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Version 2.05a - 2017

Standard "Schluckstörungen: Risikoeinschätzung und Erkennung"

 
Wer schon einmal eine richtig "fiese" Mandelentzündung durchgemacht hat, kann nachempfinden, welches Leiden sich hinter dem Wort "Dysphagie" verbirgt. Da fast jeder zweite Senior über 70 Jahre zumindest zeitweise unter Schluckstörungen leidet, sollten die wichtigsten Richtlinien zur Pflege von Betroffenen in einem Standard zusammengefasst werden.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Schluckstörungen: Risikoeinschätzung und Erkennung"
Definition:
  • Die Schluckstörung (Dysphagie) ist eine Beeinträchtigung der Schluckfähigkeit vom Mund bis zum Mageneingang. Die primäre Schluckstörung ist das Resultat des allgemeinen Alterungsprozesses. Die sekundäre Schluckstörung wird als Begleitsymptom von Grunderkrankungen verursacht. Sie tritt z. B. nach einem Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose auf.
  • In Deutschland liegt die Häufigkeit von Schluckstörungen bei sieben Prozent der Gesamtbevölkerung. In der Altersgruppe der Über-55-Jährigen ist jeder Fünfte betroffen. Mehr als ein Drittel aller stationär versorgten Senioren leidet unter derartigen Einschränkungen. Und bei Senioren mit einer Alzheimerdemenz steigt der Anteil der Betroffenen auf sogar über 70 Prozent.
  • Eine Dysphagie beeinträchtigt die Fähigkeit zum Essen und zum Trinken. Sie schränkt somit die Lebensqualität deutlich ein. Um ein Verschlucken zu verhindern, reduzieren Senioren mit Schluckstörungen häufig den Nahrungs- und den Flüssigkeitskonsum. Mangelernährung und Dehydratation sind die Folgen.
  • Die gefährlichste Komplikation ist jedoch die Aspirationspneumonie. Diese kann auftreten, wenn Fremdkörper (vor allem Nahrungsreste) in die Luftröhre gelangen. Diese Stoffe sind zumeist mit Keimen belastet, die sich dann im Lungenbereich ausbreiten. Erheblichen Schaden kann auch Magensäure verursachen, wenn diese aspiriert wird und auf die Schleimhäute der Atemwege gelangt.
Grundsätze:
  • Schluckstörungen sind ein weitverbreitetes Problem, das jeden unserer Bewohner betreffen kann. Angesichts der erheblichen Gefährdung durch eine Aspirationspneumonie ist es daher notwendig, selbst bei einem bloßen Verdacht entsprechende diagnostische Schritte einzuleiten.
  • Wir beachten, dass Schluckstörungen vielen Bewohnern peinlich sind. Daher ist immer damit zu rechnen, dass der Pflegebedürftige dieses Thema uns gegenüber nicht gerne ansprechen wird.
Ziele:
  • Wir erfassen bei jedem Bewohner die individuelle Gefährdung einer Schluckstörung.
  • Eine bestehende Schluckstörung wird schnell und korrekt erkannt. Das Ausmaß der Schluckstörung und deren Auswirkungen auf die Lebensqualität werden genau eingeschätzt.
  • Die Ursachen werden sicher eingegrenzt und nach Möglichkeit behoben.
Vorbereitung: Allgemeine Maßnahmen
Wir befragen den Bewohner im Rahmen des Erstgesprächs nach etwaigen Schluckproblemen. Darüber hinaus wird dieses Problem immer wieder auch bei den Pflegevisiten thematisiert. Wir stellen insbesondere folgende Fragen:
  • Leiden oder litten enge Familienangehörige an einer Schluckstörung?
  • Müssen Sie beim Essen und beim Trinken husten? Verschlucken Sie sich häufig?
  • Haben Sie Schwierigkeiten beim Kauen der Nahrung?
  • Fällt es Ihnen schwer, einen Bissen "in einem Rutsch" runterzuschlucken?
  • Bleiben oft Speisereste in der Wange zurück? Spüren Sie einen "Kloß im Hals"?
  • Sind die Hauptmahlzeiten für Sie anstrengend?
  • Haben Sie in der letzten Zeit eine Gewichtsabnahme bemerkt?
Risikoeinschätzung
Wir stellen bei jedem Bewohner die notwendigen Informationen zusammen, um die individuelle Gefährdung abzuschätzen. Folgende Faktoren erhöhen das Risiko:
  • Der Bewohner leidet an Störungen des zentralen Nervensystems, etwa an einem Schlaganfall, an Morbus Parkinson oder an Multipler Sklerose.
  • In der Vergangenheit hat der Bewohner eine Lyme-Borreliose oder andere infektiöse Entzündungen (Enzephalitis) des Nervensystems durchlitten.
  • Der Bewohner leidet unter Zahn- und Gebissproblemen. Die Zahnprothese sitzt offenbar nicht optimal.
  • Als Folge eines Schlaganfalls leidet der Bewohner unter einer Fazialisparese und unter einer Mundschlussstörung.
  • Der Bewohner leidet gehäuft unter entzündlichen Prozessen im Mundraum, etwa Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut) oder unter Pharyngitis (Entzündung der Rachenschleimhaut).
  • Es sind Verletzungszeichen in der Mund- und Wangenschleimhaut sowie auf der Zunge zu finden. Die Pflegekraft bemerkt dort Abszesse ("Eiterbeulen").
