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Version 2.06a - 2015

Standard "Hautinspektion"

 
Mit zunehmendem Alter wird die Haut immer anfälliger für Infektionen und für andere krankhafte Veränderungen. Im Zweifel kann es also nicht schaden, wenn eine Pflegekraft mit Lupe und Taschenlampe einen kritischen Blick auf Hautdefekte wirft. Obendrein lässt sich so verhindern, dass Ihrem Team ein im Krankenhaus erworbener Dekubitus als eigener Pflegefehler untergejubelt wird.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Hautinspektion"
Definition:
  • Der Hautzustand erlaubt Rückschlüsse auf die Ernährungssituation, auf die Flüssigkeitsversorgung sowie auf den allgemeinen Gesundheitszustand. Außerdem erhalten wir Informationen über verschiedene Erkrankungen, Infektionen, allergische Reaktionen, Verletzungen sowie über eine übermäßige Sonnenlichtexposition.
  • Die Hautbeobachtung erfolgt einerseits unstrukturiert im Rahmen der allgemeinen grundpflegerischen Tätigkeiten. Die Pflegekraft achtet etwa beim Waschen, beim Anziehen oder beim Mobilisieren des Bewohners auf Veränderungen. Das Auffinden von Defekten ist dann also eher zufällig.
  • Außerdem kann es sinnvoll sein, ein strukturiertes Assessment zum Hautzustand durchzuführen. Dafür wird der Bewohner anlassbezogen vom "Kopf bis zu den Zehen" in Augenschein genommen.
Grundsätze:
  • Eine konsequente Beobachtung der Haut ermöglicht es uns, Pflegemaßnahmen fachgerecht zu planen und deren Wirkung korrekt zu erfassen.
  • Je früher eine Hauterkrankung erkannt wird, umso geringer ist der Pflegeaufwand, der für die Heilung geleistet werden muss.
  • Jede Hautveränderung hat eine Ursache. Daher versuchen wir stets, den Auslöser zu finden und dessen Gefährdungspotenzial einzuschätzen. Es ist aber nicht Aufgabe von Pflegekräften, medizinische Diagnosen zu stellen.
Ziele:
  • Veränderungen der Haut und insbesondere ein einsetzender Dekubitus werden rechtzeitig erkannt.
  • Ggf. werden zeitnah eine ärztliche Untersuchung und eine Therapie eingeleitet.
  • Die Wirksamkeit von Therapien und von Pflegemitteln wird beurteilt.
Vorbereitung: Material:
Wir stellen das notwendige Material bereit:
  • Einmalhandschuhe
  • (sofern notwendig) zusätzliche persönliche Schutzausrüstung
  • Badehandtuch oder eine Decke
  • steriles Einmallineal
  • Taschenlampe
  • ggf. Lupe
  • ggf. Digitalkamera oder Smartphone mit guter Kamera
Indikation:
Wir führen ein gründliches und strukturiertes Assessment unter folgenden Bedingungen durch:
  • Der Bewohner zieht neu in unsere Einrichtung ein. Wir prüfen dann, welche Hautschädigungen vorliegen und welche Pflegemaßnahmen sich daraus ergeben.
  • Der Bewohner kehrt aus einem Krankenhaus oder aus einer Kurklinik in unser Haus zurück. Jetzt ist es besonders wichtig, etwaige Druckgeschwüre zu erkennen und eine Behandlung einzuleiten. Wir schützen uns damit auch vor dem Vorwurf, dass der Dekubitus in unserer Einrichtung entstanden wäre.
  • Eine regelmäßige Hautinspektion ist notwendig, wenn mit einer erhöhten Anfälligkeit des Bewohners etwa für Druckgeschwüre oder für allergische Reaktionen zu rechnen ist. Andere Pflegebedürftige entwickeln gehäuft Hautinfektionen (Mykosen, Parasitenbefall, bakterielle Erkrankungen usw.) als Folge einer unzureichenden Körperhygiene.
  • Regelmäßige Hautinspektionen sind indiziert, wenn wir einen Anfangsverdacht haben, dass der Bewohner das Opfer von körperlicher Gewalt durch Dritte (etwa Angehörige) ist. Wir achten vor allem auf Blutergüsse und auf Schwellungen. Wir bedenken dabei, dass Einblutungen auch die Folge von Stürzen sein können, die der Bewohner verschweigt oder an die er sich aufgrund von demenziellen Einschränkungen nicht mehr erinnern kann.
Weitere Maßnahmen
  • Die Hautinspektionen sollten stets von der Bezugspflegekraft durchgeführt werden. Ggf. wird die Wundbeauftragte um ihre Einschätzung gebeten. Zudem ist es für eine präzise Verlaufseinschätzung wichtig, die Unterlagen der vorherigen Hautinspektionen einzusehen.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch. Falls ein erhöhtes Risiko einer Keimübertragung vorliegt, zieht sie zusätzliche Schutzkleidung an.
  • Die Pflegekraft sorgt dafür, dass die Intimsphäre des Bewohners während des Assessments gewahrt bleibt. Sie bittet insbesondere Besucher für die Dauer der Inspektion kurz vor die Tür. Dadurch werden vor allem bei demenziell erkrankten Senioren Ängste gemildert und die Kooperationsbereitschaft verbessert.
  • Der Bewohner wird über die Inspektion informiert. Die Pflegekraft beantwortet etwaige Fragen.
  • Wir befragen den Bewohner zu seinem Hautzustand. Ggf. hat dieser selbst Hautveränderungen bemerkt; oder es quält ihn ein Juckreiz an einer bestimmten Stelle. Wir erfragen auch, welche Pflegeprodukte und (freiverkäuflichen) Salben der Bewohner verwendet.
  • Der Bewohner wird soweit ausgekleidet, dass die zu inspizierenden Hautbereiche zugänglich sind. Mit einem Handtuch oder mit einer Decke stellt die Pflegekraft sicher, dass der Bewohner nicht unnötig entblößt wird. Außerdem verhindert ein Handtuch, dass der Bewohner auskühlt.
  • Wir sorgen für eine gute Beleuchtung durch Tageslicht oder durch tageslichtähnliches Licht. Wir verwenden daher klassische Glühlampen oder hochwertige LED-Beleuchtung. Leuchtstoffröhren oder Energiesparlampen könnten den optischen Eindruck verfälschen; insbesondere, wenn sie sich mit Tageslicht "vermischen".
Durchführung:
  • Zunächst wird der Bewohner in eine sitzende Position gebracht. Die Pflegekraft untersucht alle zugänglichen Hautregionen. Danach wird der Bewohner in eine stehende Position mobilisiert. Die Pflegekraft kann nun z. B. das Gesäß und die Oberschenkel in Augenschein nehmen.

