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Version 3.05f - 2014

Standard "Bezugspflege in der stationären Pflege"

 
Ob nun aus Überzeugung oder durch sanfte Überredung durch den MDK: Viele Einrichtungen und Pflegedienste haben in den letzten Jahren die Bezugspflege eingeführt. Mit einem Standard können Sie Grundsätze, Ziele und Durchführung verbindlich regeln.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Bezugspflege in der stationären Pflege"
Definition:
  • Die Bezugspflege ist ein Pflegesystem, das dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Pflegekraft die gesamte Pflege für eine feste Gruppe von Bewohnern übernimmt. Diese Mitarbeiterin ist zuständig für die Pflegeplanung. Sie definiert die Pflegeziele, wählt die dafür notwendigen Maßnahmen aus und überprüft deren Wirksamkeit.
  • Die Bezugspflegekraft ist von der Aufnahme bis zum Auszug oder bis zum Versterben des Senioren für dessen Versorgung verantwortlich. Nur in definierten Ausnahmefällen kann diese Zuständigkeit auf eine andere Pflegekraft übergehen.
  • Die Pflegekraft übernimmt alle pflegerischen Tätigkeiten, die für die Versorgung des Bewohners erforderlich sind. Tätigkeiten können aber auch an andere Pflegekräfte delegiert werden, wenn dieses sinnvoll ist. Etwa:
    • Die Bezugspflegekraft ist krank, hat frei, ist im Urlaub oder auf Fortbildung usw.
    • Die Bezugspflegekraft ist für bestimmte Tätigkeiten nicht qualifiziert, etwa Fußpflege bei Diabetikern.
    • Sinnvoll kann eine Delegation auch sein, wenn es in der Einrichtung Mitarbeiter gibt, die aufgrund von Zusatzqualifikationen für bestimmte Tätigkeiten deutlich besser geeignet sind. Beispiel: Versorgung von fortgeschrittenen chronischen Wunden durch die Wundbeauftragte.
  • Die von der Bezugspflegekraft erstellte Pflegeplanung ist bindend für alle anderen Mitarbeiter und darf nur unter zwingenden Umständen ohne vorherige Rücksprache geändert werden.
  • Das System der Bezugspflege bietet bei richtiger Umsetzung allen Beteiligten Vorzüge:
    • Der Bewohner erlebt eine hohe Kontinuität bei der Versorgung. Es wird z.B. vermieden, dass dieser innerhalb von sieben Tagen von vier verschiedenen Pflegekräften gewaschen wird. Dieses wäre nicht zumutbar.
    • Angehörige und der Bewohner haben bei Fragen zur pflegerischen Versorgung einen festen Ansprechpartner. Da alle relevanten Informationen bei der Bezugspflegekraft zusammenlaufen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme, Fehlentwicklungen und mögliche Gefahren schneller erkannt werden. Die Bezugspflegekraft kennt den Zustand des Bewohners sehr genau.
    • Das Aufgabengebiet der Pflegekraft wird durch die Bezugspflege deutlich aufgewertet. Insbesondere junge Pflegekräfte können mental davon profitieren, wenn ihnen eine solch verantwortungsvolle Aufgabe erstmalig zugetraut wird.
    • Die Pflegedienstleitung wird davon entlastet, primärer Ansprechpartner für sämtliche Bewohner und deren Angehörige zu sein. Sie muss nur noch dann eingreifen, wenn es Probleme gibt, die die Bezugspflegekraft nicht allein lösen kann. Das Risiko, dass relevante Informationen in der alltäglichen Hektik untergehen, sinkt.
  • Die Bezugspflege entspricht (trotz einiger Abweichungen) in großen Zügen dem angloamerikanischen System des "Primary Nursing".
  • Eine alternative Bezeichnung für eine Bezugspflegekraft ist "Primärpflegefachkraft" oder "Primary Nurse"; kurz "PN".
  • Der MDK favorisiert das System der Bezugspflege bei der Wahl des Pflegesystems. Er akzeptiert aber auch Mischformen mit anderen Pflegesystemen wie etwa der Bereichspflege.
  • Häufig ergibt sich schon aus der Wahl des Pflegemodells die Notwendigkeit, auch ein dazu passendes Pflegesystem zu installieren. Das AEDL-System beispielsweise ist nur mit der Bezugspflege oder mit einem Mischsystem umsetzbar.
  • In der Literatur wird häufig beschrieben, dass durch die Einführung der Bezugspflege Kosten gespart werden. Dieses ist tatsächlich möglich, da dieses Pflegesystem oftmals die Personalfluktuation senkt. Die zusätzlichen Kompetenzen und die engere Bindung an die Bewohner steigern die Mitarbeiterzufriedenheit.
