Abgang von flüssigem Stuhl.
- Totalinkontinenz. Diese liegt vor bei völligem Kontrollverlust. Der Abgang von Stuhl und Gasen kann nicht mehr gesteuert werden.
Anmerkung:
- Standardpflegepläne geben für spezielle
Pflegeprobleme die typischen pflegerischen Maßnahmen vor, so etwa wie
in diesem Beispiel für Stuhlinkontinenz. Standardpflegepläne umfassen generelle
und potenzielle Pflegeprobleme, Pflegemaßnahmen und Pflegeziele.
- Aus diesem Grund erleichtert ein
Standardpflegeplan zwar die Pflegedokumentation, aber er ersetzt auf
keinen Fall eine individuelle auf den Bewohner / Patienten bezogene
Pflegeplanung.
- Jede Pflegefachkraft ist gehalten, diese
generellen Pflegeprobleme, Pflegemaßnahmen und Pflegeziele auf Relevanz
zu überprüfen und an die individuellen Einschränkungen und Ressourcen
des jeweiligen Bewohners / Patienten anzupassen. Wichtig ist auch beim
Einsatz von Standardpflegeplänen, diese in regelmäßigen Abständen zu
überprüfen und ggf. zu überarbeiten, da sie immer auf dem aktuellen
Stand sein sollten.
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Pflegeproblem |
Pflegemaßnahmen |
Pflegeziel |
Kommunizieren |
- Der Bewohner ist dement und kann seinen
Stuhldrang nicht verbal äußern. Dadurch hat er mehrmals in der Woche
Stuhl in seiner Vorlage.
- Zudem findet er den Weg zur Toilette häufig
nicht. Der Bewohner kann die Pflegekraft nicht um Hilfe bitten, weil
seine sprachlichen Fähigkeiten reduziert sind.
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- Wir führen mit dem Bewohner ein Darmtraining
durch. Er wird täglich nach dem Frühstück und dem Mittagessen immer zur
selben Zeit zur Toilette begleitet.
- Wir finden (ggf. mit den Angehörigen zusammen)
heraus, welche nonverbalen Signale (Mimik und Gestik) der Bewohner bei
Stuhldrang aussendet. Er wird dann sofort zur Toilette begleitet.
- Die Tür des Badezimmers wird gekennzeichnet,
etwa mit einem großen roten Herz, mit der Aufschrift "WC" oder mit
einem Toilettensymbol.
- Ggf. wird auch der Weg zur Toilette
"ausgeschildert", beispielsweise durch rote Pfeile innerhalb des
Bewohnerzimmers oder des Wohnbereichs.
- Der Bewohner erhält leicht zu öffnende Kleidung, damit er selbstständig die Hose runterlassen kann.
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- Der Darm wird trainiert, sich zu immer gleichen Zeiten zu entleeren.
- Dem Bewohner wird es erleichtert, bei Stuhldrang die Toilette zeitnah zu finden.
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Sich bewegen |
- Der Bewohner sitzt im Rollstuhl und bewegt sich
zu wenig. Die Inaktivität ist mitursächlich für die Obstipation
und somit auch für die Stuhlinkontinenz.
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- Der Bewohner erhält über den Tag verteilt 1,5 bis 2,5 Liter Flüssigkeit zu trinken.
- Wir animieren den Bewohner dazu, sich täglich
mehrmals für mindestens 15 Minuten zu bewegen. Er nimmt an der
Sitzgymnastik teil. Zudem führt der Bewohner sog. “Rollstuhllaufen”
durch. Er sitzt dabei im Rollstuhl, benutzt aber seine Füße, um sich
vorwärts zu bewegen.
- Der Bewohner erhält eine Ernährungsberatung. Er soll auf eine ballaststoffreiche Kost achten.
- Wir leiten ihn zu Bauchmassagen an, um die Darmperistaltik anzuregen.
- Wir zeigen ihm Alternativen zu Abführmitteln auf, etwa Sauerkrautsaft.
- Bei einer sehr hartnäckigen Verstopfung erhält der Bewohner Abführmittel oder ggf. einen Einlauf.
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- Der Bewohner hat regelmäßigen Stuhlgang ohne Schmerzen.
- Der Bewohner bewegt sich ausreichend. Er ernährt sich ausgewogen und ballaststoffreich.
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Essen und trinken |
- Der Bewohner ist adipös. Das Übergewicht ist mitverantwortlich für die Stuhlinkontinenz, da der Beckenboden überlastet ist.
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- Der Bewohner erhält eine Ernährungsberatung.
- Der Bewohner wird zu mehr Bewegung angeleitet.
Er nimmt an der Gymnastik teil und wird zu Spaziergängen in unserem
Garten ermuntert.