  • Die Hautregionen von immobilen Senioren werden durch Umlagerungen im Bett zugänglich gemacht. Wir nutzen die Rückenlage und die 135°-Lagerungen nach rechts und nach links.
  • Die Haut wird anhand verschiedener Kriterien inspiziert:
    • Sind Venen am Körper gut sichtbar?
    • Sind Einblutungen oder Prellungen sichtbar?
    • Erkennt man Narben? Der Bewohner wird dazu befragt. Die Narben werden in geeigneter Form in der Übersichtsgrafik der Wunddokumentation erfasst.
    • Die Pflegekraft achtet auf Rötungen. Wenn sie sich nicht sicher ist, ob eine Rötung vorliegt, vergleicht sie die verdächtige Hautzone mit dem spiegelbildlich gegenüberliegenden Bereich der anderen Körperhälfte. 
    • Wir achten auf Läsionen der Haut. Es kann sich dabei um Kratzer, um Schnitte und um Insekten- oder Haustierbisse handeln.
    • Bei jeder Wunde erfassen wir die Größe des Defekts per Maßband, die Form, die Farbe, etwaiges Wundexsudat und den Wundgeruch.
    • Bei jedem Kontakt mit Hautläsionen sind Einmalhandschuhe zu tragen.
    • Wir beachten, dass Hautveränderungen im Bereich von Tätowierungen ggf. schwerer zu erkennen sind.
    • Auch bei Menschen afrikanischer Herkunft fallen Hautirritationen oftmals nicht sofort auf. Hautveränderungen sind hier ggf. nicht rötlich, sondern aschgrau (bei sonst schwarzer Haut) oder gelblich-braun (bei sonst brauner Haut).
    • Lokale Temperaturabweichungen lassen sich leicht erkennen, wenn die Pflegekraft den Handrücken auflegt. Der Handrücken ist für Temperaturunterschiede besonders empfindlich. Eine erhöhte Körpertemperatur ist ein Anzeichen für eine Infektion. Eine erniedrigte Temperatur kann auf eine Minderdurchblutung hindeuten.
    • Durch das Befühlen der Haut und der Hautstruktur kann die Hautfeuchtigkeit eingeschätzt werden. Eine dehydrierte Haut ist trocken, schlaff und runzelig.
    • Die Pflegekraft schätzt den Spannungszustand der Haut ("Hautturgor") ein. Sie kann dafür die Haut über dem Schlüsselbein etwas zusammenkneifen und abwarten, wie schnell die Haut in die Ursprungsposition zurückkehrt. Eine verminderte Elastizität ist ein Hinweis auf eine Dehydratation.
    • Durch Betasten sucht die Pflegekraft nach Ödemen. Eine solche Flüssigkeitsansammlung führt zu lokalen Schwellungen sowie zu glänzender und gespannter Haut. Ödeme sind ein Anzeichen für Überwässerung, Herzinsuffizienz oder Nierenfunktionseinschränkungen. Wir messen den Umfang der ödematösen Extremität. Der ermittelte Wert wird verglichen mit dem Umfang der nicht geschwollenen Extremität.
    • Die Pflegekraft achtet auch auf den Zustand der Fingernägel, Fußnägel und der Haare.
    • Ggf. kann es sinnvoll sein, Hautveränderungen zu fotografieren. Es ist dann leichter, über einen Zeitraum von Wochen oder Monaten Veränderungen objektiv zu erfassen. Zur Verdeutlichung der Größenverhältnisse kann ein Lineal neben der auffälligen Hautstelle aufgelegt werden.
Nachbereitung:
  • Der Bewohner wird wieder bekleidet und gelagert.
  • Die Pflegekraft entsorgt die Handschuhe und die Schutzkleidung. Sie führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Alle Beobachtungen der Haut werden sorgfältig dokumentiert. Wenn relevante Veränderungen bemerkt werden oder falls bereits ein Dekubitus vorliegt, wird umgehend der Hausarzt gerufen.
  • Sofern die Hautveränderungen die Folge von unzureichender oder unzulänglicher Hautpflege sind, raten wir dem Bewohner zu einem veränderten Verhalten. Beispiel: Die Haut des Bewohners ist trocken, weil dieser bei der Körperpflege zu intensiv Seife verwendet.
Dokumente:
  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Prophylaxe; Haut; Dekubitus; Dekubitusprophylaxe; Hautbeobachtung; Körperpflege; Hautturgor
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