  • Nachteilig wirkt sich die Bezugspflege ggf. auf das Verhältnis zwischen einem Bewohner und einer Pflegekraft aus, wenn diese nicht die Bezugspflegekraft ist. Falls sie also z.B. nur vertretungsweise den Bewohner versorgt. Da es sich nicht um "ihren" Bewohner handelt, fühlt sich die Mitarbeiterin ggf. nicht in dem Maß verantwortlich.
Grundsätze:
  • Personelle Kontinuität in der pflegerischen Versorgung ist ein elementarer Bestandteil einer menschenwürdigen Pflege.
  • Die Bezugspflegekraft ist die Schlüsselfigur im Pflegeprozess des jeweiligen Bewohners. Sie ist verantwortlich für die Zielsetzung und die Zielerreichung.
  • Im Mittelpunkt unserer Bezugspflege steht der Bewohner. Unsere Pflege und unsere Betreuung richten sich nach den individuellen Wünschen, Bedürfnissen und Gewohnheiten sowie nach der Biografie und den Ressourcen des Bewohners.
  • Eine professionelle Bezugspflege ist ohne weitreichende Kompetenzen für die Pflegekräfte nicht denkbar.
  • Schwerstpflegebedürftige oder verhaltensauffällige Bewohner werden gerecht den Pflegekräften zugeordnet. Alle Bezugspflegekräfte sollten gleichmäßig belastet werden.
Ziele:
  • Es entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen Bewohner und Pflegekraft.
  • Die Wünsche und die Bedürfnisse des Bewohners werden präzise erfasst und in der täglichen Pflege und Versorgung maßgeblich berücksichtigt.
  • Angehörige haben einen festen Ansprechpartner für Fragen und Kritik.
  • Die Pflege des Bewohners erfolgt individuell und personenorientiert.
  • Die Arbeit der Pflegekräfte ist vielfältig. Jede Pflegekraft ist in der Lage, alle in der Pflege typischen Maßnahmen durchzuführen.
  • Die Pflegekraft erhält Kompetenzen und Gestaltungsfreiräume. Dieses steigert die Mitarbeiterzufriedenheit.
  • Gerontopsychiatrisch beeinträchtigte Bewohner werden durch hohe personelle Kontinuität in der Pflege speziell gefördert.
  • Die Qualität der Pflegedokumentation und der Pflegeplanung wird gesteigert.
Vorbereitung: fachliche und menschliche Voraussetzungen für die Tätigkeit als Bezugspflegekraft
  • fachliche Voraussetzungen:
    • Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft (Hinweis: Es gibt auch Konzepte, die Pflegehilfskräfte als Bezugspflegekraft vorsehen. Die Umsetzung ist aufgrund der fachlichen und rechtlichen Beschränkungen aber komplizierter.)
    • keine leitende Position, Wohnbereichsleitungen nur in Ausnahmefällen
    • mindestens drei Jahre Berufserfahrung, insbesondere Kenntnisse zu den Expertenstandards
    • Halbtagsstelle oder mehr
  • menschliche Voraussetzungen:
    • umfassende Kommunikationsfähigkeiten und Durchsetzungsvermögen, da die Pflegekraft die Interessen des Bewohners auch gegenüber Ärzten und Therapeuten vertreten soll
    • menschliche Belastbarkeit, da der Bewohner insbesondere auch im Sterbeprozess intensiv von der Bezugspflegekraft versorgt wird.
Arbeitsorganisation
  • Neue Mitarbeiter werden im Rahmen der Einarbeitung in unser System der Bezugspflege eingewiesen. Hier kann es von Einrichtung zu Einrichtung im Detail abweichende Regelungen geben.
  • Die Aufgaben einer Bezugspflegekraft werden definiert. Die Stellenbeschreibungen werden entsprechend erweitert.
  • Wir informieren Interessenten für einen Heimplatz über das System der Bezugspflege. Potenzielle neue Heimbewohner erfahren, welche Aufgaben eine Bezugspflegekraft hat und welche Ziele wir damit verfolgen.
  • Schon vor dem Heimeinzug wird jedem Bewohner eine Bezugspflegekraft zugeordnet. Die Pflegekraft hat ein Mitspracherecht bei dieser Zuteilung. Relevant ist auch das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter. So verfügen einige Mitarbeiter in unserer Einrichtung über spezielle Kenntnisse in der Gerontopsychiatrie oder für die Versorgung von beatmeten oder von komatösen Bewohnern. (Hinweis: Die Zuteilung von Bewohnern primär aufgrund von Krankheitsbildern und den dazu passenden Qualifikationen ist kritisch zu begleiten. Es ist wichtig, dass die Pflege z.B. von depressiven oder von aggressiven Senioren gerecht verteilt wird und es nicht zum "Burn-out" einzelner Mitarbeiter kommt.)
  • Ein weiterer Faktor bei der Zuweisung der Bewohner ist die Pflegestufe und somit insbesondere der körperliche Kraftaufwand für deren Versorgung. Es sollte angestrebt werden, dass Bewohner mit erheblichen Erschwernisfaktoren gleichmäßig verteilt werden; insbesondere Kontrakturen und Adipositas.