- Der Bewohner erhält ein Beckenbodentraining
durch die Physiotherapie. Wir erinnern ihn täglich daran, regelmäßig
die Übungen für den Beckenboden durchzuführen.
- Diese Übungen bestehen aus dem wiederholten
Anspannen und Lösen der Muskulatur im Bereich des Gesäßes und des
Beckenbodens. Beispiel: Der Bewohner stützt im Sitzen seine Arme auf
einem Tisch auf. Die Beine stellt er fest auf den Boden und hebt nun
lediglich das Gesäß vom Stuhl ab. Diese Übung sollte der Bewohner
mehrmals täglich durchführen.
- Wir prüfen, ob eine Elektrostimulation sinnvoll
eingesetzt werden kann. Auf ärztliche Anordnung wird die Muskulatur des
Schließmuskels zweimal täglich mit Elektroden stimuliert. Dieses führt
dazu, dass der Bewohner die Muskulatur bewusster wahrnehmen kann. Zudem
wird die Muskulatur gestärkt.
- Wir prüfen, ob der Einsatz von Biofeedback
sinnvoll ist. Biofeedbacktrainingsgeräte messen die
Muskulaturanspannung. Sobald ein vorher definierter Wert erreicht ist,
wird dieses durch ein akustisches oder durch ein optisches Signal
angezeigt.
- Wir machen dem Bewohner klar, dass alle oben genannten Maßnahmen erst nach mehrmonatiger Anwendung Erfolge zeigen werden.
- Wir fragen den behandelnden Arzt, ob eine
Sakralnervenstimulation mithilfe eines Schrittmachers für den Bewohner
infrage kommt. Dabei werden die Nerven künstlich stimuliert.
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- Der Bewohner reduziert langsam sein Gewicht.
- Der Bewohner spürt wieder seinen Beckenboden und erhält die Kontrolle über die Defäkation zurück.
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Ausscheiden |
- Der Bewohner leidet an einer
Überlaufinkontinenz und ist komplett immobil. (Eine Überlaufinkontinenz
zeigt sich durch vermeintlichen Durchfall oder durch Stuhlschmieren.
Flüssiger Stuhl oder Darmschleim fließt um die verhärteten Kotballen
herum und wird dann oft als Durchfall fehlgedeutet.)
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- Der Bewohner wird manuell ausgeräumt. Die
Pflegekraft löst also vorsichtig mit dem Finger die festen Kotballen
aus dem Darm heraus. Die Pflegekraft reagiert sensibel auf
Schmerzäußerungen des Bewohners. Nach dem Ausräumen führen wir die
Hautpflege durch.
- Der Bewohner erhält eine ausreichend große Vorlage.
- Wir führen mit dem Bewohner zweimal täglich passive Bewegungsübungen durch, um eine Obstipation zu verhindern.
- Der Bewohner soll täglich 1,5 bis 2,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen.
- Wir massieren zweimal täglich für etwa 10 Minuten den Darm des Bewohners.
- Der Bewohner erhält bei Bedarf ein Klistier.
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- Die Überlaufinkontinenz wird richtig erkannt und überwunden.
- Der Bewohner kann regelmäßig und ohne Schmerzen abführen.
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- Als Folge eines Schlaganfalls kann der Bewohner
den Entleerungsreiz nicht mehr spüren und geht daher nicht
selbstständig zur Toilette.
- Er führt in die Vorlage ab.
- Der Entleerungsrhythmus des Darms ist unregelmäßig. Der Zeitpunkt der nächsten Stuhlentleerung lässt sich nicht abschätzen.
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- Wir erstellen ein Ausscheidungsprotokoll. Dieses umfasst alle relevanten Beobachtungen, insbesondere:
- Wann führt der Bewohner ab?
- Wie gravierend ist die Stuhlinkontinenz gemäß der Gradeinteilung?
- Nimmt der Bewohner den Stuhldrang rechtzeitig
vor einem unkontrollierten Abgang wahr? Meldet er sich dann bei den
Pflegekräften? Wie schnell erfolgt danach das Abführen?
- Alternativ zum obigen Punkt: Meldet sich der
Bewohner eigenständig, nachdem er seinen Darm unkontrolliert in die
Vorlage entleert hat? Oder bleibt er untätig, bis die Pflegekraft den
Stuhlabgang bemerkt?
- Welche Mengen an Stuhl führt der Bewohner ab? Wie ist die Konsistenz?
- Hat der Bewohner Schmerzen beim Stuhlabgang?
- Sind Blutverschmutzungen im Kot oder am After sichtbar?
- Wie häufig wird die Wäsche verschmutzt?
- Aus den Daten des Ausscheidungsprotokolls
ermitteln wir den Durchschnittszeitpunkt, an dem erfahrungsgemäß mit
dem nächsten Stuhlgang zu rechnen ist.
