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Version 2.05b - 2014

Standard "Versterben eines Klienten"

 
Wenn Senioren über Jahre von einem ambulanten Pflegedienst versorgt werden, dann sind sie irgendwann mehr als nur Kunden - es entstehen Freundschaften. Der Tod eines Klienten ist daher nicht nur für Angehörige ein trauriges Ereignis, sondern häufig auch für Pflegekräfte. In einem Standard haben wir die wichtigsten rechtlichen, pflegerischen und ethischen Grundsätze zusammengetragen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Versterben eines Klienten"
Definition:
  • Nicht jeder Klient "schläft" friedlich ein. Häufig hinterlassen der Sterbeprozess sowie pflegerische und medizinische Maßnahmen Spuren am Leichnam, deren Anblick insbesondere für Angehörige verstörend wäre. Dieses etwa, wenn vergeblich eine Reanimation durchgeführt wurde. Es zählt daher zu den Aufgaben der Pflegekraft, den Verstorbenen zu versorgen.
  • Nach dem Ableben eines Klienten sind verschiedene rechtliche Vorgaben zu beachten, etwa falls eine natürliche Todesursache nicht zweifelsfrei feststeht. Überdies existieren in allen Religionen Vorgaben zum korrekten Umgang mit einem Leichnam.
  • Hinweis: Dieser Standard ist nur relevant bei allein lebenden Klienten ohne Kinder oder andere nahe Verwandte. Bei den meisten Senioren jedoch gibt es Angehörige, die den Großteil der hier beschriebenen Organisation selbst übernehmen. Die Aufgaben der Pflegekraft beschränken sich dann ggf. auf die Versorgung des Leichnams.
Grundsätze:
  • Der Tod eines Klienten ist für Angehörige, für Freunde und für Pflegekräfte ein schmerzhaftes Ereignis. Wir möchten der Trauer Raum geben.
  • Ein verstorbener Klient wird mit der gleichen Sorgfalt versorgt, wie es auch bei Lebenden selbstverständlich wäre.
Ziele:
  • Der Klient wird so versorgt, dass er den Eindruck eines Schlafenden macht.
  • Freunde und Angehörige können sich in einem würdevollen Umfeld vom Klienten verabschieden.
  • Die Wünsche des Klienten, insbesondere religiöse Vorschriften, werden genau befolgt.
Vorbereitung:
  • Sofern der Klient dieses wünscht, soll er noch zu Lebzeiten Anweisungen geben, wie nach seinem Tod zu verfahren ist. Es ist Aufgabe insbesondere der Bezugspflegekraft, ggf. den Dialog mit dem Klienten zu suchen.
  • Wir stellen sicher, dass uns die Religion des Klienten bekannt ist. Aus der Konfession leiten sich oftmals religiöse Vorgaben zum richtigen Verhalten nach dem Versterben ab. Ggf. stellen wir den Kontakt zu einem Geistlichen her. Dieser kann mit dem Klienten sprechen, seine Wünsche aufnehmen und an uns weiterleiten.
  • Falls möglich suchen wir auch das Gespräch mit den Angehörigen. Wir erfragen taktvoll, welche Maßnahmen nach dem Todeseintritt durchzuführen sind.
Durchführung: Direkt nach dem Versterben des Klienten:
  • Nach Kontrolle der Vitalzeichen wird ggf. Erste Hilfe geleistet. Die Patientenverfügung wird beachtet.
  • Sobald die Pflegekraft feststellt, dass der Klient offenbar nicht mehr am Leben ist, wird der Arzt, ggf. Notarzt, zur Leichenschau angefordert. Dieser wird i.d.R. unverzüglich nach Erhalt der Nachricht die Untersuchung des Verstorbenen vornehmen.
  • Die Pflegekraft hält - sofern bekannt - den genauen Todeszeitpunkt (z.B. "um 15.10 Uhr keine Vitalzeichen mehr messbar") in der Pflegedokumentation fest, damit der Arzt die Uhrzeit für das Ausstellen des Totenscheins verwenden kann.
