|
|
Vers. 2.09 |
|
Standard
"Biografiearbeit" |
|
Warum will Herr Maier nicht baden? Warum
hat Frau Schulze panische Angst vor männlichem Pflegepersonal?
Viele Gewohnheiten, Vorlieben und Empfindlichkeiten basieren auf
einschneidenden Lebenserfahrungen. Ein Effekt, der durch eine
einsetzende Demenz noch verstärkt wird. Unser erweiterter
Standard beschreibt, wie biografische Informationen sinnvoll in
die tägliche Pflege einfließen. |
|
So übernehmen Sie eine Textvorlage in Ihre
Textverarbeitung
- Bewegen Sie den Mauszeiger an die
Oberseite der Textvorlage, die Sie übernehmen wollen. Er
sollte in der freien, weißen Fläche leicht oberhalb der
Tabelle platziert werden.
- Drücken Sie die linke Maustaste und
halten Sie diese gedrückt!
- Fahren Sie mit dem Mauszeiger nach
unten. Der Text färbt sich nun blau ein.
- Fahren Sie mit dem Mauszeiger in den
weißen, freien Bereich etwas unterhalb des Tabellenendes.
- Lassen Sie die linke Maustaste los.
- Fahren Sie mit dem Mauszeiger
irgendwo auf den blau markierten Textbereich.
- Drücken Sie die rechte Maustaste.
- Es öffnet sich ein Menü. Wählen Sie
mit der linken Maustaste den Punkt "Kopieren". Das Fenster
schließt sich nun.
- Starten Sie Ihre Textverarbeitung.
- Die Textverarbeitung öffnet sich mit
einem leeren, weißen Dokument. Klicken Sie mit der rechten
Maustaste irgendwo in das leere Dokument. Es öffnet sich ein
Menü. Wählen Sie mit der linken Maustaste den Punkt
"Einfügen".
- Die Textvorlage befindet sich nun in
Ihrer Textverarbeitung und kann hier weiter bearbeitet
werden.
Für alle Computereinsteiger
haben wir eine umfangreich bebilderte Seite erstellt, auf der jeder
Schritt noch ausführlicher erklärt wird. Es ist ganz einfach!
Klicken Sie hier.
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert
und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
|
|
Standard "Biografiearbeit" |
Definition: |
- Jeder Bewohner hat eine
einmalige und einzigartige Lebensgeschichte. Er
durchlebt Höhen und Tiefen, Erfolge und Niederlagen.
Die Biografie hat Einfluss auf das Verhalten,
Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen.
- Im Rahmen der Biografiearbeit
werden wesentliche Daten und Fakten aus dem Leben
eines Bewohners zusammengetragen. Die Pflegekraft
sammelt Informationen zur Lebensgeschichte,
Interessen und Neigungen. Es geht dabei aber um mehr
als einen bloßen Lebenslauf. Viel wichtiger ist,
welche emotionalen Verbindungen zu derartigen
Lebensphasen noch bestehen.
- Es gilt eine auf die
individuellen Bedürfnisse eines Menschen
zugeschnittene Pflege zu planen und durchzuführen.
Die Biografiearbeit fördert das Verständnis für den
Bewohner.
- Ein sorgfältig erstellter
Biografiebogen ist unverzichtbarer Bestandteil der
Pflegedokumentation. Er ist insbesondere bei
dementiell erkrankten Bewohnern hilfreich.
- Die Biografiearbeit wird bei
allen Bewohnern durchgeführt. Wir nutzen dafür
verschiedene Hilfsmittel, wie etwa Fotos, Lieder,
Tagebücher, Filme usw.
|
Grundsätze: |
- Nur eine Biografiearbeit, die
auf echtem Interesse und menschlicher Anteilnahme
basiert, ist letztlich erfolgreich.
- Die individuelle Biografie
eines Bewohners ist ein intimes und wertvolles Gut.
Das Bedürfnis, sein Innerstes bedeckt zu halten, ist
im Zweifel wichtiger als das Informationsbedürfnis
der Pflegekräfte. Der Bewohner entscheidet daher
selbst, welche Informationen er preisgeben möchte.
Er darf nicht bedrängt werden.
- Alle Informationen werden
ausschließlich für pflegerische Zwecke genutzt und
ansonsten vertraulich behandelt.