- In den folgenden Tagen bieten wir dem Bewohner
zu diesem Zeitpunkt ein Getränk an, das dieser zügig austrinken soll.
In kreisenden Bewegungen wird nun sanft der Bauch massiert. Die
Bewegungen folgen dem Verlauf des Magen-Darm-Trakts.
- Ggf. wird dem Bewohner ein feuchter Waschlappen auf den Bauch gelegt.
- Nun führen wir den Bewohner zur Toilette. Ihm wird ausreichend Ruhe zum Abführen gelassen.
- Das Badezimmer sollte stets sauber, gut gelüftet und angenehm temperiert sein.
- Nach der Umstellung auf die Sommerzeit oder auf die Winterzeit geben wir dem Bewohner Zeit, sich an die Veränderung anzupassen.
- Wir entwickeln feste Rituale im Zusammenhang
mit dem Toilettengang und dem Sitzen auf der Toilette, etwa das Lesen
der Tageszeitung.
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- Der Bewohner wird sensibilisiert für den Entleerungsreiz und spürt ihn wieder.
- Er führt zur gleichen Tageszeit ab.
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Sich kleiden |
- Die Kleidung behindert den Bewohner dabei, sich schnell auf der Toilette zu entkleiden.
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- Die Angehörigen werden gebeten, die Kleidung
des Bewohners (Hosen und Röcke) mit Gummizügen oder mit
Klettverschlüssen auszustatten.
- Die Kleidung sollte einfach und schnell zu öffnen sein.
- Sie sollte bequem zu tragen sein und nicht einschnüren.
- Der Bewohner sollte hinderliche
Kleidungsangewohnheiten umstellen, etwa mehrere Unterhosen übereinander
zu tragen. Wir beraten und unterstützen ihn dabei.
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- Der Bewohner trägt Kleidung, die er bei Stuhldrang schnell und selbstständig öffnen kann.
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Sich beschäftigen |
- Der Bewohner zeigt Anzeichen einer Deprivation und schmiert mit Kot.
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- Wir machen dem Bewohner keine Vorwürfe, sie sind nutzlos. Er versteht sie nicht.
- Der Bewohner wird gewaschen, geduscht oder
gebadet. Vor allem die Finger und die Fingernägel werden sorgfältig
gesäubert, am besten mit einem Handbad.
- Die Kleidung und die Bettwäsche werden gewechselt.
- Das Bett und die Umgebung des Bewohners werden
gereinigt. Die Oberflächen werden desinfiziert. Ggf. kann sich der
Bewohner an den Reinigungsmaßnahmen beteiligen.
- Wir gestalten zusammen mit dem Bewohner das
Zimmer neu, damit dieser mehr Außenreize wahrnehmen kann; etwa durch
den Blick aus dem Fenster.
- Testweise bieten wir dem Bewohner ein
Ersatzobjekt für den Stuhl an. Dieses muss weich, warm und formbar
sein, etwa ein Plastikhandschuh gefüllt mit Therapieknete oder ein
Gelkissen in einem stabilen Plastikbeutel. Auch Kirschkernkissen sind
ein Angebot, mit dem sich der Betroffene taktil auseinandersetzen kann.
Achtung: Angebote werden immer erst unter Beobachtung in die Hände
gegeben.
- Unsere Ergotherapie kann eine Schmiertherapie mit Fingerfarben anbieten.
- Wir prüfen, inwieweit ein Kot schmierender
Bewohner am Gemeinschaftsleben teilnehmen kann. Die Ekelgefühle von
Mitbewohnern werden bei der Abwägung ebenso berücksichtigt wie die
Belange des Bewohners.
- Wenn durch das Kotschmieren die Gesundheit des Bewohners gefährdet ist, prüfen wir die Notwendigkeit von Fixierungsmaßnahmen.
- Des Weiteren eignen sich nach Rücksprache mit
dem Hausarzt und den Betreuern geschlossene Schlafanzüge mit
Reißverschluss oder Druckknöpfen. Auch diese sollten zunächst unter
Beobachtung angezogen werden. Wir beobachten das Verhalten des
Bewohners. (Achtung: Fixierungsproblematik!)
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- Der Bewohner stellt das Kotschmieren ein.
- Der Bewohner leidet selbst nicht mehr unter dem Kotschmieren.
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Sich als Mann
oder Frau fühlen und verhalten |
- Der Bewohner möchte mit seiner Ehefrau
Geschlechtsverkehr haben. Durch die Stuhlinkontinenz ist die Beziehung
aber stark gestört. Der Bewohner hat Angst vor einer unkontrollierten
Stuhlentleerung.
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- Wir beraten das Ehepaar zu weiteren
Inkontinenzprodukten, die eine inkontinenzfreie Zeit ermöglichen, wie
etwa das Tragen eines Analtampons.
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+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
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