  • Die Pflegekraft oder die Angehörigen legen Personalausweis/Reisepass und Versichertenkarte des Verstorbenen bereit, sofern der Ablageort der Dokumente bekannt ist. Eine Hausdurchsuchung nach diesen Dokumenten durch die Pflegekraft unterbleibt.
Umgang mit Angehörigen
  • Sofern der Klient bzw. dessen Betreuer keinen anderen Zeitpunkt verfügt haben, werden jetzt die Angehörigen informiert. Dieses erfolgt mit klaren und eindeutigen Worten, etwa "Ihr Vater ist leider verstorben" oder "Ihr Vater lebt leider nicht mehr". Wir sprechen langsam und ruhig. Falls notwendig, wiederholen wir die Information.
  • Im Umgang mit Angehörigen und engen Freunden muss beachtet werden, dass diese von der Todesnachricht emotional stark betroffen sind und irrational reagieren können. Wir enthalten uns jeder Bewertung.
  • Wir geben den Angehörigen Raum auch für emotionale Ausbrüche wie Klagen oder Schreien. Wir unterlassen jede Aufforderung an die Angehörigen, sich zu beherrschen.
  • Wir nehmen uns Zeit, um mit Angehörigen zu reden. Wir verzichten dabei auf Plattitüden wie "Sie werden darüber hinwegkommen", "Die Zeit heilt alle Wunden", "Ich weiß, wie Sie sich fühlen" usw.
  • Wir drängen darauf, dass Angehörige direkt nach Erhalt der Todesnachricht nicht selbst Auto fahren. Wir empfehlen die Benutzung eines Taxis oder öffentlicher Verkehrsmittel.
  • Wir beraten die Angehörigen zu den weiteren organisatorischen Fragen, insbesondere hinsichtlich der Bestattung. Wir halten für diese eine Checkliste bereit.
Versorgung des Toten nach Feststellung eines natürlichen Todes
  • Die Pflegekraft fragt, ob die Angehörigen bei der Versorgung des Toten helfen möchten.
  • Die Hygienemaßnahmen bei der Versorgung eines Leichnams sind die gleichen wie bei der Pflege eines Lebenden. Notwendig sind insbesondere eine lückenlose Händehygiene, Einmalhandschuhe sowie ggf. Schutzkleidung. Wir raten auch Angehörigen dazu, Einmalhandschuhe zu nutzen.
  • Der Verstorbene wird falls notwendig gewaschen, um ausgetretene Flüssigkeiten, Erbrochenes und Ausscheidungen zu entfernen. Um späteren Harn- und Stuhlaustritt aufzufangen, wird der Tote mit Inkontinenzmaterial versorgt.
  • Ein frisches Nachthemd wird angezogen. Alternativ wird der Verstorbene in Absprache mit den Angehörigen komplett angekleidet.
  • Alle Fremdkörper bis auf eine etwaige PEG werden entfernt, also insbesondere Infusionen, Katheter usw. Wenn viel Sekret austritt, werden die Wunden flüssigkeitsdicht versorgt.
  • Der Oberkörper wird flach gelagert. Der Kopf wird mit einem flachen Kissen unterlagert, damit das Gesicht und der Oberkörper nicht blau anlaufen. (Hinweis: Beim Hochlagern des Klienten kann Luft aus der Lunge entweichen; fast wie bei einem Atemzug oder bei einem Seufzer. Wir machen unerfahrene Pflegekräfte und helfende Angehörige darauf aufmerksam, damit sie sich nicht erschrecken.)
  • Ggf. wird die Zahnprothese eingesetzt. Dieses auch, wenn der Klient die Prothese längere Zeit zuvor nicht mehr getragen hat.
  • Ggf. wird der Klient gekämmt.
  • Ggf. wird eine Perücke aufgesetzt.
