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Version 3.05a - 2015

Standard "Pflege von Senioren mit Osteoporose"

 
Selbst in Grimms Märchen spielt Osteoporose eine Hauptrolle. Denn die böse Hexe ist verlässlich daran zu erkennen, dass sie einen Buckel hat, sozial isoliert lebt und stets mies gelaunt ist. Kein Wunder bei den Schmerzen!
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege und Betreuung von Senioren mit Osteoporose"
Definition:
  • Osteoporose (auch "Knochenschwund") bezeichnet ein Krankheitsbild, das durch eine anormale Abnahme der Knochendichte ausgelöst wird.
  • Betroffene klagen zunächst vor allem über Schmerzen im Kreuzbereich. Im weiteren Verlauf führt Osteoporose zu Haltungsschäden. Sehr häufig ist eine Deformation der Wirbelsäule mit Bildung des typischen Rundrückens und mit einem Verlust an Körpergröße. Diese krankhafte Veränderung entwickelt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
  • Bei Stürzen steigt das Risiko einer Fraktur erheblich an, wenn das Skelett durch Osteoporose geschwächt ist.
  • Osteoporose ist die häufigste Skeletterkrankung. Insgesamt sind rund sieben Millionen Menschen in Deutschland erkrankt.
  • Während der fruchtbaren Jahre werden Frauen durch das Östrogen vor einem übermäßigen Knochenabbau geschützt. Dieser Effekt endet nach der Menopause. Männer hingegen produzieren lebenslang Testosteron, das ebenfalls die Knochenfestigkeit fördert.
  • In Deutschland ist jede dritte Frau über 65 Jahre von Osteoporose betroffen. Ab einem Alter von 80 Jahren steigt der Anteil der erkrankten Seniorinnen auf 70 Prozent. Männer erkranken seltener, in geringerem Umfang und erst in einem fortgeschritteneren Alter.
  • Die Gesamtkosten für Therapie, Rehabilitation, Schmerzmittelversorgung usw. betragen in Deutschland bis zu fünf Milliarden Euro.
  • Die "primäre Osteoporose" hat keine erkennbare Krankheitsursache. Sie wird abhängig vom Verlauf in zwei Typen unterteilt. Der Typ 1 (präsenile oder postmenopausale Osteoporose) tritt vor allem bei Frauen nach den Wechseljahren auf, beginnt also schleichend ab dem 45. bis 50. Lebensjahr. Der Typ 2 (senile Osteoporose) entwickelt sich nach dem 65. Lebensjahr.
  • Die "sekundäre Osteoporose" wird häufig ausgelöst durch Hormon- und durch Stoffwechselerkrankungen; also etwa durch eine Überfunktion der Schilddrüse oder durch Diabetes mellitus. Sie kommt deutlich seltener vor (5 Prozent im Vergleich zu 95 Prozent der primären Osteoporose). Die Therapie einer sekundären Osteoporose gleicht der einer primären Osteoporose. Allerdings wird hier die auslösende Krankheit ebenfalls behandelt.

