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Version 2.05a - 2015

Pflegestandard "Einsatz von Hydrogelen"

 
Richtig eingesetzt zählen Hydrogele zu den vielseitigsten und wirkungsvollsten Wundtherapeutika. Vor allem die Option, Hydrogele mit anderen Materialien zu kombinieren, ermöglicht es Pflegekräften, selbst tiefe und infizierte Hautdefekte abheilen zu lassen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Pflegestandard "Einsatz von Hydrogelen"
Definition:
  • Wenn in einer Wunde ein physiologisches Mikroklima herrscht, verheilt diese deutlich schneller. Ein wichtiger Faktor dabei ist das richtige Maß an Feuchtigkeit.
  • Vor allem bei Verbrennungen, Dekubital- und Beingeschwüren kommt es oftmals jedoch zu einem Flüssigkeitsmangel. Ist ein Hautdefekt ausgetrocknet, werden weder Nekrosen noch Beläge mittels autolytischer Wundreinigung abgetragen und entfernt. Auch die Granulation und die Epithelisierung setzen nur dann ein, wenn ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist.
  • Bei Wunden mit schwacher bis mäßiger Exsudation nutzen wir daher Hydrogele. Diese enthalten 15 bis 95 Prozent Wasser, sind selbst aber nicht wasserlöslich. Die in der Wundauflage gespeicherte Flüssigkeit wird schrittweise abgegeben. Nekrosen und Beläge quellen auf und bieten dadurch den Abwehrzellen des Körpers mehr Angriffsfläche. Letztlich lösen sich diese Zerfallsprodukte vom Wundgrund und werden bei der nächsten Wundspülung ausgewaschen.
  • Im Gegensatz zur Enzymtherapie wird dabei gesundes Gewebe nicht angegriffen. Die Anwendung ist folglich vergleichsweise schmerzarm. Hydrogele verursachen i.d.R. keine Allergien und wirken kühlend. Anders als bei feuchten Kompressen ist das Risiko einer Mazeration (Aufweichung der Haut) eher gering. Weder die Wundränder noch die Wundumgebung werden bei korrekter Anwendung durch die Hydrogele beeinträchtigt.
  • Hydrogele werden in verschiedenen Formen angeboten:
    • Als Gel können Hydrogele direkt aus einer Tube in die Wunde appliziert werden. Durch die halbflüssige Form eignen sie sich auch für tiefe und zerklüftete Hautdefekte. Das Gel muss danach mit einer zusätzlichen Wundauflage geschützt werden.
    • Gelplatten und Gelkompressen eignen sich zur Abdeckung von größeren Hautdefekten, die vor einer Austrocknung geschützt werden müssen. Hier ist das Hydrogel mit einer semipermeablen (halb durchlässigen) Folie überzogen. Es handelt sich dabei um formstabile und glasklare Platten, durch die die Pflegekraft die Wunde wie durch ein Fenster betrachten kann. Dieses ermöglicht eine Wundkontrolle, ohne dafür den Verband wechseln zu müssen. Die Wunde wird gepolstert und ist gleichzeitig vor Keimen und vor Flüssigkeit geschützt.
    • Kleinere Wunden können mit einem Hydrogel-Pflaster versorgt werden. Dieses besteht aus einem Hydrogelkern und einem transparenten, hauchdünnen Polyurethan-Film als Trägermaterial. Ein transparenter, hypoallergener Haftklebstoff sorgt für eine sichere Fixierung. Das durchsichtige Material erlaubt eine gute Wundbeobachtung. Da das Pflaster mit der Wunde nicht verklebt, lässt es sich schmerzlos entfernen.
Grundsätze:
  • Wundtherapeutika auf Basis von Hydrogelen sind "Spezialisten" mit einem vergleichsweise engen Einsatzspektrum. Daher ist es wichtig, dass die Wunde vor der Wahl des richtigen Produkts genau erfasst wird; dieses insbesondere hinsichtlich der Wundexsudation. Gleichzeitig müssen wir den Heilungsprozess genau beobachten und bei Veränderungen ggf. eine andere Wundauflage wählen.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Dieser nimmt die Wunde zumeist nur im Abstand von mehreren Tagen in Augenschein. Pflegekräfte jedoch inspizieren den Hautdefekt bei jedem Verbandswechsel und haben somit einen besseren Überblick über den Heilungsprozess.
