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Version 2.05a - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit Allergien"

 
Wenn im Frühjahr die Gräser und Bäume blühen, beginnt für Millionen Allergiker eine mehrmonatige Leidenszeit. Bei der Pflege von Betroffenen geht es aber um wesentlich mehr als tränende Augen und laufende Nasen. Denn oftmals reicht schon eine falsche Medikamentenapplikation, um erkrankte Senioren in erhebliche Lebensgefahr zu bringen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Allergien"
Definition:
  • Eine Allergie ist eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems auf den Kontakt mit körperfremden und eigentlich harmlosen Substanzen (sog. "Allergenen") wie etwa Pollen, Pilzsporen, tierischen Hautzellen, Federstaub, Speichel, Milbenkot, Holz- oder Mehlstaub.
  • Nach dem ersten Kontakt mit einer allergieauslösenden Substanz bilden sich im menschlichen Organismus Antikörper und Gedächtniszellen. Kommt es später zu einer erneuten Exposition, reagiert die Immunabwehr wie bei einer Infektion durch Krankheitserreger.
  • Es handelt sich um eine sehr häufige Erkrankung, von der schätzungsweise ein Viertel der Bevölkerung von Industrienationen betroffenen ist.
  • Die lebensgefährliche Extremform einer Allergie wird als "anaphylaktischer Schock" bezeichnet.
Grundsätze:
  • Wir nehmen alle Symptome einer Allergie stets ernst. Eine Allergie kann die Gesundheit und sogar das Leben eines Bewohners gefährden.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt und mit dem Allergologen zusammen.
  • Uns ist bewusst, dass eine Allergie immer auch Auswirkungen auf die mentale Befindlichkeit hat. Wir stellen uns also darauf ein, dass z.B. ein Pollenallergiker während der Allergiezeit besonders reizbar sein kann.
Ziele:
  • Der Bewohner kennt die Allergene und vermeidet den Kontakt.
  • Der Pflegebedürftige kennt die Symptome. Er weiß, wie er beim Auftreten einer allergischen Reaktion handeln sollte.
  • Der Bewohner hat einen Allergiepass und trägt diesen stets bei sich.
  • Der Bewohner verfügt über ein Notfallset. Er trägt dieses bei sich, wenn er die Einrichtung kurzzeitig verlässt. Er weiß, wie er sich bei Bedarf selbst helfen kann.
Vorbereitung:
  • Sofern es hinreichende Anzeichen für eine Allergie gibt, legen wir dem Bewohner eine (fach)ärztliche Untersuchung nahe.
  • Das erstmalige Auftreten von Allergien im Alter ist eher selten. Die meisten Betroffenen leiden bereits seit Jahrzehnten an dieser Immunstörung. Sie haben im Laufe der Zeit Strategien entwickelt, um den Kontakt mit Allergenen zu meiden oder die Symptomatik zu lindern. Durch das Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung kann es dazu kommen, dass diese Selbsthilfetechniken vergessen werden.
  • Es ist also Aufgabe von Mitarbeitern, den Zustand des Pflegebedürftigen zu überwachen und im Bedarfsfall entsprechend zu handeln.
Symptome
  • Die Augen tränen, jucken und sind gerötet.
  • Die Nasenschleimhäute sind geschwollen und verstopft, ohne dass eine auslösende Infektion vorliegen würde. Der Juckreiz dehnt sich auch auf den Gaumen aus. Klarer und flüssiger Nasenschleim tritt aus. Der Geruchs- und der Geschmackssinn des Bewohners sind reduziert.
  • Der Bewohner klagt über Jucken, Rötungen und Quaddelbildung.
  • Es kommt zu Beeinträchtigungen des Bronchialsystems. Die Schleimhäute schwellen an und sondern zähen Schleim ab. Der Bewohner klagt über Atemnot.
  • Die Funktion des Gastrointestinaltrakts ist gestört, der Bewohner leidet z.B. unter Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
  • Das Herz-Kreislauf-System ist gestört. Es kommt zur Tachy- oder zur Bradykardie.