- Informationen aus zweiter
Hand, also etwa von Angehörigen, sind mit Vorsicht
zu nutzen. Sie können subjektiv gefärbt,
unvollständig oder fehlerhaft sein.
- Der Bewohner wird mit seinem
Gefühlsleben angenommen. Angaben des Bewohners
werden stets als "wahr" akzeptiert, auch wenn ihre
Korrektheit zweifelhaft erscheint.
- Es kann Zeit brauchen, bis
ein Bewohner Vertrauen zu seiner Bezugspflegekraft
aufgebaut hat. Eine gute Biografiearbeit beschränkt
sich folglich nicht auf ein einmaliges Gespräch,
sondern wird kontinuierlich fortgeführt.
- Biografiearbeit trägt immer
auch die Gefahr einer Stigmatisierung in sich. Es
werden daher keine diskriminierenden Informationen
über den Bewohner in der Pflegedokumentation
vermerkt (etwa eine Straftat in der Jugend).
|
Ziele: |
- Die gewonnenen
Informationen helfen den Pflegekräften, den
Bewohner besser zu verstehen. Insbesondere
die Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten
werden bestimmt und in Zukunft vermieden.
Das Handeln und Auftreten des Bewohners
normalisieren sich.
- Die Identität des
Bewohners wird auch im Verlauf einer
dementiellen Erkrankung möglichst lange
bewahrt.
- Wir mobilisieren die
Kräfte im Bewohner, die ihm helfen, an die
Vergangenheit anzuknüpfen und Kraft für die
Zukunft zu gewinnen.
- Wir kennen die
Gewohnheiten des Bewohners. Wir ermöglichen
ihm in unserer Einrichtung ein Leben, dessen
Tagesabläufe sich an seiner Vergangenheit
orientieren.
- Der Bewohner spürt,
dass er von uns als Persönlichkeit ernst
genommen wird. Er merkt, dass seine Wünsche
bei der täglichen Pflege und Betreuung
berücksichtigt werden.
- Das
Langzeitgedächtnis wird aktiviert. Das
Konzentrationsvermögen wird gefördert.
- Die zeitliche und
örtliche Orientierung des Bewohners wird
gestärkt. Er wird im "hier und jetzt"
verankert.
- Wir ermöglichen es
dem Bewohner durch eine rückschauende
Betrachtung und Reflexion, sein Leben zu
ordnen und jeder Lebensstation einen Sinn
beizumessen. Wir erleichtern es damit dem
Bewohner insbesondere, belastende
Erinnerungen zu verarbeiten. Dem Bewohner
soll eine versöhnliche Lebensbilanz möglich
werden.
- Die Kommunikation und
die soziale Integration des Bewohners werden
gefördert.
|
Vorbereitung: |
- Die intensive
Informationssammlung zur Bewohnerbiografie beginnt
erst, wenn sich ein neuer Bewohner nach dem
Heimeinzug an die neue Umgebung gewöhnt hat. Die
Basisdaten zum Lebenslauf wurden bereits im
Vorgespräch erhoben.
- Die Biografiearbeit ist immer
Aufgabe der Bezugspflegekraft. Die Zeit, die für die
Biografiearbeit benötigt wird, sollte im Dienstplan
vermerkt werden. Es ist sinnvoll, die
Biografiearbeit auf solche Tage zu verschieben, an
denen die Arbeitsbelastung geringer ist.
- Wir befragen auch Angehörige
und enge Bezugspersonen zur Biografie des Bewohners.
Relevant sind insbesondere schwierige Lebensphasen,
über die der Bewohner selbst nicht gerne spricht.
Wenn die Angehörigen in einer anderen Stadt wohnen,
kann die Pflegekraft sie telefonisch oder per eMail
um die notwendigen Informationen bitten. Den
Angehörigen wird ein sorgsamer und vertraulicher
Umgang mit den Daten zugesagt.
- Wir fragen Angehörige, ob
diese über Fotoalben o.Ä. verfügen. Diese leihen wir
ggf. frühzeitig aus. Alternativ bitten wir die
Angehörigen, uns wichtige Fotos für die
Biografiearbeit zu kopieren. Farbfotos sollten
(falls möglich) am Computer gescannt und dann
ausgedruckt werden. Sehr hilfreich ist es, wenn die
Angehörigen die Fotos rückseitig beschriften und den
Aufnahmeort, das Aufnahmedatum und den Kontext
vermerken.