  • Ggf. wird der Bart rasiert und Rasierwasser aufgetragen.
  • Der Unterkiefer wird mit einem zusammengerollten Handtuch oder mit einer Kinnstütze unterlagert. Die Kinnstütze bzw. das Handtuch können nach Einsetzen der Totenstarre entfernt werden.
  • Der Unterkiefer wird i.d.R. nicht mit einer Mullbinde hochgebunden. Es kann zu strangulationsähnlichen Malen am Hals und an den Wangen kommen.
  • Die Hände werden ineinander gelegt. Alternativ positioniert die Pflegekraft die Hände des Klienten seitlich neben dem Körper. Oder es können dem Klienten Blumen oder ein Kreuz auf den Brustkorb oder in die zusammengelegten Hände gelegt werden. Die Finger werden aber nicht miteinander verschränkt, da dieses die weitere Versorgung durch das Bestattungsinstitut erschwert.
  • Der Verstorbene wird mit einem frischen Leinentuch zugedeckt. Der Kopf bleibt unbedeckt, bis alle Trauernden Abschied genommen haben.
  • Wenn die Augen nicht verschlossen bleiben, können sie mit einem feuchten Wattebausch oder mit einem Tupfer beschwert werden. Ggf. kann die Pflegekraft eine Fettsalbe unter die Augenlider geben.
Räumliches Umfeld
  • Falls sich die Angehörigen dazu entscheiden, den Toten zunächst daheim zu behalten (max. 36 bis 72 Stunden), sollten Verwesungsgerüche mit Duftkerzen o.Ä. überdeckt werden. Der Raum wird gelüftet. Die Raumtemperatur wird um einige °C. gesenkt, etwa durch ein offenes Fenster und durch das Runterregeln der Heizung.
  • Wir gestalten das Zimmer so, dass die Familie und Freunde auf würdevolle Weise trauern und Abschied nehmen können. Wir stellen also ggf. Blumen, Kerzen oder ein Kreuz in das Zimmer.
  • Wir sorgen für eine Sitzgelegenheit im Raum.
  • Das Licht wird gedämpft und die Vorhänge geschlossen.
  • Wenn die Angehörigen eintreffen, werden diese von der Pflegekraft in das Zimmer begleitet. Falls gewünscht erhalten sie die Möglichkeit, mit dem Verstorbenen allein zu sein. Wir versichern ängstlichen Angehörigen, dass es keine "Leichengifte" gibt, die eine Gefahr darstellen würden. Der Verstorbene kann also z.B. an den Händen oder an der Wange berührt werden.
  • Wir bieten dem Angehörigen ggf. ein Glas Wasser und ein Taschentuch an.
  • Die Desinfektion, das Wegräumen von Pflegehilfsmitteln und andere aufschiebbare Tätigkeiten im Zimmer erfolgen nicht in der Gegenwart der Angehörigen.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass alle sonstigen Arbeiten im Sterbezimmer ruhig und ohne Hektik ausgeführt werden.
Nachbereitung:
  • Soweit möglich, sollte die Bezugspflegekraft beim Begräbnis des Klienten anwesend sein.
  • Weitere Personen werden über das Ableben des Klienten informiert.
    • Hausarzt (falls dieser nicht die Leichenschau durchführte)
    • weitere Angehörige
    • PDL
    • Pflegekräfte
    • Seelsorger
    • Verwaltung
    • ggf. Apotheke
    • Bestattungsunternehmen (soweit dieses bereits ausgewählt wurde)
  • Die Pflegedokumentation wird abgeschlossen.
  • Nach einigen Wochen suchen wir erneut den Dialog mit den Angehörigen und sehen nach, ob sie den Verlust verarbeiten können. Ggf. bieten wir an, den Kontakt zu Selbsthilfegruppen herzustellen.
Dokumente:
  • Pflegedokumentation
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Mitarbeiter
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Versterben; Tod; Todesfall; Todeszeichen; Leichenschau
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