Einordnung der Allergie
Hinweis: Bei einem Verdacht auf eine allergische Erkrankung ist die Anamnese von zentraler Bedeutung. Wenn ein Bewohner aufgrund kognitiver Defizite nicht mehr in der Lage ist, die Fragen des Arztes sinnvoll zu beantworten, wird dieses von der Pflegekraft übernommen. Wir stellen alle Informationen zusammen, die auf die Art der Allergie schließen lassen. Hinsichtlich der allergischen Reaktion sind folgende Beobachtungen wichtig:
  • Hat die Pflegekraft bestimmte Zusammenhänge bemerkt? Intensiviert sich die Symptomatik, wenn der Bewohner Kontakt zu bestimmten Kleidungsstücken, zu Pflegeartikeln oder zu Lebensmitteln hatte?
  • Wie schnell erfolgt die Reaktion auf das Allergen? Nach Minuten oder nach mehreren Stunden?
  • Hat der Bewohner Hautausschlag, Risse oder Blasen? Ist die Reaktion auf ein Hautareal begrenzt?
  • Klagt der Bewohner über Juckreiz oder über Schmerzen?
  • Sind Ödeme sichtbar?
  • Ist der Bewohner kurzatmig? Leidet er an Atemnot?
  • Sind Herzrhythmusstörungen, insbesondere Herzrasen, feststellbar?
  • Leidet der Bewohner an Fieber oder an Hitzegefühl?
  • Ist der Bewohner sehr unruhig?
  • Tränen die Augen? Ist die Bindehaut entzündet?
Hinweis: Wichtig ist auch die Abschätzung, wie stark der Bewohner unter der Allergie leidet. Eine medikamentöse Therapie samt Nebenwirkungen und Risiken ist nur dann sinnvoll, wenn die Einschränkungen der Lebensqualität durch die Allergie erheblich sind.
Bestimmung der Allergie
  • Anhand der uns vorliegenden Informationen können wir ggf. erste Aussagen zur Art der Allergie machen. Wir prüfen, welchen potenziellen Allergenen der Bewohner ausgesetzt sein könnte.
Inhalationsallergie
  • Zufuhr: Das Allergen wird eingeatmet.
  • Auslöser: Pollen von Pflanzen und Gräsern, Schimmelsporen, Tierhaare, Hausstaub, Bettfedern, Lacke, Farbstoffe
  • Symptome: Bindehautentzündung, wässriger Schnupfen, Asthma
Nahrungsmittelallergie
  • Zufuhr: Das Allergen wird mit der Nahrung aufgenommen.
  • Auslöser: Arzneimittel in Tabletten- oder Tropfenform, Nüsse, Erdbeeren, Fisch, Eier, Milch
  • Symptome: Hautrötungen, Fieber, Gelenkbeschwerden, Durchfall, Übelkeit
Kontaktallergie
  • Zufuhr: Das Allergen gelangt über die Haut in den Körper.
  • Auslöser: Hautpflegemittel, Modeschmuck
  • Symptome: lokale Rötungen und Schwellungen, Juckreiz
Injektionsallergie
  • Zufuhr: Das Allergen wird in die Blutbahn gespritzt.
  • Auslöser: Insektengift, unverträgliche Medikamenteninjektion
  • Symptome: anaphylaktischer Schock (lebensbedrohliche Schocksymptomatik), Hypotonie, Bewusstlosigkeit
weitere Maßnahmen
  • Wir halten stets einen Pollenflugkalender bereit oder nutzen eine App für das Smartphone. Pollen sind die häufigsten Auslöser von Allergien.
  • Im Rahmen des Aufnahmegesprächs erfragen wir, ob es Allergien gibt. Wir suchen den Kontakt zu Angehörigen und fragen diese, ob Allergien beim Bewohner bekannt sind. Diese werden genau erfasst. Wir stellen auch sicher, dass eine etwaige medikamentöse Therapie auch nach Umzug in die Einrichtung fortgeführt wird.
  • Im Dialog mit dem Bewohner wird diesem verdeutlicht, wie wichtig die disziplinierte Vermeidung des Allergens ist.
  • Nahrungsmittelallergien werden bei der individuellen Speisenplanung berücksichtigt. Wir arbeiten dafür eng mit der Hauswirtschaft zusammen.
  • Wir sorgen dafür, dass jeder Allergiker seinen Allergiepass bei sich trägt, wenn er das Haus verlässt. Der Allergiepass wird stets auf dem aktuellen Stand gehalten.
  • Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt prüfen wir, ob der Bewohner ein Notfallset bei sich tragen sollte. Dieses besteht aus einem Kortisonpräparat, einem Antihistaminikum und einem Adrenalin-Autoinjektor. Mit diesem verabreicht man im Notfall Adrenalin. Das Hormon regt Herzschlag und Blutdruck an, normalisiert die Atmung und wirkt abschwellend. Wir erklären dem Bewohner, dass er nach jedem Einsatz des Notfallsets den Notruf wählen soll, damit er weitere medizinische Hilfe erhält.
