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Version 1.05

Standard "Hitzschlag: Prophylaxe und Notfallmaßnahmen"

 
Der Rekordsommer 2003 wird vielen Pflegekräften noch lange in unguter Erinnerung bleiben. Zahlreiche Senioren starben am Hitzschlag. Mit einem Notfallstandard können Sie sicherstellen, dass alle Mitarbeiter die Gefahr richtig einschätzen und angemessen handeln.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Hitzschlag: Prophylaxe und Notfallmaßnahmen"

Definition:
  • Eine Hyperthermie ist eine Erhöhung der Körpertemperatur, ohne dass sich der Sollwert im Hypothalamus verändert hätte. Es liegt also kein vom Körper "gewolltes" Fieber vor.
  • Ursache ist fast immer eine zu hohe Wärmezufuhr von außen, etwa im Sommer oder in der Sauna.
  • Je nach Schwere der Symptome werden mehrere Formen der Hyperthermie unterschieden:
    • Bei einem Hitzekollaps kommt es zu einem wärmebedingten Weitstellen der Blutgefäße. Ein großer Teil des Blutes staut sich in den Beinen (es "versackt"). Die vermehrte Ausscheidung von Schweiß destabilisiert den Flüssigkeitshaushalt. In der Folge leiden Betroffene unter einem Schwächegefühl bis hin zur Ohnmacht.
    • Hitzekrämpfe sind die Folge von Natriummangel. Vor allem bei körperlicher Aktivität schwitzt der Bewohner große Mengen von Natrium aus. Dieses begünstigt das Auftreten von Krämpfen und Muskelzuckungen.
    • Die schwerste Form der Überhitzung ist der Hitzschlag. Hier führt die Kombination von zwei Faktoren zur Lebensgefahr. Einerseits wird dem Körper durch die hohen Außentemperaturen zu viel Wärme zugeführt. Gleichzeitig ist die Fähigkeit des Körpers gestört, die Wärme wieder abzugeben. Dieses etwa, weil die Kleidung zu dick ist oder die Schweißproduktion gehemmt ist. Es drohen ein Herzkreislaufversagen und ein Hirnödem.
    • Ebenfalls potentiell lebensbedrohlich ist der Sonnenstich. Hier führt die dauerhafte Einstrahlung von Sonnenlicht auf den Körper zu schweren Störungen wie etwa einer Gehirnhyperämie oder einer serösen Meningitis.
Grundsätze:
  • Wenn hinreichende Anzeichen für einen Hitzschlag sprechen, wird immer ein Arzt / Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
  • Die schriftliche Patientenverfügung wird beachtet, insbesondere bei einer Reanimation.
Ziele:
  • Die individuelle Gefährdung wird korrekt ermittelt.
  • Der Bewohner passt sein Verhalten an die Außentemperaturen an und vermeidet damit das Auftreten eines Hitzschlages.
  • Ein sich entwickelnder Hitzschlag wird rechtzeitig erkannt. Durch geeignete Maßnahmen werden die gesundheitlichen Schäden minimiert.
Vorbereitung: Risikoerkennung Wir prüfen, welche Bewohner besonders gefährdet sind.
  • Hypohidrosis (verminderte Produktion von Schweiß)
  • zu geringe Flüssigkeitsaufnahme
  • Einnahme von Diuretika (auch eigenmächtig zur Gewichtsreduktion)
  • chronische Erkrankungen (z.B. Diabetes)
  • Alkohol- und Medikamentenmissbrauch
  • Adipositas
  • zu warme Kleidung auch im Sommer
  • Hitzschlag oder ähnliche Vorkommnisse in der Vergangenheit
Prophylaxemaßnahmen Bei einer Außentemperatur von über 30° C treffen wir Vorsichtsmaßnahmen, um unsere Bewohner vor einem Hitzschlag zu schützen:
  • Wir empfehlen dem Bewohner, sich nicht länger als einige Minuten dem direkten Sonnenlicht auszusetzen. Wir achten insbesondere darauf, dass demente Senioren Schattenplätze aufsuchen.
  • Der Bewohner soll einen Sonnenschutz tragen, vor allem eine Kopfbedeckung.
  • Der Bewohner sollte wenig stehen, sondern liegen oder mit hochgelegten Beinen im Sessel sitzen.
  • Wir raten dem Bewohner, körperliche Aktivitäten zu reduzieren oder auf die frühen Morgen- und späten Abendstunden zu verschieben.
  • Der Bewohner soll ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Ideal sind zwei bis drei Liter pro Tag.
  • Bei hohen Temperaturen soll der Bewohner auf den Genuss von Alkohol verzichten.
Durchführung: Symptome Wir achten auf Symptome, die für eine Hyperthermie sprechen:
  • Die Haut des Bewohners ist rot, trocken und heiß. Oder: Die Haut ist aschgrau, kalt und weißlich.
  • Die Atmung ist flach.
  • Der Puls ist beschleunigt, der Blutdruck ist ungewöhnlich niedrig.
  • Eine rektale Temperaturmessung oder die Messung im Ohr ergibt eine erhöhte Körpertemperatur.
  • Trotz hoher Lufttemperaturen schwitzt der Bewohner nicht.
  • Es kommt zu Muskelkrämpfen.
  • Der Bewohner berichtet über ein Flimmern vor den Augen.
  • Der Bewohner klagt über Erschöpfung, Kopfschmerzen und Schwindel.
  • Die Sprache des Bewohners ist verwaschen, das Bewusstsein ist getrübt.
  • Der Bewohner berichtet, dass ihm schlecht wäre. Er übergibt sich.
Alarmierung des Arztes Wir prüfen, ob es notwendig ist, einen Arzt zu informieren. Dieses ist i.d.R. sinnvoll bei:
  • schwerer Symptomatik (siehe oben)
  • bestehenden Herzkreislauferkrankungen
  • bekannte Schädigung der Niere