Deformation der Wirbelsäule mit Bildung des typischen Rundrückens
Grundsätze:
  • Osteoporose erhöht zwar das Risiko einer Fraktur. Dieses darf aber nicht dazu führen, dass der Bewohner aus Angst vor einem Bruch jede Bewegung scheut.
  • Wir dulden in unserer Einrichtung keine Diskriminierung von Bewohnerinnen mit Skelettveränderungen, also insbesondere die Nutzung von Bezeichnungen wie "Witwen-" oder "Hexenbuckel".
  • Die Behandlung von Osteoporose ist eine langfristige Maßnahme, die sich oftmals über Jahre erstreckt. Daher erwarten wir selbst keine kurzfristigen Erfolge und stellen diese auch unseren Bewohnern nicht in Aussicht.
Ziele:
  • Der Knochenabbau wird verlangsamt, gestoppt oder (im Idealfall) umgekehrt.
  • Der Bewohner erleidet möglichst wenig Schmerzen.
  • Die Mobilität bleibt erhalten.
  • Eine ursächliche Behandlung einer primären Osteoporose ist derzeit nicht möglich. Daher ist es unser Ziel, die Symptome zu lindern und Risiken (vor allem Stürze) zu reduzieren.
  • Bei einer sekundären Osteoporose gilt es, die auslösenden Faktoren zu beseitigen, also etwa die Stoffwechselstörungen.
Vorbereitung: Erfassung des Schädigungsausmaßes
  • Falls der behandelnde Hausarzt eine fortschreitende Osteoporose feststellt, erfassen wir die Auswirkungen der Erkrankung sowie den Erfolg der Therapiemaßnahmen.
  • Die Körpergröße des Bewohners, seine Bewegungseinschränkungen sowie andere relevante Beobachtungen werden regelmäßig dokumentiert.
  • Wir befragen den Bewohner, welche Einschränkungen er selbst verspürt. Bei demenziell erkrankten Senioren ist es wichtig, dass die Pflegekräfte den Senioren genau beobachten.
  • Wir stellen den Kontakt mit dem behandelnden Hausarzt her und bitten um einen Austausch von Informationen.
Durchführung: ärztliche Therapie
  • Wir sorgen für eine angemessene medikamentöse Versorgung des Bewohners.
  • Es ist wichtig, dass die medikamentöse Therapie von Bewegungsangeboten begleitet wird. Viele Arzneimittel wirken besser, wenn der Bewohner körperlich aktiv ist.
  • Je nach Knochendichte und Schmerzbelastung können folgende Medikamente eingesetzt werden:
    • Bisphosphonate fördern den Knochenaufbau und hemmen den Knochenabbau. Sie können prophylaktisch und therapeutisch eingesetzt werden. Der Wirkstoff wird als Tablette oder als Injektion appliziert. Die Verabreichung kann täglich, wöchentlich oder monatlich erfolgen. Diese Wirkstoffe sollten in Kombination mit Kalzium und mit Vitamin D verabreicht werden. Der gewünschte Effekt auf die Knochendichte zeigt sich allerdings oftmals erst nach mehreren Jahren der Einnahme.
    • Eine ausreichende Kalziumzufuhr fördert die Knochenmasse und die Knochenfestigkeit. Da viele Senioren dieses Element nicht in ausreichendem Maß durch die Nahrung zu sich nehmen, kann das Defizit durch Tabletten ausgeglichen werden. Aufgelöste Kalziumbrausetabletten sollten unmittelbar nach dem Auflösen getrunken werden. Als Nebenwirkung können sich ggf. bei dem Bewohner Nierensteine bilden.
    • Vitamin D ist ein wichtiger Wirkstoff zur Regulation des Kalzium- und des Phosphathaushalts. Gesunde Menschen produzieren durch den Kontakt mit Sonnenlicht ausreichend eigenes Vitamin D. Bei Senioren hingegen kann es als Folge der Immobilität und vor allem im Winter zu einer Mangelversorgung kommen. Daher ist es sinnvoll, dieses Defizit durch Vitamin-D-Tabletten zu kompensieren. Die Zufuhr für bettlägerige Bewohner sollte bei 800 bis 1000 I.E. pro Tag liegen. Häufig werden Kombinationspräparate aus Kalzium und Vitamin D verwendet.
    • Strontiumranelat fördert den Knochenaufbau und hemmt den Abbau von Knochensubstanz. Das Granulat wird jeweils zwei Stunden nach dem Essen oder vor dem Zubettgehen verabreicht.
    • Flouride erhöhen die Knochenneubildung, steigern allerdings nicht die Stabilität des Knochens. Es ist notwendig, gleichzeitig Kalzium zu applizieren. Die Aufnahme von Flourid in großen Mengen kann Gelenkschmerzen auslösen. Die therapeutische Einnahme sollte auf drei bis vier Jahre begrenzt sein.
    • Kalzitonine lindern Schmerzen und bremsen den Knochenabbau. Sie können als Injektion oder als Nasenspray eingenommen werden.
    • Östrogene werden aufgrund der Nebenwirkungen heute nur noch in Ausnahmefällen verschrieben, also etwa, wenn eine Unverträglichkeit der anderen Medikamente besteht. Das Risiko von Brust- und Gebärmutterkrebs steigt durch die Einnahme an.
    • Wir prüfen, ob die Bewohnerin Östrogenrezeptor-Modulatoren erhalten sollte. Diese bremsen die postmenopausale Osteoporose. Anders als Östrogene steigern sie aber nicht das Risiko einer Krebserkrankung.
    • Parathormone werden täglich subkutan injiziert. Sie steuern den Kalzium- und Knochenstoffwechsel. Nach einer fundierten Einweisung sind die meisten Betroffenen in der Lage, die Applikation per PEN eigenständig durchzuführen.
  • Wir stellen eine angemessene Analgetikaversorgung sicher.
    • Der Bewohner benötigt eine Bedarfsmedikation für akute Schmerzereignisse, also etwa bei Schmerzspitzen. Zudem ist es sinnvoll, vor absehbaren Schmerzereignissen prophylaktisch Analgetika zu applizieren; also etwa vor unangenehmen Mobilisierungen.
