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Version 1.05b - 2016 |
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Standard "Pflege von Senioren mit Balanitis" |
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kaum eine andere Körperzone ist die Eichel eines Mannes gespickt mit
Nervenrezeptoren. Was beim Geschlechtsverkehr sehr angenehm ist,
verkehrt sich bei Entzündungen ins Gegenteil. Schon kleine
Infektionsherde verursachen erhebliche Schmerzen. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
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Standard "Pflege von Senioren mit Balanitis" |
Definition:
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- Der Intimbereich eines Menschen hat zumeist nur
wenig Luftkontakt. Folglich ist das Mikroklima dort meist feucht und
warm, was diverse Hautkrankheiten begünstigt. Zusätzlich wird die Haut
durch mechanische Reizungen belastet, etwa durch das Reiben an der
Unterhose. Hinzu kommt der Kontakt mit schädlichen Stoffen, wie etwa
mit Urin, mit Seife, mit Desinfektionsmitteln und mit Syndets.
- All diese Faktoren reizen die empfindliche
Schleimhaut und fördern das Auftreten einer Eichelentzündung
(“Balanitis”). Wenn die Entzündung auch die Vorhaut erreicht hat,
handelt es sich um eine sog. “Balanoposthitis”.
- Die akute Balanitis ist häufig auf eine
Infektion zurückzuführen, etwa durch Staphylokokken, Chlamydien,
Gonokokken oder Candida (Hefepilz). Eine Phimose sowie mangelnde
Hygiene wirken begünstigend, da sich dann vermehrt Smegma bilden kann.
Smegma ist eine grießartige Ablagerung am Penis. Der sog. “Vorhoftalk”
besteht aus Talgdrüsensekret, aus Resten abgestorbener Hautzellen sowie
aus Urin- und Spermarückständen.
- Eine chronische Balanitis ist die Folge einer
Reizung der Schleimhaut. Diese kann etwa durch übertriebene
Intimhygiene oder durch eine Allergie gegen Inhaltsstoffe von Kondomen
verursacht werden.
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Grundsätze:
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- Eine Balanitis kann binnen weniger Tage
entstehen, sich intensivieren oder wieder verschwinden. Daher ist eine
engmaschige Überwachung wichtig.
- Geschlechtsorgane sind oftmals ein Tabuthema.
Vielen Männern fällt es leichter, mit einer männlichen Pflegekraft über
Gesundheitsprobleme im Genitalbereich zu reden. Sofern ein Mann im
Pflegeteam tätig ist, sollte ggf. dieser den Dialog mit dem Bewohner
führen.
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Ziele:
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- Eine Balanitis wird zeitnah erkannt.
- Die Entzündung heilt folgenlos ab.
- Die Schmerzbelastung wird minimiert.
- Eine Übertragung auf den Sexualpartner wird vermieden.
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Vorbereitung: |
Symptome
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Wir
achten auf die typischen Symptome einer Balanitis. Bei einem
hinreichenden Verdacht informieren wir den Hausarzt und bitten um einen
Abstrich oder lassen uns auf Wunsch des Bewohners eine Überweisung zum Urologen geben.

- Die Eichel des Bewohners ist gerötet und
geschwollen. Auf der Eichel bilden sich kleine Knötchen oder nässende
Hautdefekte. Es können auch punktförmige Einblutungen sichtbar werden.
- Der Bewohner klagt über Juckreiz und über Schmerzen.
- Übel riechender Ausfluss wird bemerkbar.
- Die Vorhaut kann nicht zurückgezogen werden. Unter der Vorhaut bildet sich glasiges Wundsekret.
- Der Bewohner klagt über Schmerzen beim Wasserlassen.
- Es kommt zur Impotenz.
Hinweis:
- Systemische Zeichen einer Entzündung wie Fieber, Kraftlosigkeit oder Unwohlsein bleiben zumeist aus.
- Eine Rötung der Eichel kann zahlreiche Auslöser
haben. Es handelt sich nicht immer um eine Balanitis. Parasiten wie die
Krätzmilbe können im Genitalbereich ein ähnliches Symptombild
hervorrufen. Veränderungen an der Eichel lassen wir deshalb
grundsätzlich vom Arzt abklären.
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Informationenssammlung
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Wir
stellen anhand der Pflegedokumentation die Informationen zusammen, die
der Arzt für die Diagnose und für die Therapieauswahl benötigt. Dieses
ist insbesondere dann wichtig, wenn der Bewohner aufgrund einer
demenziellen Erkrankung nicht selbst auf die Fragen des Arztes
antworten kann.