- Wir sammeln wichtige
historische Informationen, etwa über die Vertreibung
aus Ostpreußen oder Schlesien, wenn der Bewohner
dort lebte.
- Soweit möglich suchen wir
nach historischen Fotos aus der Stadt, in der der
Bewohner lebte. Wir nutzen dafür die
Google-Bildersuche. Ideal sind die typischen
Postkartenmotive mit vertrauten Gebäuden.
- Wir stellen sicher, dass
unser Pflegedokumentationssystem über einen
separaten Biografiebogen verfügt.
- Der Bewohner wird rechtzeitig
über das Gespräch informiert. Ggf. wird auch die
engste Bezugsperson eingeladen.
- Wir stellen einen geeigneten
Raum bereit, der ein vertrauliches Gespräch erlaubt
(etwa wenn der Bewohner in einem Zweibettzimmer
lebt).
- Wir stellen Getränke und
Knabbereien bereit.
- Das Mobiltelefon und der
Pieper werden ausgeschaltet.
- Der Bewohner wird in eine
Position gebracht, die es ihm ermöglicht, ein
Fotoalbum anzusehen. Dazu wird etwa das Rückteil des
Bettes hochgefahren. Alternativ kann der Bewohner in
eine A-Lagerung mobilisiert werden.
- Der Bewohner soll seine
Brille aufsetzen und das Hörgerät nutzen.
- Hinweis: In der ambulanten
Pflege gelingt die Biografiearbeit einfacher.
Zumeist sind in der Wohnung des Patienten zahlreiche
Einrichtungsgegenstände, Bilder, Fotos, Urkunden
usw. zu finden. Zudem führen ambulant versorgte
Senioren ihre vertrauten Lebensweisen zumeist
weitgehend fort. Auch sind Angehörige, Freunde und
Nachbarn besser als Gesprächspartner erreichbar.
|
Durchführung: |
Gesprächsführung |
- Sofern der Bewohner eigene
Fotoalben hat, sehen wir diese gemeinsam mit dem
Bewohner durch. Oftmals ergibt sich anhand der
Bilder ein ergiebiger Informationsfluss. Die
Biografiearbeit sollte ruhig erfolgen. Beim
Durchblättern erhält der Bewohner ausreichend Zeit,
um sich auf das Bild zu konzentrieren und seine
Erinnerungen zu sammeln. Dem Bewohner wird stets
genug Zeit für Antworten gelassen.
- Der Bewohner wird nicht oder
nur sehr umsichtig korrigiert, wenn seine
Erinnerungen offenbar falsch sind oder er
historische Fakten verwechselt.
- Zeitliche Sprünge in den
Schilderungen des Bewohners können auf einen
größeren Zeitraum hinweisen, an den er sich ungern
erinnert. Die Biografiearbeit bleibt immer auf
solche Bereiche beschränkt, die der Bewohner von
sich aus schildert. Wir fragen („bohren“) nicht
weiter nach, wenn dieses den Bewohner offensichtlich
belastet.
- Die Biografiearbeit sollte
tendenziell die positiven Aspekte betonen. Die
Pflegekraft und der Bewohner dürfen und sollen also
„in Erinnerungen schwelgen“. Die selbstkritische
Auseinandersetzung mit Fehlern und Versäumnissen
sollte in einem erträglichen Rahmen bleiben.
- Die Pflegekraft sollte
sachlich und stets etwas distanziert zuhören; dieses
insbesondere bei Themen, die den Bewohner belasten.
Wenn die Pflegekraft ein zu großes Maß an Mitgefühl
zeigt, kann dieses die emotionalen Barrieren des
Bewohners destabilisieren.
- Moralische Wertungen von
geschilderten Handlungen des Bewohners sollten
unterbleiben (Kriegserlebnisse, Eheprobleme,
Erziehungsprobleme usw.)
- Nicht alle Informationen sind
so wichtig, dass sie dokumentiert werden müssen.