Ziele:
  • In der Wunde wird ein Mikroklima erzeugt, das den Heilungsprozess fördert. Insbesondere wird das Areal feuchtgehalten.
  • Nekrosen und Beläge werden aus dem Hautdefekt entfernt.
  • Die Wunde wird vor dem Eindringen von Keimen geschützt.
  • Der Bewohner hat keine unnötigen Schmerzen.
Vorbereitung: Indikation:
Wir prüfen, ob Hydrogele für die Wunde geeignet sind. Der Einsatz kommt bei folgenden Krankheitsbildern in Betracht:
  • nicht-infizierte, chronische Hautdefekte mit ungünstiger Heilungstendenz, also etwa Ulcus cruris, diabetisches Fuß-Syndrom sowie Dekubitalgeschwüre ab der Granulationsphase
  • in Kombination mit silberhaltigen Zusatzstoffen auch für infizierte Wunden
  • Wunden mit geringer bis mäßiger Exsudation
  • trockene Wunden mit Nekrosen
  • Verbrennungen 1. und 2. Grades
  • Hautbereiche nach einer Spalthautentnahme
  • großflächige Schürfwunden
  • nach einer Dermabrasion (Abschleifung der Haut, z.B. zur Entfernung von Altersflecken oder Narben
Der Einsatz von Hydrogelen ist bei verschiedenen Schädigungen nicht sinnvoll:
  • Wunden mit starker Exsudation
  • stark blutende Wunden
  • Geschwüre, die durch chronische Infektionen verursacht werden, also etwa durch Tuberkulose, Syphilis, AIDS oder tief gehende Pilzinfektionen
  • Brandwunden 3. Grades
  • Wunden mit freiliegenden Knochen, Muskeln oder Sehnen
allgemeine Maßnahmen
  • Die Wundauflage muss mindestens einmal täglich inspiziert werden.
  • Es gibt eine große Anzahl verschiedener Produkte, deren Eigenschaften im Detail abweichen können. Die Pflegekraft muss daher den Beipackzettel sorgfältig lesen.
  • Die Pflegekraft beachtet die Vorgaben, die im Standard "Verbandswechsel bei septischen und bei aseptischen Wunden" festgelegt sind. Dieses betrifft insbesondere die Bestimmungen zur Hygiene. Sie setzt zudem den Standard "Wundspülung" um.
Durchführung: Wundreinigung:
  • Die Pflegekraft reinigt die Wunde mit einer sterilen Ringerlösung oder mit einer anderen geeigneten Spüllösung. Die umgebende Haut wird sorgfältig abgetrocknet.
(Hinweis: Je nach Produkt kann die weitere Verarbeitung abweichen. Bitte passen Sie diesen Abschnitt an die bei Ihnen verwendeten Wundauflagen an.)
Hydrogele in Gelform
  • Die Pflegekraft nimmt die sterile Spritze aus der Blisterverpackung und entfernt die Schutzkappe.
  • Sie richtet die Spritzenöffnung auf die Wunde, ohne dabei den Wundgrund zu berühren.
  • Je nach Konsistenz des abzulösenden Belags werden die Hydrogele zwischen 0,3 bis 0,5 cm dick aufgetragen.
  • Ein direkter Wundkontakt des Hydrogels ist sehr wichtig für den Therapieerfolg. Bei tiefen oder bei kavitösen Wunden muss die Pflegekraft genau darauf achten, dass möglichst die gesamte Wundfläche mit dem Gel in Kontakt kommt.
  • Überschüssiges Gel wird mit einem sterilen Tupfer oder mit einer Kompresse entfernt.
