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Version 1.05 - 2014 |
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Standard
"Verhalten bei
mangelndem Kooperationswillen" |
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"Weisheit
kommt mit dem Alter", sagt der Volksmund. Pflegekräfte haben da so ihre
Zweifel. Denn bei vielen Senioren wächst in späten Jahren vor allem die
Unvernunft. Doch was tun, wenn ein Pflegebedürftiger wichtige Therapien
verweigert und seine Medikamente nicht nehmen möchte? |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
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Standard "Verhalten bei
mangelndem Kooperationswillen" |
Definition:
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- Der Therapieerfolg ist maßgeblich davon
abhängig, dass der Bewohner die ärztlich verschriebenen Medikamente
korrekt einnimmt und auch alle anderen Vorgaben einhält. Für diesen
Kooperationswillen hat sich in der Medizin und in der
Pflegewissenschaft der Ausdruck "Compliance" etabliert. (Hinweis:
Alternativ kann der Begriff "Adherence" genutzt werden.)
- Die Compliance unterliegt Schwankungen. Es gibt
verschiedene Faktoren, die den Kooperationswillen beeinflussen:
- Ein gut aufgeklärter Bewohner ist
kooperativer als ein Bewohner, der die Maßnahme nicht versteht.
- Je mehr Wirkstoffe ein Bewohner gleichzeitig
einnehmen muss, umso größer ist das Risiko, dass er die
Medikamentierung insgesamt ablehnt.
- Eine mehrmals tägliche Applikation senkt den
Kooperationswillen. Die Einnahme von Depotpräparaten steigert ihn
oftmals.
- Der Bewohner ist kooperativer, wenn die
Erkrankung Schmerzen verursacht und der Bewohner auf Linderung hofft.
Die Compliance sinkt, wenn die Gesundheitsstörung nur eine geringe
Symptomatik aufweist wie etwa Bluthochdruck oder Diabetes mellitus.
- Im Verlauf einer langen chronischen
Erkrankung sinkt i.d.R. die Compliance (sog. "Therapiemüdigkeit");
dieses insbesondere, wenn das Medikament oder die Therapie keine für
den Bewohner spürbare Wirkung hat.
- Ein langer Beipackzettel mit vielen dort
aufgezählten potenziellen Nebenwirkungen senkt die Bereitschaft zur
Einnahme.
- Eine nachlassende Gedächtnisleistung kann als
mangelhafter Kooperationswille missverstanden werden, etwa wenn der
Bewohner die Einnahme eines Medikaments wiederholt vergisst.
- Wir beachten stets, dass Nebenwirkungen sehr
subjektiv empfunden werden. Zu Beginn einer Therapie hofft der Bewohner
auf eine baldige Gesundheitsverbesserung. Die unerwünschten Effekte
werden als vorübergehendes Problem akzeptiert. Bleibt der Erfolg jedoch
aus, werden die Nebenwirkungen aus Sicht des Bewohners immer
unerträglicher, obwohl ihre tatsächliche Intensität gar nicht
angestiegen ist.
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Grundsätze:
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- Wir achten den Anspruch jedes Bewohners auf ein
eigenverantwortliches Leben. Jeder Pflegebedürftige hat insbesondere
das Recht auf Lebensgewohnheiten, die seiner Gesundheit schaden. Dazu
zählen die Ablehnung von Medikamenten, der Konsum von Genussgiften wie
Alkohol oder Nikotin sowie der übermäßige Genuss von ungesunden
Lebensmitteln.
- Pflegekräfte haben die Aufgabe, den Bewohner
auf die Risiken aufmerksam zu machen und Alternativen aufzuzeigen. Sie
haben aber nicht das Recht, dem Bewohner ihre Ansichten aufzuzwingen.
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Ziele:
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- Das Grundrecht auf ein eigenverantwortliches
Leben bleibt in jedem Fall gewahrt.
- Es kommt zu einem dreistufigen Prozess hin zu
mehr Kooperationswillen:
- Zwischen der Pflegekraft und dem Bewohner
entwickelt sich ein konstruktiver Dialog. Der Bewohner ist zumindest
gewillt, über die Notwendigkeit einzelner Pflegemaßnahmen zu
diskutieren.
- Danach akzeptiert der Bewohner, dass die
Pflegemaßnahmen erforderlich sind, um seine Gesundheit zu erhalten oder
wiederzuerlangen. Er ist nicht überzeugt, aber doch kooperativ.
- Der Bewohner ist letztlich motiviert, sich
aktiv und aus eigenem Entschluss an der Pflege zu beteiligen.
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Vorbereitung: |
- Eine vertrauensvolle Beziehung zur Pflegekraft
ist entscheidend für die Kooperationsbereitschaft des Bewohners. Wir
setzen daher das System der Bezugspflege um. Jede Kommunikation mit dem
Bewohner sollte auf Wertschätzung und auf Akzeptanz basieren.
- Oftmals ist mit dem Heimeinzug ein Arztwechsel
verbunden. Wir sprechen dann eine Empfehlung aus. Der Bewohner sollte
einen Mediziner wählen, der sich für die Beratung des Patienten
ausreichend Zeit lässt.
- Für zentrale Pflegeprobleme bieten wir
Informationsmaterial an; dieses insbesondere in den Bereichen
Dekubitusprophylaxe, Wundversorgung sowie Inkontinenz. Wir erfüllen
damit auch die Vorgaben, die sich aus den Expertenstandards ergeben.
Wir nehmen Rücksicht auf den Bildungshintergrund, auf sprachliche
Fähigkeiten und auf kulturelle Gegebenheiten.