Ggf. kann sich die Biografiearbeit auf prägende
Lebensabschnitte konzentrieren. Relevant sind
oftmals vor allem die letzten 20 bis 30 Jahre vor
dem Heimeinzug.
- Der Bewohner sollte zu keinem
Zeitpunkt das Gefühl haben, nach einem festen Schema
aus- und abgefragt zu werden.
- Viele Informationen werden
Pflegekräften nur unter dem "Siegel der
Verschwiegenheit" mitgeteilt. Diese Biografiedaten
werden nicht in der Dokumentation vermerkt.
- Bei Bewohnern mit
eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten achtet
die Pflegekraft verstärkt auf nonverbale Signale,
also insbesondere Gestik und Mimik.
|
Themenschwerpunkte
|
Um den Bewohner ganzheitlich
wahrzunehmen, ist eine Vielzahl an Informationen
erforderlich. Relevant sind folgende Themenbereiche:
- soziales Umfeld (Eltern,
Geschwister, Familienstand, Kinder, Enkel usw.)
- Kindheit
- Schulzeit / Jugend
- Krieg, Verfolgung und andere
einschneidende Erlebnisse
- Berufsleben (Tätigkeit,
Arbeitsort, Arbeitslosigkeit)
- Ehe / Partnerschaft
- religiöses Leben und
kulturelle Prägung
- Gewohnheiten zur
Tagesstrukturierung
- Essgewohnheiten
- Schlafgewohnheiten
- Konfliktlösungsstrategien
|
Fehlerquellen und Gefahren |
- Die Biografiearbeit kann für
den Bewohner belastend sein. Zudem bleibt Raum für
Fehlinterpretationen.
- Lebensgeschichtliche
Ereignisse werden von der Pflegekraft überbewertet.
Beispiel: Nicht für jeden Senioren war der Krieg
automatisch traumatisierend.
- Der Bewohner verdrängt,
vergisst oder verleugnet traumatisierende
Ereignisse. Dieses ist eine lebenswichtige
Schutzfunktion für die Psyche, die durch bohrende
Nachfragen schnell ausgehebelt wird. Insbesondere,
wenn der Bewohner mit Erinnerungsmaterial wie etwa
Fotos konfrontiert wird, kann es zu einer
Retraumatisierung kommen.
- Der Bewohner erinnert sich an
bestimmte Ereignisse nicht mehr. Häufiges Nachfragen
kann dazu führen, dass der Bewohner konfabuliert. Er
füllt also Gedächtnislücken durch frei erfundene
Phantasieerinnerungen. Mitunter nutzt der Bewohner
auch Informationen aus zweiter Hand und gibt sie als
eigene Erinnerungen aus.
- Der Bewohner sieht sich in
seiner Intimsphäre beeinträchtigt, will die fragende
Pflegekraft aber nicht vor den Kopf stoßen. Er
erfindet bewusst Fakten, um den Wissensdurst des
Mitarbeiters zu stillen und seine Ruhe zu haben.
|
Weiteres |
- Wir nutzen eine „Zeitschiene“
im Rahmen der Gruppenarbeit. Auf einer Papierbahn
wird ein langer Balken in unterschiedliche
Lebensabschnitte eingeteilt. Die Teilnehmer tragen
einschneidende Erlebnisse oder markante Daten ihres
Lebens ein. In der Gruppe kann es nun zu einem
Dialog über wichtige Ereignisse kommen, etwa die
Hochzeit oder die Geburt des ersten Kindes.
- Wir besuchen mit unseren
Bewohnern Ausstellungen oder lokale Museen.
|
Nachbereitung: |
Abschluss des Gesprächs
|
- Der Besprechungsraum wird
aufgeräumt.
- Der Biografiebogen wird
ausgefüllt.
- Sollte ein Erinnerungsbuch
o.Ä. erstellt worden sein, so verbleibt dieses beim
Bewohner.
- Die Pflegeplanung wird
dahingehend überprüft, ob diese aufgrund der
gesammelten Daten überarbeitet werden muss.
- Ggf. wird ein Folgetermin für
das nächste Gespräch festgelegt.
- Die Bewohnerbiografie wird in
den kommenden Monaten und Jahren kontinuierlich
erweitert. Auch beiläufige Äußerungen des Bewohners
zur eigenen Biografi
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Bewohnerbiografie;
Biografie |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|