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Version 1.07

Standard "Spielenachmittag in der Tagespflege"

 
Aus Spielspaß wird schnell Frust, wenn einem Tagesgast das verkehrte Spiel angeboten wird. Ein Parkinsonkranker wird sich für Mikado ebenso wenig begeistern wie ein Alzheimerpatient für Memory. Wir zeigen Ihnen, wie Sie den Spielenachmittag passend zu den jeweiligen Krankheitsbildern planen und durchführen. Denn selbst bei einer Partie "Mensch ärgere Dich nicht" lässt sich das Bobathkonzept umsetzen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 
Standard "Spielenachmittag in der Tagespflege"
Definition:
  • Das Spiel zu zweit oder in einer größeren Gruppe ist einerseits ein angenehmer Zeitvertreib. Spiele haben aber immer auch einen therapeutischen Effekt. Die Kommunikation wird ebenso gefördert wie die soziale Interaktion oder die motorischen Fähigkeiten.
  • Viele Spiele sind sehr alt und den Tagesgästen seit ihrer Kindheit bekannt. Die Spielregeln und der Spielverlauf sind also sehr tief im Gedächtnis verankert und bleiben auch bei einer einsetzenden Demenz zunächst erhalten.
Grundsätze:
  • Uns ist bewusst, dass viele Senioren ungern spielen, weil es ihrem Rollenbild wiederspricht. Wir motivieren daher zur Teilnahme, drängen aber nicht.
  • Eine Spielstunde kann nur bis zu einem bestimmten Grad geplant werden, da sich vieles spontan entwickelt.
  • Der spielerische Faktor hat Vorrang vor therapeutischen Zielen. Die Spielstunde soll unseren Tagesgästen Spaß machen.
Ziele:
  • Die Tagesgäste erleben Freude und Spaß. Sie sollen ihr Interesse am Spielen erhalten oder neu entdecken.
  • Der Tagesgast wird von etwaigen Schmerzen und Sorgen abgelenkt. Die Selbstheilungskräfte werden aktiviert.
  • Die soziale Interaktion zwischen den Tagesgästen wird gestärkt. Insbesondere findet ein neuer Tagesgast schnell Anschluss. Tagesgäste, die sich ansonsten zurückziehen, werden wieder im gesellschaftlichen Leben der Einrichtung integriert.
  • Die Konzentrationsfähigkeit wird gestärkt. Der geistige Abbau wird insgesamt verlangsamt.
  • Feinmotorische Fähigkeiten werden erhalten und gefördert.
  • Der Tagesgast steigert bei Erfolgen sein Selbstvertrauen. Verlorene Partien helfen ihm dabei, mit Regeln, mit Grenzen und mit Niederlagen umzugehen. Es wird ein Ventil geschaffen für den Ausdruck von Gefühlen.
Vorbereitung:
  • Als Übungsleiter setzen wir erfahrene Pflegekräfte, Ergotherapeuten oder Sozialpädagogen ein. Qualifikationen:
    • Erfahrungen in Gruppenarbeit
    • Kommunikationsfähigkeit
    • Kenntnisse über Lehrmethoden in der Erwachsenenbildung
    • Kenntnisse über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder
  • Die Spielstunde findet einmal bis zweimal in der Woche statt. Die Planung wird mit dem Pflegeteam und der Hauswirtschaft abgestimmt.
  • Die genauen Termine für die Spielstunde werden regelmäßig am schwarzen Brett und in der Heimzeitung bekannt gegeben. Terminverschiebungen werden allen teilnehmenden Tagesgästen rechtzeitig mitgeteilt. Die Teilnehmer werden aufgefordert, ihr Hörgerät mit geladenen Batterien und ihre Brille mitzubringen.
  • Der Gruppenleiter macht sich mit den Biographien der Tagesgäste vertraut. Wir befragen den Tagesgast, welche Bedeutung das Spielen in seinem Leben bislang hatte. Als Kind haben die allermeisten Senioren gespielt, im Berufsleben wiederum fehlte vielen die Zeit dafür. Frauen ist das Spielen häufig vertrauter, da sie es ihren Kindern beibrachten. Wir erfragen auch, welche Spiele gespielt wurden. Wir ermuntern Tagesgäste, Spiele von zuhause mitzubringen, wenn diese in der Einrichtung nicht vorhanden sein sollten.
  • Der Gruppenraum wird reserviert.
  • "Lebhafte" Spiele, die mit einem hohen Geräuschpegel verbunden sind, sollten räumlich getrennt von Spielen stattfinden, die ein hohes Maß an Konzentration erfordern.
  • Die Spielstunde sollte nicht länger als 90 Minuten dauern.
  • Ggf. werden externe Personen eingeladen, sich an der Spielstunde zu beteiligen, insbesondere die Angehörigen.
  • Ggf. kann ein Praktikant, ein Zivildienstleistender oder ein Pflegeschüler bei der Durchführung der Lesestunde mithelfen.
  • Der Übungsleiter lüftet den Raum durch und stellt ggf. die Heizung an.
  • Der Raum wird mittels Tischdekoration freundlich gestaltet.
  • Störfaktoren werden nach Möglichkeit ausgeschaltet. Dazu zählen etwa ein Fernseher, Radios usw.