  • Die in die Wunde abgegebene Gelmenge lässt sich an der Spritze ablesen, sofern der Kolben mit einer Skala ausgestattet ist. Bei einem ziehharmonikaförmigen Spender kann die Menge nur geschätzt werden.
  • Nicht verwendetes Gel muss verworfen werden. Es darf insbesondere nicht bei einem anderen Bewohner genutzt werden.
  • Danach wird ein geeigneter Sekundärverband aufgebracht. Bei der Auswahl des Sekundärverbands sind zwei Faktoren wichtig: Die Abdeckung darf dem Gel nicht zu viel Flüssigkeit entziehen. Gleichzeitig jedoch müssen die Wundränder und die umgebende Haut vor einer Mazeration geschützt werden. Bei festen Belägen und wenig Exsudat wählen wir z.B. eine Transparentfolie. Ist die Exsudation stärker, kann ein feinporiger Polyurethanschaumverband genutzt werden.
  • Die Umgebungshaut sollte mit einer Hautschutzcreme vor einer Mazeration geschützt werden.
  • Hydrogele werden nicht zusammen mit Salben und mit Cremes angewendet, da diese die Bindung von Mikroorganismen an die Wundauflage beeinträchtigen.
Gelplatten und Gelkompressen
  • Die Pflegekraft prüft die Sterilverpackung auf Beschädigungen. Sie öffnet die Verpackung. An der Entnahmelasche kann nun die Gelplatte entnommen werden.
  • Die Pflegekraft legt die Platte auf dem Wundgrund auf. Die Ränder der Platte sollten Kontakt zur gesunden Haut der Wundumgebung haben. Ideal ist ein Überstand von 2 cm. Ggf. kann der Verband auf eine passende Größe zurechtgeschnitten werden.
  • Die Wunde wird nun mit dem beigelegten selbstklebenden Strechverband fixiert. Alternativ kann auch Gaze oder ein Mull-Verband genutzt werden.
Hydrogel-Pflaster
  • Die Pflegekraft entfernt die Schutzfolie über den Klebeflächen.
  • Das Pflaster wird nun über der Wunde aufgelegt.
  • Sobald das Pflaster über dem Hautdefekt fixiert ist, wird die oben liegende, zweite Schutzfolie abgezogen. Auf der Wunde liegt jetzt nur noch der transparente, hauchdünne Polyurethan-Film samt Hydrogel-Depot.
  • Der freie Blick auf die Wunde ist für viele Betroffene und auch für Mitbewohner unangenehm. Ggf. kann eine Mullbinde als Sichtschutz genutzt werden.
Nachbereitung: Wechsel des Verbands:
  • Die Verweildauer von Gelplatten und von Gelkompressen wird vom Arzt vorgegeben. Möglich sind Abstände zwischen einem bis sieben Tagen. Ein Hydrogelverband wird spätestens gewechselt, wenn er sich milchig-trüb verfärbt.
  • Sofern der behandelnde Arzt keine anderen Vorgaben gemacht hat, werden Hydrogele in Gelform nach folgendem Schema erneuert:
    • bei trockenen Nekrosen nach maximal drei Tagen
    • bei weichen Nekrosen und bei Fibrinbelägen nach einem bis zwei Tagen
    • bei Infektionen täglich
  • Ein Austausch von Hydrogelen in Gelform ist auch notwendig, wenn das Exsudat aus dem Sekundärverband ausläuft.
weitere Maßnahmen
  • Die Applikation, die Reaktionen des Bewohners darauf sowie die erzielte Wirkung werden dokumentiert. Bei relevanten Abweichungen vom geplanten Therapieerfolg wird der behandelnde Arzt informiert.
  • Wir dokumentieren auch die Menge des in die Wunde applizierten Hydrogels.
  • Es kann anfänglich zu einer scheinbaren Vergrößerung der Wunde kommen. Dieser Eindruck täuscht. Durch die Wundauflage wird Gewebe abgebaut, das zwar gesund aussieht, tatsächlich jedoch bereits irreparabel geschädigt ist.
Dokumente:
  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • Pflegefachkräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Dekubitus; Wunde; Wundauflage; Hydrogel
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