  • In Absprache mit dem behandelnden Arzt halten wir auch auf dem Wohnbereich Notfallmedikamente bereit.
  • Bei einem zugeschwollenen Rachen haben viele Pflegebedürftige Probleme, Tabletten zu schlucken. Die Einnahme eines Saftes oder eines Sirups ist i.d.R. wesentlich einfacher.
Durchführung: Allergenkarenz (Expositionsprophylaxe)
Die wirksamste Strategie zur Vermeidung von allergischen Reaktionen besteht darin, dass der Bewohner mit dem Allergen möglichst nicht mehr in Kontakt kommt. Abhängig vom individuellen Krankheitsbild kommt eine Vielzahl von Maßnahmen in Betracht. Etwa:
  • Bei einer Insektengiftallergie soll der Bewohner im Freien lange Kleidung tragen. Er soll Situationen vermeiden, die Wespen anlocken; also etwa eine Nahrungsaufnahme von Kuchen im Freien oder der Konsum von süßen Getränken. Er soll im Freien nicht barfuß laufen. Auf Parfüms sollte verzichtet werden, wenn diese Wespen oder Bienen anlocken. Die Fenster sollten mit einem Insektengitter versehen werden.
  • Eine Hausstauballergie kann gelindert werden, wenn der Bewohner spezielle hypoallergene Bettwäsche und Haushaltstextilien kauft oder sich schenken lässt. Böden und Haushaltstextilien werden besonders sorgfältig gesäubert. Wir achten auf eine gute Belüftung, insbesondere nach dem Saugen. Stofftiere werden durch Waschen oder durch eine Lagerung im Tiefkühlfach von Milben befreit. Wir prüfen kritisch, ob Haustiere und Zimmerpflanzen die Symptomatik verschlimmern.
  • Bei einer Pollenallergie ist die Expositionsvermeidung besonders wichtig. In Zeiten des intensiven Pollenflugs sollte der Bewohner Aufenthalte im Freien meiden. Er soll keine Kleidung auf dem Balkon aufhängen. Räume werden bevorzugt dann gelüftet, wenn der Pollenflug nachlässt, also etwa am späten Abend oder früh morgens. Bei Wind bleiben Fenster und Türen geschlossen. Wir legen dem Bewohner nahe, das Gesicht regelmäßig mit klarem Wasser abzuspülen. Hilfreich sind auch Apps für das Smartphone, die die regionale Pollenbelastung am Tag anzeigen.
  • Die Maßnahmen bei einer Nahrungsmittelallergie werden im Rahmen einer Ernährungsberatung festgelegt. Wir stellen sicher, dass wir alle relevanten Informationen erhalten; etwa: In welchen Nahrungsmitteln ist das Allergen enthalten? Wie können wir es vermeiden? Wir stellen sicher, dass auch alle Angehörigen informiert werden; etwa wenn sie für den Bewohner kochen oder wenn sie mit ihm essen gehen.
Therapie
Wir nutzen medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen, um dem Bewohner Linderung zu verschaffen.
  • Wir setzen Kälteanwendungen ein, um den Juckreiz, das Brennen und das Hitzegefühl bei einer Kontaktallergie oder bei Schwellungen zu lindern.
  • Der Bewohner erhält Antihistaminika. Diese schwächen oder blockieren die Wirkung von Histamin, um allergische Reaktionen abklingen zu lassen. Viele Präparate müssen mit einem mehrwöchigen Vorlauf eingenommen werden, bis die gewünschte Wirkung eintritt.
  • Eine allergisch verursachte akute Bindehautentzündung kann durch das Auflegen von feuchten Kompressen auf die geschlossenen Augenlider gelindert werden. Falls notwendig bitten wir den Arzt um die Verschreibung von speziellen Augentropfen. Der Bewohner soll ggf. auch in Innenräumen eine Sonnenbrille tragen, da diese die Lichtempfindlichkeit reduziert.
  • Wenn Antihistaminika keine

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++




 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Allergie; Schock, anaphylaktischer; Expositionsprophylaxe; Inhalationsallergie; Nahrungsmittelallergie; Kontaktallergie; Injektionsallergie
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