    • Darüber hinaus wird es notwendig sein, einen chronischen Schmerz mit einer  Dauermedikation zu lindern. Eine alleinige Bedarfsmedikation ist in solchen Fällen nicht ausreichend und würde eine Chronifizierung der Schmerzen fördern.
    • Wir führen ein Schmerzprotokoll und dokumentieren Schmerzart, - dauer, -intensität und -lokalisation.
  • Wir wirken auf den Bewohner ein, eine einmal begonnene Therapie durchzuhalten und die Medikamente nicht eigenmächtig abzusetzen.
  • Wir beachten, dass die Medikamente häufig Nebenwirkungen haben:
    • Bisphosphonate können Magen-Darm-Beschwerden auslösen. Die Wirkstoffe sollten deshalb nüchtern und mit viel Flüssigkeit eingenommen werden. Nach der Applikation sollte der Bewohner für eine halbe Stunde eine möglichst aufrechte Körperhaltung einnehmen.
    • Bei der Einnahme von Bisphosphonaten ist es wichtig, diese zeitlich von der Kalziumzufuhr zu trennen. Sie sollten also nicht parallel zu den Hauptmahlzeiten oder zu kalziumreichen Getränken wie etwa Milch konsumiert werden. Es würde ansonsten zu einer gegenseitigen Wirkungsaufhebung kommen.
    • Wir achten auf die typischen Nebenwirkungen von Östrogenen. Dazu zählen insbesondere eine erhöhte Thrombosegefahr, das gesteigerte Brustkrebsrisiko sowie Bluthochdruck.
    • Kalzitonin kann Übelkeit und Erbrechen auslösen, wenn es subkutan verabreicht wird. Wir ziehen daher wenn möglich eine Applikation als Nasenspray vor. Diese Applikationsform beherrschen Senioren i. d. R. nach einer entsprechenden Einweisung selbstständig.
    • Strontiumranelat muss mit einem zeitlichen Abstand von zwei Stunden von der Einnahme eines Kalziumpräparats getrennt werden. Gelegentlich klagen Bewohner nach der Einnahme über Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und Hautreaktionen. Das Thromboserisiko ist ggf. erhöht, daher sollten die Maßnahmen im Rahmen der Thromboseprophylaxe intensiviert werden. Die Nierenfunktionen müssen regelmäßig ärztlich überprüft werden.
  • Alle Reaktionen des Bewohners auf die Medikamente werden genau dokumentiert. Insbesondere erfassen wir beobachtete Nebenwirkungen.
  • Bei schmerzhaften osteoporosebedingten Wirbelkörperfrakturen kann fehlende Knochenmasse durch das Einspritzen von Knochenzement kompensiert werden. Durch diesen minimalinvasiven Eingriff wird der Wirbelkörper von innen stabilisiert. Die Operation ist auch bei sehr alten Menschen möglich und führt i. d. R. zu einer raschen Schmerzlinderung.
physikalische Therapie Wir nutzen verschiedene Techniken, um Schmerzzustände zu lindern und Muskelverspannungen zu lösen:
  • Wärmeanwendungen bei chronischen Schmerzen (Die Muskulatur wird gelockert und die Durchblutung gefördert.)
  • Kälteanwendungen bei akuten Schmerzen (Entzündungen und Schmerzen werden gelindert.)
  • Elektrotherapie
  • Massagen
Physiotherapie
  • Wir setzen uns dafür ein, dass der Bewohner Physiotherapie erhält. Die Muskulatur und alle Gelenke müssen regelmäßig bewegt werden, da sich ansonsten der Knochenabbau beschleunigt und überdies Kontrakturen auftreten. Nur wenn der Bewohner mindestens zwei- bis dreimal in der Woche ein Training durchführt, kann dieser Effekt vermieden werden.
  • Vor allem nach einer Frakturbehandlung ist es wichtig, den Bewohner zeitnah zu mobilisieren, um dessen Beweglichkeit zu erhalten und wiederzugewinnen.
  • Der Umfang des Trainings wird von der Physiotherapeutin bestimmt, mit der wir eng zusammenarbeiten. Es ist wichtig, dass alle großen Muskelgruppen in die Übungen einbezogen werden. So kann durch ein niedrig dosiertes Krafttraining der Rückenmuskulatur die Gefahr von Wirbelkörperfrakturen erheblich reduziert werden.
  • Wassergymnastik wirkt kräftigend auf die Muskulatur, entlastet gleichzeitig die Wirbelsäule und aktiviert den Stoffwechsel. Der Knochenaufbau wird gefördert. Zudem wird diese Form der Bewegung oftmals auch von ansonsten unkooperativen und unmotivierten Senioren akzeptiert.
  • Wir beachten, dass zu Beginn der Bewegungstherapie eine erhöhte Schmerzbelastung auftreten kann, die zumeist erst nach einigen Monaten abnimmt. Falls notwendig erhält der Bewohner 30 Minuten vor Beginn der Übung ein Schmerzmittel.
  • Wir verdeutlichen dem Bewohner, dass die Physiotherapie nur dann Wirkung zeigen wird, wenn sie über Monate konsequent durchgeführt wird.
  • Mittels Bewegungstherapie versuchen wir, gesundheitlich schädliche Bewegungsabläufe zu korrigieren, etwa beim Aufstehen oder beim Setzen. So soll sich der Bewohner z. B. "en-bloc" aus der Rückenlage in den Sitz an der Bettkante aufrichten; also Oberkörper, Becken und Beine zeitgleich bewegen, um die Rotation der Wirbelsäule zu minimieren.
  • Ggf. prüfen wir, ob es sinnvoll ist, ein Mied

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++



 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Osteoporoseprophylaxe; Osteoporose; Knochenabbau; Prophylaxe; Sturzprophylaxe
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