Notfallstandard
"hypertensive Krise" |
Definition:
|
- Die hypertensive Krise ist die häufigste
Komplikation, die bei Bluthochdruckpatienten auftritt. Es handelt sich
dabei um einen starken, plötzlich auftretenden Anstieg des systolischen
und zumeist auch des diastolischen Blutdrucks auf Werte von 230/130
mmHg.
- Oftmals wird diese Blutdruckspitze begleitet
von verschiedenen Beschwerden oder Beeinträchtigungen von
Organfunktionen.
- Eine hypertensive Krise ist ein Notfall. Es
kann zu einem Lungenödem, zu einem zerebralen Krampfanfall, zu
Hirnblutungen oder zu einem Herzinfarkt kommen. Eine weitere häufige
Folge ist ein Schlaganfall.
|
Grundsätze:
|
- Wenn hinreichende Anzeichen für eine
Gesundheitsgefährdung sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die
Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer
als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
- Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner
diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt
einschätzt.
|
Ziele:
|
- Der Blutdruck wird langsam und schonend
gesenkt. Ideal ist eine Reduktion binnen 30 Minuten auf zunächst 160 /
100 mmHg, also um ca. 20 bis 25 Prozent.
- Organschäden durch eine zu rasche
Blutdrucksenkung werden vermieden.
|
Vorbereitung: |
Prävention
|
Wir versuchen, durch
geeignete Präventionsmaßnahmen eine hypertensive Krise zu vermeiden:
- Alle im Standard "Pflege von Senioren mit
Hypertonie" definierten Maßnahmen werden umgesetzt.
- Schmerzen steigern den Blutdruck. Starke
Beschwerden, insbesondere chronische Verlaufsformen, sollten durch
Analgetika kontrolliert werden.
- Wenn der Bewohner stark erregt ist, versuchen
wir beruhigend auf ihn einzuwirken.
- Wenn der Bewohner wiederholt unter leichteren
Blutdruckentgleisungen leidet, wird er seinem Hausarzt vorgestellt, um
die Ursache dafür zu bestimmen.
- Oftmals ist eine hypertensive Krise die Folge
einer fehlerhaften Arzneimitteleinnahme. Wenn wir vermuten, dass der
Bewohner mit der eigenständigen Medikamentenversorgung überfordert ist,
übernehmen wir diese Aufgabe ganz oder teilweise.
- Wir bitten den Hausarzt um die Verschreibung
einer geeigneten Bedarfsmedikation. Diese sollte verschiedene Vorgaben
enthalten:
- Angabe, ab welchem Blutdruck die Applikation
der Notfallmedikamente erfolgen soll
- Dosierung und Applikationsvorgaben
- Zeitraum, innerhalb dessen der Blutdruck auf
einen bestimmten Wert gesunken sein soll
- Bedingungen für die Alarmierung des Notarztes
|
Symptome
|
Wir achten auf die
typischen Symptome, die in Verbindung mit einer hypertensiven Krise
auftreten. Etwa:
- Kopfschmerz ("Druck" oder "Pulsieren" im Kopf)
- rote Gesichtsfärbung
- Sehstörungen (Flimmern vor den Augen)
- Ohrensausen
- Sprachstörungen
- Schwindel
- Verwirrtheit
- Somnolenz
- Koma
- Übelkeit und Erbrechen
- Nasenbluten
- Krampfanfälle
- Lähmungserscheinungen
- Angina pectoris
- Dyspnoe
- Herzrhythmusstörungen
- Oligurie oder Anurie
|
Durchführung:
|
allgemeine
Pflegemaßnahmen
|
- I.d.R. erfordert eine hypertensive Krise die
sofortige Alarmierung des Notarztes. Wir bereiten die
Krankenhauseinweisung des Bewohners vor.
- Unter bestimmten Voraussetzungen ist die
Benachrichtigung des Notarztes verzichtbar. In diesem Fall ist es
ausreichend, wenn zeitnah der Hausarzt informiert wird:
- Der Bewohner leidet wiederholt unter
hypertensiven Krisen. Das aktuelle Krankheitsgeschehen geht nicht über
die übliche Symptomatik hinaus.