  • Bei der Versorgung von Senioren aus anderen Kulturkreisen kann es sinnvoll sein, diesem eine Pflegekraft aus dem gleichen Kulturkreis zuzuweisen.
  • Viele Bewohner wünschen sich eine gleichgeschlechtliche Bezugspflegekraft. Bei Seniorinnen mit Gewalterfahrungen ist dieses besonders wichtig, da mit dem Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung die verdrängten Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen.
  • Wir stellen das System der Bezugspflege in unserer Heimzeitung, auf unserer Homepage sowie auf Angehörigenabenden vor.
  • Wir benennen parallel zur Bezugspflegekraft eine weitere Co-Bezugspflegekraft, die die Pflege und Betreuung des jeweiligen Bewohners übernimmt, wenn die Bezugspflegekraft frei hat, krank oder im Urlaub ist. Die Vertretung hält sich an die in der Pflegeplanung definierten Ziele und Maßnahmen. Diese Vertretung wird auch als "Assistant Nurse" oder als "Associate Nurse", oder kurz "AN" bezeichnet.
  • (Hinweis: Alternativ gibt es in der Praxis auch das Rotationsprinzip. Das bedeutet, dass die Zuständigkeit für einen Bewohner z.B. jährlich wechselt. Für den Bewohner ist ein solcher Wechsel ggf. belastend. Dafür aber werden herausfordernde "Problembewohner" gerechter unter den Pflegekräften verteilt.)
  • Auch alle Pflegekräfte, die formal nicht als Bezugspflegekräfte oder als Co-Bezugspflegekräfte tätig sind, sollten nur einen möglichst kleinen Kreis von Bewohnern pflegen.
  • (Hinweis: In vielen Pflegeteams gibt es einen großen Anteil an Teilzeitkräften. Bei einer MDK-Prüfung wird dann seitens der Pflegeeinrichtung argumentiert, dass unter diesen Bedingungen eine hohe Personalkontinuität nicht möglich wäre. Das ist jedoch nicht richtig: Wenn eine Teilzeitkraft nur drei Tage in der Woche im Haus ist, kann sie an diesen drei Tagen durchaus stets dem gleichen Bewohner für die Körperpflege zugeteilt werden.)
  • Bei Personalengpässen wird abgewogen: Unauffälligen Bewohnern kann ein zeitweiliger Wechsel der Pflegekräfte zumeist zugemutet werden. Bei psychisch erkrankten Bewohnern sollte die Zuordnung zur Bezugspflegekraft möglichst erhalten bleiben.
  • Bei der Dienst- und Urlaubsplanung achten wir darauf, dass eine möglichst kontinuierliche Betreuung möglich ist. Bei Abwesenheit der Bezugspflegekraft achten wir also darauf, dass zumindest die Co-Bezugspflegekraft in dieser Zeit verfügbar ist.
  • Jede Bezugspflegekraft betreut maximal sieben Bewohner.
  • Alle von der Bezugspflegekraft versorgten Bewohner sollten in einem Wohnbereich leben.
Durchführung: Kooperation mit anderen Pflegekräften und Institutionen
  • Wenn eine Bezugspflegekraft in den Urlaub geht, findet eine formelle Übergabe der durch sie betreuten Bewohner an die Co-Bezugspflegekraft statt. Entsprechend wird am Ende des Urlaubs verfahren.
  • Die Bezugspflegekraft bleibt auch bei eigener Abwesenheit für die Pflege des Bewohners verantwortlich. Dieses umfasst insbesondere die spätere Kontrolle aller Pflegemaßnahmen, die von Co-Bezugspflegekräften in dieser Zeit durchgeführt worden sind.
  • Die Co-Bezugspflegekraft darf nur dann von den Vorgaben der Bezugspflegekraft abweichen, wenn sich der Gesundheitszustand des Bewohners kurzfristig geändert hat und eine entsprechende ärztliche Diagnose vorliegt.
  • Die Aufgaben der jeweiligen Schichtleitung, z.B. Krankenhauseinweisung, Begleitung bei Arztvisiten, Notfallversorgung usw. bleiben davon unberührt.
  • Bei Fallbesprechungen ist es stets Aufgabe der Bezugspflegekraft, ihren Bewohner vorzustellen. Fallbesprechungen sind ein wichtiges Werkzeug, um weitere Meinungen und Einschätzungen in die Pflegeplanung einfließen zu lassen.
  • Die Pflegekraft sammelt alle eingehenden Informationen, die für die Pflege ihres Bewohners relevant sind, etwa medizinische Diagnosen, Anweisungen von therapeutischen Mitarbeitern usw.
Kommunikation mit dem Bewohner und mit Angehörigen
  • Die Bezugspflegekraft ist insbesondere für einen möglichst reibungslosen Heimeinzug verant

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++


 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
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