Falls das Risiko einer Gesundheitsschädigung besteht, leiten wir die entsprechenden Notfallmaßnahmen ein:

  • Der Notarzt wird verständigt.
  • Wir wirken beruhigend auf den Bewohner ein.
  • Wenn die Atmung oder das Herz-Kreislaufsystem versagen, wird der Bewohner wiederbelebt.
  • Die Krankenhauseinweisung wird vorbereitet (gemäß Standard "Krankenhauseinweisung").
  • Bei Ankunft des Rettungstransportwagens und des Notarztes wird der Arzt ausführlich eingewiesen.
  • Die Dokumente werden übergeben.
Maßnahmen bei leichteren Verläufen Bei leichteren Verläufen sehen wir zunächst von der Alarmierung des Arztes oder des Notarztes ab.
  • Wir erfassen engmaschig die Vitaldaten, insbesondere also Puls, Blutdruck und Körpertemperatur.
  • Der Bewohner wird in sein Zimmer begleitet. Er wird flach gelagert.
  • Die Atmung des Bewohners wird kontrolliert. Ggf. wird der Bewohner in einer atemunterstützenden Position gelagert.
  • Die Haut wird überwacht, insbesondere also die Farbe und die Schweißproduktion.
  • Der Bewohner wird entkleidet. Auf den Kopf und auf den Rumpf legen wir kühlende Umschläge auf. Er wird (wenn überhaupt) nur mit einem Bettbezug zugedeckt.
  • Der Bewohner erhält elektrolythaltige Getränke, sofern keine Aspirationsgefahr aufgrund einer Bewusstseinseintrübung besteht.
Nachbereitung: Maßnahmen nach Abfahrt des Bewohners im Rettungstransportwagen
  • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Ggf. werden die Angehörigen informiert.
Maßnahmen bei Verbleiben des Bewohners in der Einrichtung
  • Der Zustand des Bewohners wird überwacht, bis sich die Werte wieder im Normbereich befinden.
  • Der Bewohner sollte in den folgenden drei bis vier Tagen seine Kräfte sparen und jede Anstrengung vermeiden.
  • Die Pflegeplanung wird angepasst, um zukünftig ähnliche Vorkommnisse zu vermeiden.
Prognose
  • Ein überstandener Hitzschlag kann bleibende Schäden im Bereich der thermoregulatorischen Zentren hinterlassen. Der Bewohner wird dann zukünftig noch anfälliger für extreme Umgebungstemperaturen sein.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Hyperthermie; Notfall; Hitzschlag; Hitze; Sonnenstich; Überwärmung; Dehydratation; Dehydratationsprophylaxe; Exsikkose; Flüssigkeitsbilanzierung
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.