- Zeitpunkt der ersten Entdeckung der Hautveränderungen
- Hygienegewohnheiten
- Sexualpraktiken
- bisher aufgetretene Hautkrankheiten und Kontaktallergien (etwa gegen Latex)
- etwaige Harninkontinenz
- bisher angewandte Selbstmedikationen und andere Hausmittel
- relevante Erkrankungen in der Vergangenheit,
etwa Herpes genitalis, Gonorrhö (Tripper), Befall mit Krätze oder mit
Filzläusen, Pilzerkrankungen, Autoimmunerkrankung, immundepressive Therapie usw.
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Durchführung:
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- Falls die Balanitis die Folge einer Infektion
ist, verabreichen wir das ärztlich verordnete Medikament. Je nach
Erregerart handelt es sich dabei um ein Antibiotikum oder um ein
Antimykotikum. Die Wirkstoffe werden oral oder als Salbe appliziert.
- In vielen Fällen ist eine akute Balanitis für
den Betroffenen sehr schmerzhaft. Sofern eine entsprechende ärztliche
Verordnung vorliegt, verabreichen wir ein Analgetikum.
- Ein Sitzbad (sog. “Penisbad”) mit Kamillosan
lindert in vielen Fällen die Beschwerden. Alternativ kann eine
Povidon-Iod-Lösung (Betaisodona) genutzt werden.
- Bei einer chronischen Balanitis ist es
notwendig, den Auslöser der Schleimhautreizung zu beheben. Zur Hemmung
der Entzündung verabreichen wir gemäß der ärztlichen Anordnung eine
kortisonhaltige Salbe.
- Falls die Infektion durch mangelnde
Intimhygiene verursacht wurde, leiten wir den Bewohner dazu an, bei der
Reinigung des Penis auch die Vorhaut zurückzuziehen. Die Furche
zwischen der Eichel und der Vorhaut muss gründlich gesäubert werden. Er
soll dafür klares Wasser nutzen. Abschließend wird die Eichel
vorsichtig trocken getupft, etwa mit einem Kosmetiktuch oder mit einem
weichen Blatt Toilettenpapier. Ggf. kann er die Eichel mit Olivenöl
oder mit anderen pflegenden Ölen abtupfen.
- Wir prüfen, ob die Balanitis durch eine
überzogene Intimhygiene verursacht wird. Intimsprays sowie Hausmittel
mit Essigwasser sollten nicht genutzt werden. Die Anwendung von
alkalischen Seifen wird auf ein Minimum reduziert. Wir raten dem
Bewohner dringend davon ab, Desinfektionsmittel aufzutragen.
- Zum Trocknen sollte der Bewohner keine rauen
Handtücher nehmen. Auch intensives Trockenreiben beeinträchtigt die
Hautbarriere zusätzlich.
- Eine Inkontinenz wird konsequent durch
entsprechende Hilfsmittel sowie durch Toilettentraining kompensiert. Es
muss verhindert werden, dass sich an der Eichel eine permanente
Feuchtigkeitskammer bildet.
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Nachbereitung: |
Organisation
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- Wenn eine Balanitis immer wieder auftritt, muss ein Diabetes mellitus ausgeschlossen werden.
- Falls Antibiotika verabreicht werden, achten
wir darauf, dass diese konsequent eingenommen werden. Wir warnen den
Bewohner davor, die Medikamente eigenmächtig abzusetzen.
- Wir achten auf Kondylomen, also auf Warzen im Genitalbereich, die durch humane Papillomaviren (HPV) ausgelöst werden.
- Wenn der Bewohner noch sexuell aktiv ist,
sollte der etwaige Sexualpartner ebenfalls untersucht werden. Frauen
können an Scheidenausfluss leiden. Wir zerstreuen etwaige Bedenken beim
Sexualpartner, dass eine Eichelentzündung ein Zeichen für Untreue wäre.
- Eine infektiöse Balanitis ist sexuell
übertragbar. Sie kann daher von Sexualpartnern gegenseitig übertragen
werden. Oftmals ergibt sich dadurch ein gegenseitiges Wiederanstecken
(sog. “Ping-Pong-Infektion”).
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Prognose
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- Eine Balanitis ist fast immer heilbar.
- Zumeist ist eine einwöchige Therapie ausreichend, um die Hautveränderungen vollständig abheilen zu lassen.
- Eine Beschneidung (chirurgische Entfernung der Vorhaut) ist nur selten notwendig, um eine Abheilung zu gewährleisten.
- Wenn eine Behandlung unterbleibt und die
Risikofaktoren nicht beseitigt werden, wird sich eine Balanitis nicht
oder zu zeitweilig wieder zurückbilden.
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Dokumente: |
- Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
- Pflegebericht
- Wunddokumentation
- Pflegeplanung
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Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Vorhaut; Penis; Eichel; Balanitis |
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Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
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diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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