- Der Hausarzt ist über die wiederholten Krisen
informiert. Er hat eine Bedarfsmedikation angeordnet. Nach Applikation
der Wirkstoffe sinkt der Blutdruck innerhalb der ärztlich definierten
Zeitspanne auf den ebenfalls vorgegebenen Wert.
- Der Bewohner wird gebeten, sich in sein Bett zu
legen.

- Der Oberkörper wird hoch gelagert. Die Beine
lagern wir tief; ggf. soll der Bewohner die Beine aus dem Bett hängen
lassen.
- Die Vitalzeichen und insbesondere der Blutdruck
werden engmaschig überwacht.
- Störende Faktoren werden minimiert. So wird
etwa ein Mitbewohner, mit dem sich der Senior gestritten hat, aus dem
Zimmer gebeten.
|
medikamentöse
Blutdrucksenkung
|
- Sofern eine entsprechende Bedarfsmedikation
verschrieben wurde, verabreichen wir rasch wirkende Antihypertonika.
- z.B. Nitrospray: Wir verabreichen die
verschriebene Dosis in den Mund.
- z.B. Nitrendipin (Dihydropyridinderivat): Wir
tropfen dem Bewohner eine Phiole unter die Zunge.
- z.B. Adalat als Kapsel zum Zerbeißen
(Nifedipin)
- Nach einer oralen Applikation sollte der
Bewohner einige Minuten keine Flüssigkeit zu sich nehmen. Dieses
gewährleistet einen längeren Kontakt des Wirkstoffes mit der
Schleimhaut.
- Ideal ist eine Blutdrucksenkung um maximal 25
Prozent unterhalb des Ausgangswerts. Diese Reduktion sollte innerhalb
von 20 Minuten messbar sein.
- Verschiedene Wirkstoffe dürfen in einem Notfall
(soweit nicht anders verordnet) nur einmal gegeben werden. Alle
weiteren Maßnahmen sind mit dem Arzt / Notarzt abzusprechen.
|
Nachbereitung: |
Ursachenforschung
|
- Wir prüfen, welche Faktoren ursächlich für die
Entstehung der hypertensiven Krise sein können:
- Nichteinnahme oder Fehleinnahme der
Blutdruckmedikamente
- Entgleisung einer bestehenden Hypertonie durch
Aufregung oder durch Schmerzen
- Nierenschädigungen
- Neben- oder Wechselwirkungen von Medikamenten
- Infektionen
(Hinweis: In einigen Fällen führt schon die
bloße Anwesenheit von Pflegekräften oder von Ärzten zu einer
Blutdruckerhöhung (sog. "Weißkittelsyndrom"). Wenn dieser Effekt bei
dem Bewohner auftritt, sollte eine Langzeitblutdruckmessung über einen
Zeitraum von 24 Stunden erfolgen.)
|
weitere Maßnahmen
|
- Nach der Überwindung der akuten Gefährdung kann
die Kontrollintensität langsam wieder normalisiert werden. Aber
zumindest in den folgenden Tagen sollten die Vitalwerte und der
Bewusstseinszustand des Bewohners häufiger überprüft werden.
- Die Pflegeplanung wird ggf. aktualisiert.
- Die Beobachtungen und die Messergebnisse werden
sorgfältig dokumentiert.
- Der Hausarzt wird über die hypertensive Krise
informiert.
- Wir nutzen die Erkenntnisse, um bei der
nächsten Krise mit einer ggf. angepassten Bedarfsmedikation reagieren
zu können. Dieses insbesondere, wenn die bisherige Wirkstoffmenge eine
zu rasche Blutdrucksenkung auslöste.
- Der Bewohner sollte einem Augenarzt vorgestellt
werden, um Schäden an der Netzhaut auszuschließen.
|
Dokumente: |
- Berichtsblatt
- Vitaldatenblatt
- Medikamentenblatt
|
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation: |
|