  • Der Bewohner leidet unter Exsikkose. Die Mundschleimhaut ist ausgetrocknet.
  • Der Bewohner wurde über längere Zeit beatmet.
  • Der Bewohner nimmt Medikamente ein, die Schluckstörungen fördern können, etwa Antidepressiva, Anti-Parkinsonmittel, Kortison oder bestimmte Blutfettsenker.
  • Der Bewohner leidet unter einer Vergrößerung der Schilddrüse (Struma).
  • Der Bewohner litt unter einer Tumorerkrankung, die operativ therapiert wurde. Ihm fehlt daher ein Stück der Zunge oder ein Stück des Kehlkopfdeckels. Die sog. "Schluckstraße" hat sich dadurch verändert.
  • Als Folge einer Krebserkrankung musste sich der Bewohner einer Strahlen- oder Chemotherapie unterziehen. In deren Folge ist die Mund- und Ösophagusschleimhaut geschädigt.
  • Der Bewohner leidet unter einer Achalasie. Der untere Ösophagussphinkter erschlafft also nicht ausreichend.
  • Im Bereich der Speiseröhre haben sich Divertikel (Ausstülpungen) entwickelt.
  • Der Bewohner leidet unter Stenosen im Bereich der Speiseröhre.
  • Der Bewohner hat im Mundbereich Verletzungen erlitten, die ggf. operativ behandelt wurden, danach aber nie vollständig abgeheilt sind. Dazu zählen etwa Frakturen des Kieferknochens oder der Zähne.
Durchführung: Symptome
Der Bewohner wird genau beobachtet. Insbesondere beim Anreichen des Essens müssen Pflegekräfte auf typische Symptome achten.
  • Der Bewohner hat beim Essen offensichtlich große Mühen. Er muss sich beim Schlucken sehr konzentrieren. Er kann die Nahrungsaufnahme nicht genießen. Die Mahlzeiten dauern insgesamt sehr lange.
  • Während des Essens ist die Atmung für den Bewohner offensichtlich anstrengend. Wenn er zudem husten muss, gerät er schnell in einen Zustand der Atemnot. Ggf. wird sogar eine Zyanose sichtbar, also eine Blaufärbung der Haut.
  • Die Gestik des Bewohners lässt auf derartige Probleme schließen. Der Bewohner greift sich an den Hals.
  • Der Bewohner kann die Lippen nicht schließen. Speichel und zerkaute Nahrung laufen aus dem Mund heraus. Der Schluckreflex wird nicht ausgelöst.
  • Es bilden sich Seen aus Speichel im Mundraum des Bewohners.
  • Beim Trinken kommt es zu einem Flüssigkeitsaustritt aus einem Nasenloch.
  • Der Schluckvorgang dauert ungewöhnlich lange. Es sind beim Schluckvorgang gurgelnde Geräusche wahrzunehmen. Beim Atmen hören wir brodelnde und rasselnde Geräusche.
  • Der Bewohner klagt über ein Fremdkörpergefühl im Hals. Er berichtet, dass er einen "Kloß im Hals" habe.
  • Während des Schluckens werden der Kehlkopf und das Zungenbein nur geringfügig angehoben.
  • In den Wangentaschen sind vermehrt Nahrungsrückstände zu finden. Auf der Zunge bleiben Nahrungsreste liegen. Der Bewohner muss häufig und intensiv nachschlucken.
  • Bei Bewohnern mit Tracheostoma bemerken wir einen Feuchtigkeitsaustritt aus dem Stoma. Ggf. kommt es zum Nahrungsaustritt aus dem Tracheostoma oder aus der Trachealkanüle.
  • Während und nach dem Schlucken muss der Bewohner husten oder sich räuspern. Ggf. muss der Bewohner niesen, wenn die Nahrung in den Nasen-Rachen-Raum vordringt.
  • Insbesondere direkt nach dem Essen kommt es zu einer Stimmverschlechterung. Die Sprache des Bewohners klingt gurgelnd, belegt, feucht, heiser oder rau.
  • Der Bewohner verliert innerhalb kurzer Zeit erheblich an Gewicht, ohne dass es dafür offensichtliche Gründe gibt.
  • Der Bewohner leidet immer wieder unter Bronchitis oder unter Lungenentzündung, ohne dass es dafür einen plausiblen Grund gibt. Das Immunsystem des Bewohners ist geschwächt.
  • Beim Eingeben des Essens zeigt der Bewohner Angstreaktionen. Es kommt immer häufiger zur Nahrungsverweigerung.
  • Der Bewohner weist halbfeste Speisen wie etwa Puddings oder Götterspeise zurück. Dieses ist ungewöhnlich, da der Bewohner bislang Süßspeisen gerne konsumierte.
  • Es kommt zum sozialen Rückzug. Der Bewohner äußert den Wunsch, seine Speisen allein in seinem Zimmer zu sich zu nehmen und nicht den großen Speiseraum aufzusuchen. (Hinweis: Der soziale Rückzug und die soziale Ausgrenzung sind häufig zu beobachten. Der Bewohner hat Angst, den Mitbewohnern den Appetit zu verderben, wenn ihm Nahrungsmittelreste aus den Mundwinkeln herauslaufen oder wenn er ständig hustet. Das soziale Leben findet in unserer Einrichtung auch am Esstisch statt. Nicht selten kommt es letztlich zu einer depressiven Erkrankung.)
Hinweise:
  • Ein besonderes Problem ist die sog. "stille Aspiration". Als Folge von Lähmungen oder von Se

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Schlüsselwörter für diese Seite Schluckstörung; Dysphagie
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