  • Es wird sichergestellt, dass alle Bewohner ihr Hörgerät angeschaltet haben und die Lesebrille tragen.
Durchführung: Begrüßung
  • Jeder Tagesgast wird von dem Übungsleiter begrüßt.
  • Der Übungsleiter legt eine Teilnehmerliste an.
  • Das Telefon wird umgeleitet.
 Auswahl der Spiele
  • Ideal sind Spiele wie Mensch-ärgere-Dich-nicht, Dame, Mühle, Halma und Schach. Auch Kartenspiele wie Skat, Canaster und Rommé eignen sich gut. Sie folgen einheitlichen Regeln, die den meisten Senioren bekannt sein sollten.
  • Wir vermeiden Spiele, zu deren Spielinhalten es zählt, dass sich Teilnehmer lächerlich machen. (Damit fallen viele der modernen Partyspiele aus der Auswahl heraus.)
  • Jedes Spiel setzt jeweils unterschiedliche Schwerpunkte etwa im Bereich Geschicklichkeit, Gedächtnis oder etwa Glück (ein typisches Glücksspiel ist Bingo). Diese Schwerpunkte sollten den Fähigkeiten des Tagesgastes entsprechen. Demenzkranken mit noch vorhandener guter Motorik sollten Geschicklichkeitsspiele angeboten werden, wie etwa Mikado. Gedächtnisspiele wie Memory führen hingegen oft zur Frustration. Bei Parkinsonpatienten wiederum fällt diese Auswahl entsprechend gegensätzlich aus.
  • Mit dem Nachlassen der mentalen Ressourcen gewinnen Glücksspielelemente an Bedeutung. Die vielen taktischen Optionen beim Malefiz werden Demenzpatienten oftmals überfordern. Das linear aufgebaute Mensch-Ärgere-Dich-Nicht hingegen lässt sich deutlich länger im Krankheitsverlauf einsetzen.
  • Wir beschaffen altengerechte Versionen der Spiele, also insbesondere Ausgaben mit besonders großen Spielsteinen. Etwaige Beschriftungen auf Spielkarten oder auf der Spielfläche müssen in einer großen Schrifttype gedruckt sein.
Zusammensetzung der Gruppen
  • Nach Möglichkeit sollten alle Spielpartner über vergleichbare mentale Fähigkeiten verfügen, da permanentes Verlieren die Motivation beeinträchtigt. Wenn dieses nicht möglich ist, prüfen wir, ob in das Spiel ein Handicap eingefügt werden kann. Der schwächere Spieler erhält z.B. einen Vorsprung, mehr Spielsteine oder mehr Würfe beim Würfeln.
  • Der Spielleiter sollte darauf achten, dass die Gruppen durchmischt werden. Häufig haben sich im Laufe der Jahre feste Spielgruppen gebildet. Neuen Tagesgästen fällt es dann schwer, hier neue Kontakte herzustellen.
  • Wir motivieren alle Tagesgäste zur Teilnahme. Unentschlossene Tagesgäste können sich anfangs als Zuschauer mit dem Spiel vertraut machen.
allgemeine Maßnahmen
  • Der Spielleiter erklärt die Spielregeln; ggf. auch erneut während des Spiels. Er sollte als "Schiedsrichter" auf die Einhaltung der Regeln achten.
  • Spielregeln sollten nicht ohne zwingenden Grund verändert werden. Einerseits sind viele Teilnehmer an die oft komplexen Regelwerke gewöhnt und würden durch etwaige Vereinfachungen verwirrt. Zudem bilden die Spielregeln etwa für Demenzkranke einen sicheren Bezugsrahmen.
  • Der Spielleiter achtet darauf, dass der Umgangston unter den Teilnehmern freundlich bleibt. Jede Form von verletzenden Hänseleien sollte unterbunden werden.
  • Wenn der Spieler Schwierigkeiten hat, sich die Farbe seiner Spielsteine zu merken, legt die Pflegekraft eine Pappkarte der gleichen Farbe vor den Spieler.
  • Bei Hemiplegiepatienten achtet die Pflegekraft darauf, dass auch die mehr geschädigte Seite einbezogen wird. Der Tagesgast kann z.B. den Würfel mit der mehr betroffenen Hand werfen oder weitergeben.
  • Durch das Aussetzen kleiner Gewinne, etwa eine Schoko-Praline, kann die Motivation gefördert werden.
  • Die Tagesgäste werden animiert, auch mal andere Spiele auszuprobieren.
Nachbereitung:
  • Nach dem Spiel befragt die Pflegekraft die Senioren, wie ihnen das Spiel gefallen hat. Spiele mit einer positiven Resonanz werden bei der nächsten Veranstaltung bevorzugt angeboten.
  • Verlierer eines Spieles sollten getröstet werden.
  • Der Raum wird gelüftet und aufgeräumt.
  • Relevante Beobachtungen werden an die Bezugspflegekräfte weitergegeben.
  • Die Spielstunde wird protokolliert.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • Pflegekräfte
  • Ergotherapeuten
  • Krankenschwestern
  • Altentherapeuten und
  • ähnliche in der Altenarbeit tätige Berufsgruppen
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Tagespflege; Spiele; Brettspiel
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.