- Wir stehen dem Bewohner jederzeit für Fragen
zur Verfügung. Wenn wir diese nicht beantworten können, verweisen wir
auf den behandelnden Arzt oder auf die externen Therapeuten, wie etwa
den Ergotherapeuten.
- Wir beachten, dass unsere Bewohner i.d.R. nicht
mit dem Internet vertraut sind und dieses Medium daher nicht zur
Informationsbeschaffung nutzen. Es kann also eine große Hilfe sein,
wenn die Pflegekraft für den Bewohner ein oder zwei relevante Artikel
aus verlässlichen Quellen ausdruckt.
- Wenn ein Therapiewechsel oder eine grundlegende
Änderung der Medikamentierung ansteht, wird der Bewohner frühzeitig
informiert. Uns ist bewusst, dass viele Ärzte ihre Patienten in solchen
Fällen nur unzureichend über fachliche Zusammenhänge informieren. Umso
wichtiger ist es, dass wir dem Bewohner die Gründe für Änderungen
darlegen können. Ggf. beschaffen wir diese Informationen durch eine
Kontaktaufnahme mit der Arztpraxis.
- Wir führen für Bewohner regelmäßig
Fallbesprechungen durch. Zudem sollten alle an der Versorgung
beteiligten Mitarbeiter die Pflegeplanung genau kennen. Wenn ein
Pflegeteam nicht einheitlich vorgeht oder wenn sich einzelne
Mitarbeiter gegenseitig widersprechen, senkt dieses die Compliance
deutlich.
- Der Bewohner wird bei der Erstellung der
Pflegeplanung einbezogen. Er soll insbesondere darüber entscheiden, wie
ambitioniert die Pflegeziele gesetzt werden sollen und welche
persönlichen Mühen und Unannehmlichkeiten er akzeptieren will.
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Durchführung:
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Reaktion auf mangelnde
Kooperationsbereitschaft:
- Dem Bewohner wird erläutert, welche
Konsequenzen sich aus der Ablehnung der Maßnahme ergeben. Wir bleiben
dabei sachlich und vermeiden sowohl Über- als auch Untertreibungen.
- Wir erinnern den Bewohner an seine
Verantwortung für die eigene Gesundheit. Wir verdeutlichen ihm, wie
wichtig sein Wohlergehen auch für seine Angehörigen ist.
- Wir bringen den Bewohner mit kooperativen
Mitbewohnern in Kontakt. Beispiel: Ein Bewohner lehnt die Einnahme
eines bestimmten Medikaments ab, weil er Nebenwirkungen fürchtet. In
diesem Fall kann es sinnvoll sein, dass sich der Pflegebedürftige mit
einem Mitbewohner austauscht, der diesen Wirkstoff bereits einnimmt und
ihn gut verträgt.
- Wir beachten stets, dass ein zunehmend
nachlassender Kooperationswille symptomatisch für Depressionen und für
eine gesteigerte Suizidgefährdung ist. Wir beachten die Vorgaben im
Standard "Erkennung von Depressionen".
- Wir prüfen, ob religiöse oder weltanschauliche
Grundsätze zur Ablehnung von Medikamenten führen. Viele Arzneimittel
enthalten Bestandteile wie Alkohol, Gelatine vom Schwein oder Produkte
mit Gentechnik. Dabei ist wichtig zu beachten, dass sich Ansichten und
Religiosität im Alter ändern können, ohne dass der Betroffene dieses
gegenüber einer Pflegekraft zugeben würde.
- Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt prüfen wir,
welche Alternativen möglich sind, wenn der Bewohner eine Therapie oder
eine Medikation ablehnt. Oftmals ist es schon ausreichend, einen
anderen Applikationsweg zu wählen. Beispiel: Eine Pflegebedürftige hat
Schluckstörungen. Die Einnahme einer Tablette führt zum Würgereiz. Die
Bewohnerin lehnt das Medikament daher ab. Eine Applikation als Tropfen
wäre viel angenehmer.
- Unter Beachtung der notwendigen Vertraulichkeit
werden die Angehörigen, Freunde und Seelsorger einbezogen. Diese sollen
auf den Bewohner einwirken und ihn zu mehr Kooperation bewegen.
- Wenn der Bewohner Pflegemaßnahmen ablehnt, wird
der behandelnde Arzt zeitnah darüber informiert. Wir prüfen, ob dieser
für den Bewohner eine "Respektsperson" ist. In diesem Fall sollte der
Mediziner den Bewohner nachdrücklich zu mehr Kooperation mahnen.
- Wir prüfen, ob der Bewohner an einer
Wahnerkrankung leidet. Betroffene können insbesondere befürchten, von
der Pflegekraft, vom Arzt oder vom Apotheker vergiftet zu werden.
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Nachbereitung: |
- Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle
Vorgänge präzise dokumentiert werden. Also:
- Wie äußert sich die Ablehnung? Welche
Maßnahmen genau wurden abgelehnt?
- Wann und in welchem Umfang wurde der Bewohner
über die Folgen seines Handelns informiert?
- Welche weiteren Maßnahmen hat die Pflegekraft
unternommen, um den Bewohner umzustimmen? Wie nachdrücklich erfolgte
dieses?
- Welche gesundheitlichen Folgen traten als
Folge der Weigerung auf?
- Die Pflegeplanung wird an die Gegebenheiten
angepasst.
- Die Ablehnung von Pflegemaßnahmen wird nicht
dauerhaft stillschweigend hingenommen. Wir werden den Bewohner immer
wieder dazu auffordern, sein Verhalten zu ändern.
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Dokumente: |
- Pflegebericht
- Pflegeplanung
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Verantwortlichkeit
/ Qualifikation: |
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Kooperation; Demenz; Medikament; Compliance |
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Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
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Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
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angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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